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Eigentlich assoziiert man das Badezimmer ja mit nackten Tatsachen. In der Wiener Ausstellung „Modedesign und Badkultur“ geht es indes um das Anziehen: Vier Modestatements junger Avantgardedesigner rund ums Duschen, Planschen und Einseifen. Von Antje Mayer.

Mode als Seifenoper

Der noble Armaturenhersteller Dornbracht, der sich seit Jahren für Kunst und Design engagiert, hat für diese extravagante Schau (bis zum 7.April in den gerade neu eröffneten Räumen der Wiener Modeplattform "Unit F"), die zuvor im Pariser Kultkaufhaus Colette zu sehen war, die Besten unter den jungen Modedesignern zusammengetrommelt. Namen, die man sich merken werden muss: Veronique Branquinho und Raf Simons, beides Belgier, der exzentrischen Amerikaner Jeremy Scott und der deutsche Nachwuchsstar Bernhard Willhelm sollten, so die Idee, modische Statements zum Thema Nasszelle abgeben.

Baderomantik

Süßliche Homoerotik verbreitet der in Paris lebende Amerikaner und perfekte Selbstinszenierer Jeremy Scott (Jahrgang 1973). Der bat seinen besten Freund Karl Lagerfeld, eine Hand wäscht die andere, einem nackten Jüngling fotografisch an die Wäsche zu gehen. Dem Adonis hängte er eine Zedernseife um den Hals, die sich der unter die Achsel reibt. Das beste Teil des Adonis ist derweil keusch mit einem Handtuch bedeckt. Auf das "Frottee-Feigenblatt" ist "Jeremy Scott" in Gold gestickt. Die Achtziger lassen grüßen.

Die junge belgische Modehoffnung Veronique Branquinho (Jahrgang 1973), deren jüngste Herbst/Winterkollektion die Veranstalter wegen ihrer romantischen Schmucklosigkeit als „schlichtweg phänomenal“ bezeichneten, zeigt keine Mode, sondern nur zwei Foto-Triptychen. Darauf zu sehen: jeweils ein junges Mädchen mit schneeweißer Haut im milchigen Wassernebel. Das Ganze erinnert ein wenig an die bekannte Parfumwerbung von Calvin Klein mit den zwei schwimmenden Albinos, etwas blutlos eben.

Hart und herzlich

Mehr etwas für die Hardcore-Fraktion ist die Installation des Belgiers Raf Simons (Jahrgang 1968), der zur Zeit als Gastprofessor an der Wiener Universität für Angewandte Kunst Modedesign lehrt. Aus einer Anlage dröhnt zu Duschgeräuschen die Musik von „Motörhead“ und „The Sister of Mercy“. Daneben hängen an der Wand Spiegel mit Tätowierungen. Am Boden liegt ein Hardrocker-Handtuch, das jedem Freak das Herz höher schlagen lässt. Auf dem schwarzen Frotteeteil a la „Born to be wild“ prangen nämlich Nieten-, Totenkopf- und Adlerapplikationen. Cooler kann man sich nicht abtrocknen.

Der ehemalige Assistent des britischen Modestars Alexander McQueen, Bernhard Willhelm (Jahrgang 1972), den die deutsche Presse erst jüngst als den neuen Karl Lagerfeld feierte, mag es indes nicht ganz so rauh. Für ihn beginnt der perfekte Morgen, wie er zugibt, sowieso erst um zwei Uhr nachmittags. Wenn andere beim Mittagslunch sitzen, schleppt sich der junge Ulmer ins Bad. Für ein sanftes Erwachen hat sich der Morgenmuffel die perfekte Dusche kreiert: Willhelm häkelte Armaturen, Seife, Abflusssieb und den Seifenspender einfach mit flauschiger Wolle ein. „Mode für das Badezimmer“ wörtlich genommen.

Kurzum: Kräftig kreativen (Bade-) Schaum haben die jungen Avantgardisten geschlagen. Mode im klassischen Sinne ist nicht zu sehen. "Sie wollten eher nur eine Stimmung vermitteln, in der Mode entstehen kann", so der Chef der Wiener Modeplattform "Unit F" Andreas Bergbaur. "Die Kollektionen muss man sich dazudenken". Sie zu sehen, wäre hingegen nicht schlecht gewesen.








"Mode und Badkultur" ist noch bis 7. April 2001 zu sehen.

Unit F büro für mode
Gumpendorferstraße 10-12
A-1060 Wien
Tel +43 - 1- 219 84 99 - 0
Fax +43 - 1- 219 84 99 - 50
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10 - 18 Uhr

Zu der Ausstellung ist der Katalog "Statement V" erschienen. Zu kaufen um 48.- DM (350.- öS) bei Unit F oder zu bestellen unter: siehe link

erschienen auf www.vogue.de und www.glamour.de
> Unit-F/ Büro für Mode > Vogue/ Modezeitschrift- > Glamour/Modezeitschrift-