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Kino ist doch das Schönste! Cola, Popcorn und Visionen! Vor allem kann man sich den Film im Gegensatz zum Fernsehen selber aussuchen (ist viel wert!) und man kommt raus! Abgesehen davon fadisiert das tägliche TV-Programm sowieso unermesslich und da unser Schwerpunkt Osteuropa ist, hier eine kleine Auswahl mit Filmen um, aus und über den Osten: Von Lisa Mayer.

Viennale: Film Auswahl_Ost

SOY CUBA
ICH BIN KUBA

20.10.2003 23:00 Gartenbau Kino

Nur wenige Filme verschmelzen in Intensität und Ausgelassenheit mit ihrer Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte sosehr wie Soy Cuba. Dieses sowjetisch-kubanische Artefakt ist schlicht eine optische Berauschung und eine Geschichte des Scheiterns. 1962 bis 1964 von einem prominenten russisch-kubanischen Team wie im Delirium geschrieben, gedreht und montiert, stieß der Film bei seinem Kinostart Mitte der 60er Jahre auf Ablehnung beim kubanischen Publikum und auch in Russland machte sich Befremdung über so viel pathetische Vehemenz breit. War das Kitsch? Gar Ironie?

Mit seinen aufnahmetechnischen Avantgardismen und seiner innovativen Filmsprache hätte Soy Cuba eine kubanische Antwort auf Eisensteins Potemkin oder Godards Au bout de souffle sein können. Doch seine eigentliche Erfolgsgeschichte begann erst zu Beginn der 90er Jahre, als der oftmalige Gast des Festivals des Neuen Lateinamerikanischen Films in Havanna, Francis Ford Coppola, und der leidenschaftliche Sammler von filmhistorischen Schätzen, Martin Scorsese, Soy Cuba für das internationale Kino neu entdeckten.
Mikhail Kalatozov nahm in Soy Cuba Eisensteins hypnotische und verstörende Annäherung an das Tropische von Qué viva México! mit überhöhter Intensität wieder auf. Die Zusammenarbeit zwischen Russen und Kubanern, künstlerischen Rebellen und politischen Ideologen, Wodka und Rum scheint auf eigendynamische Weise maßgeblicher für die vier erzählten Episoden, für ihre filmische Umsetzung und die hemmungslose Gefühlsdominanz des Films gewesen zu sein, als jegliche Absicht, politische Parabeln über Unterdrückung und Klassenkampf als reduzierte ideologisch
(Ab-)Rechnung darzustellen. Soy Cuba provoziert Staunen und sinnliche Lust, erzählt von Rache und Niederlagen, von Sehnsüchten und sexueller Anziehung: «The first, and perhaps the only, work of Communist decadence.» (David Denby). Am meisten beeindruckt aber die lyrische Kraft der entfesselte Kamera, denn, wie Jamie Russel bemerkt: «The films politics arent as half as radical as its artistry.» (Verena Teissl)

MIKHAIL KALATOZOV
Geboren 1903 in Tiflis. Beginnt 1925 als Schauspieler zu arbeiten, danach als Kameramann und Cutter. Dreht 1927 seinen ersten Kurzfilm. Mit Salt of Svanetia (1930). Arbeitet bis zum Zweiten Weltkrieg unter restriktiven Bestimmungen. Internationale Aufmerksamkeit erringt er schließlich mit Wenn die Kraniche ziehen (1957), der in Cannes die Goldene Palme gewinnt. Mikhail Kalatozov stirbt 1973.

KENEDI SE VRACA KUCI
KENEDI GOES BACK HOME

20.10.2003 21:00 Metro Kino
21.10.2003 13:30 Urania

ZELIMIR ZILNIKSERBIEN UND MONTENEGRO 2003
Geboren 1942. Ende der 60er Jahre dreht er seine ersten Filme, erhält jedoch Arbeitsverbot. Er verlässt Jugoslawien und emigriert nach Deutschland. Mit seinen kritischen und politisch engagierten Arbeiten stößt er aber auch dort auf Widerstand und wird des Landes verwiesen. Zurück in Jugoslawien, bleibt er weiterhin mit Themen wie Emigration, Exil oder Fremdsein, die zentrale Sujets in seinen Arbeiten waren, stets einer politischen Realität verpflichtet. Filme (Auswahl): Early Works (1969), Öffentliche Hinrichtung (1975), Unter Denkmalschutz (1975), Paradise (1976), Farewell (1976), The Way Steel Was Tempered (1988), Tito Among the Serbs for the Second Time (1993), The Fortress Europe (2001).

ZELIMIR ZILNIK
Was die Sache noch dramatischer macht, ist, dass ein Großteil der Kinder, die in einigen der westeuropäischen Länder geboren wurden, die andere Sprache besser beherrscht als ihre Muttersprache. Sie sind längst in dieser anderen Kultur und Sprache groß geworden und kämpfen jetzt in einem Land, das nicht mehr das ihre ist, ums Überleben.Nachdem diese Menschen alles, was sie besaßen, verkauften, bevor sie ihr Land verließen, stehen sie nun einer Situation gegenüber, die ein normales Leben heute praktisch unmöglich macht. Zilniks Film ist ein aufmerksames, rares Dokument einer alltäglichen Situation in Europa, die in der Berichterstattung nur am Rande existiert.

MALEN'KIE LJUDI
KLEINE LEUTE

25.10.2003 16:00 Urania

Die beiden Freunde Beck und Max teilen sich eine winzige Wohnung am Stadtrand von Almaty im Südosten Kasachstans und sichern sich ihr tägliches Einkommen dadurch, dass sie beim Schwarzhandel auf der Straße ihre Kunden hintergehen. Sie sind Verlierer, die jeden Tag danach trachten müssen, über die Runden zu kommen. Zwar kommen sie durch ihre «Arbeit» an genug Geld, um nicht zu verhungern, zum Davonfahren reicht es noch lange nicht. Vor allem Max träumt aber davon, Almaty zu verlassen und nach Deutschland zu seiner Großmutter zu kommen. Beck hingeen möchte endlich die große Liebe finden bis er sich eines Tages tatsächlich in eine schöne, junge Frau verliebt, die, ganz in Rot gekleidet, des Weges kommt. Und während er nur mehr von der schönen Unbekannten träumt, hat Max mittlerweile das Geld für die Reise zusammengetragen.

Malenkie ljudi zeigt sich als feinsinnige, kleine Komödie über so genannte kleine Leute. Über deren Alltagssorgen, Wünsche, Träume und Hoffnungen sei es mehr Geld, die große Liebe oder das Glück, das immer nur die anderen haben, während man selbst leer ausgeht. Mit Liebe zum Detail, die in jeder Einstellung spürbar wird, aber auch mit augenzwinkerndem Humor zeichnet Turebayev gleichzeitig ein Porträt seiner Heimatstadt und ihrer Bewohner.

Im Allgemeinen versuchen wir, ein friedliches Leben zu führen, keine Aufmerksamkeit zu erregen, unseren Alltag nicht durch übersinnliche Fragen oder Ängste stören zu lassen. Wir erschrecken jedes Mal, wenn jemand (manchmal wir selbst) mit einem «Warum?» auftaucht. Aber dieses Gefühl von Leere dauert nicht an; wir vergessen es gleich. Wie Kinder können wir es nicht in unserer Erinnerung behalten. Wir begehen Fehler, aber wir schaffen es, naiv und unschuldig zu bleiben, was auch geschieht. Vielleicht ist dies unsere Rettung. (Nariman Turebayev)

NARIMAN TUREBAYEV
Geboren 1970 in Kasachstan. Dreht seine ersten Filme am Moscow Institute of Steel and Alloys und an der Kunstakademie in Kasachstan. Arbeitet als Assistent von Ardak Amirkulow bei 1977, für den er auch das Drehbuch schrieb. 2000 entsteht sein Kurzfilm Romantika, dem 2001 sein Gegenstück Antiromantika folgt. Malenkie ljudi ist sein erster Langspielfilm.

NÓZ W WODZIE
MESSER IM WASSER

22.10.2003 16:00 Urania
29.10.2003 23:30 Metro Kino

André, 36 Jahre alt, und seine Frau Christine, ein reiches Ehepaar aus Warschau, fahren an die Masurischen Seen, wo sie das Wochenende auf ihrer Jacht verbringen wollen. Unterwegs nehmen sie einen jungen Studenten mit. Am Ziel ihrer Fahrt angekommen, laden sie ihn ein, das Wochenende bei ihnen auf der Jacht zu bleiben. Die Begegnung ist von Anfang an von einer Spannung zwischen den Männern erfüllt, bis es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung kommt, bei der der Student über Bord fällt und untergeht. André geht an Land, um die Polizei von dem Unfall zu verständigen.

Eine banale Situation? Gewiss. Polanski hat sie jedoch nicht dazu benutzt, um einen Einzelfall psychologisch auszudeuten. Er zielt ins Allgemeine: Er zeichnet mit dem Dreieck die Situation einer Nachkriegsgesellschaft, die sich Brechts Wort zum Leitsatz wählte: «Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm.» Dass sichs darin verzweifelt unangenehm lebt, wenn der Materialismus alles ist, zeigt der skeptische Polanski auf.

Polanski hat seinen Film mit bescheidenen Mitteln gedreht. Es gibt nur drei Rollen darin, keine Figuren am Rande. An Aufregendem geschieht im Grunde nichts. Aus kühler Distanz wird berichtet. Und doch: Der Film gewinnt Macht über den Betrachter; er schlägt in Bann. Er lässt den Konflikt der beiden Männer, der im Grunde doch ein geistiger ist, fast körperlich fühlbar werden. Gut wurden die Darsteller für ihre Rollen gewählt, gut sind sie darin. Nóz w wodzie darf, trotz der Gesellschafts- und Menschenkritik, nicht als ein Film mit «philosophischer Attitüde» betrachtet werden. Das Faszinierende am erstaunlichen Erstling des jungen Polen ist die Direktheit, mit der er anspricht. Da gewinnt Abstraktes Körpernähe. (Hans Rudolf Haller)

ROMAN POLANSKI
Geboren 1933 als Sohn polnischer Eltern in Paris. Studium an der Kunsthochschule in Krakau und an der Filmschule in Lódz´. Ab Mitte der 60er Jahre arbeitet er auch in Hollywood und später als Opern-, Musical- und Theaterregisseur. Für The Pianist (2002) erhält er den Oscar als bester Regisseur. Weitere Filme (Auswahl): Repulsion (1965, VIENNALE 97), Dance of the Vampires (1967), Rosemarys Baby (1968), Chinatown (1974, VIENNALE 95). Roman Polanski lebt in Paris.

POSLEDNII SROK
THE LAST TERM

25.10.2003 21:00 Metro Kino

Ein Zug hält im Bahnhof einer Provinzstadt. Boris Jegorow schreitet durch die Abteile und verrät uns seine Tricks als Taschendieb. Später erfahren wir, dass er über 40 Jahre seines Lebens im Gefängnis verbrachte. Wir lernen ihn in einem Heim für ehemalige Straffällige in Novosibirsk kennen. Diese Art Kolonie ist für Russland selten und in diesem Fall eine wahre Fundgrube.

Vladimir Eisner platziert seine Kamera mit viel Gefühl. So entstand eine außergewöhnliche Porträtsammlung in Schwarzweiß. Poslednii srok ist voller Poesie und Witz, wobei die Parabel über eine bittere und erniedrigte Gesellschaft hinausgeht: eine bestechende Reflexion über die Irrungen des Schicksals und die Ungerechtigkeiten auf Erden. (Sophie Guyot)

VLADIMIR EISNER
Geboren 1955. Studiert an der Moskauer Filmhochschule WGIK. Filme (Auswahl): Look and Find (1986), Once There Were Seven Simeons (Co-Regie, 1989, VIENNALE 92), The Fourth Dimension (1999, VIENNALE 2000). Poslednij srok wird 2003 beim Internationalen Dokumentarfilmfestival in Nyon mit dem Großen Preis ausgezeichnet.

TISHE!
HUSH!

26.10.2003 18:00 Stadtkino
27.10.2003 23:00 Stadtkino

Was den meisten Menschen den letzten Nerv raubt, dient in Victor Kossakovskys Tishe! als Ausgangspunkt einer interessierten Beobachtung: Aus dem Fenster seiner Wohnung in St. Petersburg verfolgt der russische Filmemacher mit, wie eine Gruppe Bauarbeiter ein Quadrat aus der Straße herausschneidet, um es anschließend neu zu asphaltieren. Den Verlauf des Renovierungsprozesses beschleunigt er dabei nicht nur mit den Mitteln der Montage, sondern auch im Bild über Zeitraffer, was dem Geschehen eine absurd-komische Rhythmik beschert, die ein wenig an frühe Slapstickfilme erinnert.

Tishe! was so viel wie «Still!» bedeutet ist ein Film der flüchtig erhaschten Augenblicke. Im Mittelpunkt steht ein Ausschnitt der Straße als Ausschnitt der Stadt. Kossakovsky zoomt meist mit seiner Videokamera aus dem Schauplatz heraus, kommt vom Kleinen zum Größeren, der Radius für Schwenks ist auch nicht allzu groß. Umso mehr erstaunt, was in diesem an sich unscheinbaren Eck so alles los ist: Nicht nur wiederholt sich das Szenario der Umbauarbeiten mehrmals (aber die Straße verändert sich dabei nicht wesentlich) und tauchen regelmäßig Putzkolonnen auf (aber die Straße wird dabei nicht wesentlich sauberer). Darüber hinaus spürt Kossakovsky auch immer wieder dramatische Miniaturen auf, entdeckt so im ganz Alltäglichen eine lakonische Poesie: Ein Mann wartet mit Blumen auf eine Frau, ein Paar tanzt (betrunken?) im Regen, einmal rückt gar eine Polizeiaktion ins Bild und drängt damit kurz den Vergleich mit einer Überwachungskamera auf.
Worte sind in Tishe! hingegen kaum zu hören. Neben der Wahl einer statischen Szenerie bleibt Kossakovsky auch hier in einem gewissen filmischen Primitivismus verhaftet: Allein Musik unterlegt er dem Geschehen, das selbst eher musikalisch arrangiert ist. In der Nacht glitzernder Asphalt, eine Anordnung von Auspuffrohren, Pollen, die der Wind vorantreibt oder vom Dach stürzender Schnee sind die Elemente dieser kleinen Symphonie von Eindrücken, deren Wert in ihrem völlig ephemeren Dasein liegt. (Dominik Kamalzadeh)

VICTOR KOSSAKOVSKY
Geboren 1961 in Leningrad. Regiestudium an der WGIK in Moskau. Mit Bélovy (1993) wird er international bekannt. Weitere Filme: Losev (KF, 1990), Na dnjach (KF, 1991), Wednesday (1997, VIENNALE 97), Pavel and Lyalya A Jerusalem Romance (KF, 1998), I Loved You Three Romances (2000, VIENNALE 01).

JYLAMA
DON'T CRY

27.10.2003 16:00 Metro Kino
29.10.2003 16:00 Urania

In dem entlegenen Dorf Sat-Jol, am Gebirgspass zwischen Kasachstan und China, leben eine Großmutter, ihre Enkelin Bibinur und Maira, eine entfernte Verwandte aus China. Letztere ist eine Opernsängerin, der von ihrem Arzt verschrieben wurde, ein Jahr Gesangspause zu machen. Andernfalls riskiert sie, ihre Stimme für immer zu verlieren. Nachdem sie weder Arbeit noch Stimme hat, ist sie gezwungen, Wasser für die Großmutter zu holen und Lehrerin für Bibinur zu spielen, die anhand von Korn zählen lernt. Als sich, was wie ein harmloser Husten klingt, als schwere Lungenkrankheit herausstellt, verkauft Maira ihre Konzertgarderobe und spendet Blut, um Geld für Medikamente zu bekommen. Durch einen tragischen Irrtum erhält sie die falsche und Maira bleibt keine andere Wahl, als ihr einziges Talent ihre goldene Stimme aufs Spiel zu setzen.

Jylama ist Karakulovs erster Film seit The Last Holiday aus dem Jahr 1997. Die charakteristischen Elemente des kasachischen Kinos tauchen auch hier wieder auf: Laiendarsteller und ein simpler Handlungsstrang mit poetischen Bildern und wenig Dialog. Das primitive, harte Leben wird mit einer Handkamera festgehalten und wirkt fast wie eine Dokumentation. Jylama hat einen mutigen experimentellen Ansatz. Was den Film so faszinierend macht, ist diese elementare Lage, die es Karakulov und seinen Laiendarstellern erlaubt, Details des alltäglichen Lebens zu beleuchten: Realität und Fiktion verschmelzen, und das Publikum erfährt ein verstärktes Bewusstsein über simple Aktivitäten wie das Kochen einer Mahlzeit, einem Kind das Zählen in Chinesisch und Englisch beizubringen, Doktorvisiten oder Marktbesuche. Jylama, von Regisseur und Darstellern völlig improvisiert, ist ein Film, der Digitaltechnik auf wahrlich beeindruckende Weise einsetzt.

AMIR KARAKULOV
Geboren 1966 in Almaty. Beginnt ein Publizistikstudium an der staatlichen Universität Kasachstans. Regiestudium an der Kunst- und Theaterschule in Almaty. Mit seinem Spielfilmdebüt A Woman Between Two Brothers (1991) gewinnt er den FIPRESCI-Preis beim Filmfestival in Moskau. 1993 entsteht The Doves Bell Ringer. Mit The Last Holiday wird er 1997 in Rotterdam mit einem Tiger Award ausgezeichnet.

DONAU, DUNA, DUNAJ, DUNAV, DUNAREA

27.10.2003 20:30 Gartenbau Kino
30.10.2003 16:00 Metro Kino

Ein Roadmovie auf dem Wasser, ein «Shipmovie», das dem mächtigsten Strom Europas folgt. Regisseur Goran Rebic erzählt von der letzten Reise der Donau, einem alten rostigen Schiff, und seinem mürrischen Kapitän Franz. Als ein junger Mann in Wien an Bord kommt und einen Sarg mit auf das Schiff bringt, zwingt ihn der letzte Wille einer Toten, den Kurs von Wien ans Schwarze Meer zu nehmen. Mit Franz reisen eine Hand voll Menschen, ein Waisenkind, ein Deserteur, ein Transsylvanier, eine Drogensüchtige und andere Entwurzelte zweitausend Kilometer flussabwärts in den Osten, wo sie an den fernen Ufern der Donau unerwartet eine Heimat finden.

Auf einer symbolischen Landkarte aus dem Jahr 1592 wird die Donau als die Lebensader Europas dargestellt. Von ihrem Ursprung im Schwarzwald bis zu ihrer Mündung ins Schwarze Meer durchquert sie die Hälfte des europäischen Kontinents. 2888 Kilometer durch Deutschland, Österreich, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Moldawien und die Ukraine. Im heutigen Europa bleibt die Donau ein Grenzfluss. Sie verbindet zwar die reiche, westliche Union mit dem armen Balkanraum, trennt aber gleichzeitig zwei völlig gegensätzliche Welten voneinander.

Mir war es wichtig, eine Geschichte zu finden, die aus vielen Geschichten besteht, die alle zum Fluss gehören und ständig in Bewegung bleiben. So habe ich mich an die eigentliche Hauptfigur des Filmes gehalten, an die Donau und ihren Rhythmus. Die Donau ist ein besonderer Fluss: ein absolut mythischer Ort. Ich wollte ganz explizit etwas erzählen, das in einen anderen Bereich geht, wo man sich mit der Donau treiben lassen muss, um ein Stück des fremden Bruders Osten kennen zu lernen: einen Osten, vor dem man keine Angst haben muss, ein weites, lichtes Land, in dem es nicht nur soziale Tristesse und Deformierungen gibt, abseits von Migration, Schmuggel, Prostitution und Drogenhandel und allem anderen Bösen, das immer aus dem Osten kommt. (Goran Rebic)

GORAN REBIC
Geboren 1968 in Vrsac, Jugoslawien. Lebt und arbeitet als Regisseur und Drehbuchautor in Wien. Filme (Auswahl): Domovina (KF, 1990), Am Rande der Welt (1992),
Jugofilm (1997), The Punishment (2000).

EDI
EDDIE

27.10.2003 15:30 Gartenbau Kino
29.10.2003 21:00 Metro Kino

Edi arbeitet als Schrottsammler. In einer Bar lernt er eines Tages zwei Alkohollieferanten kennen, die ihm einen wie es scheint hervorragenden Job anbieten: Er soll der Privatlehrer ihrer 17-jährigen Schwester «Prinzessin» werden, die seit dem Tod der Eltern unter der Obhut der Brüder steht. Um sie jedoch vor den Blicken der Männer zu schützen, wurde sie zu Hause eingeschlossen.

Edis unattraktives Äußere soll das Mädchen daran hindern, Sympathie für ihn zu entwickeln. Doch eines Tages lässt Edi aus Mitleid den Schlüssel zu ihrem Zimmer bei ihr. Drei Monate später erfahren die Brüder, dass ihre «Prinzessin» ein Kind erwartet. Aus Angst um ihren Geliebten behauptet die junge Frau, Edi habe sie vergewaltigt.

Eines Tages stand ich auf dem Balkon der Wohnung meines Drehbuchautors und Freundes Wojciech Lepianka. Von dort aus wurden wir Zeugen folgender Szene: Ein vollkommen betrunkener Mann schob einen Karren, von dem ständig Rohre herunterpurzelten, die er wieder aufhob und zurücklegte. Das wiederholte sich mehrere Male, bis der Mann zusammenbrach und einschlief. Irgendwie erinnerte mich das an die Kreuzwegstationen, und ich überlegte, dass dieser Mann vielleicht sehr gütig ist. Ich wollte einen Film über ihn machen, wusste aber, dass er nicht realistisch oder quasi-dokumentarisch sein durfte. Dann las ich eine Geschichte in dem Buch «Zen of Flesh and Blood». Sie handelte von einem schönen Mädchen, das seinen Zenmeister beschuldigt, der Vater ihres Kindes zu sein und der Meister bestreitet dies nicht. Diese Geschichte hatte mir gefehlt. So kam Edi zustande. (Piotr Trzaskalski)

PIOTR TRZASKALSKI
Geboren 1964 in Lódz´. 1989 beendet er sein Studium an der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität Lódz, um anschließend an der dortigen Filmhochschule Filmregie zu studieren. Dank eines Stipendiums kann er anschließend an der Northern School of Film and Television der Leeds Metropolitan University in England weiterstudieren und realisiert den Spielfilm Someone. Seit 1992 arbeitet er als Autor für das polnische Fernsehen, dreht Videoclips, Dokumentationen, Fernseh- und Werbefilme. Filme (Auswahl): The Heart of the Bell (1997), Further than Vacations (1999), Christmas Carol (2000). Edi ist sein erster Langspielfilm.

DER SCHWEIGENDE STERN

29.10.2003 23:30 Urania

Ein Raumschiff mit internationaler Besatzung, bestehend aus sieben Männern und einer japanischen Ärztin, unternimmt im Jahr 1970 eine Expedition zur Venus. Erst jetzt hatte man nämlich herausgefunden, dass eine 1908 in der Wüste Gobi aufgefundene kosmische Spule von diesem Planeten stammt. Auf dem Weg zur Venus gelingt es schließlich, den Inhalt der Spule zu entschlüsseln: Die Bewohner der Venus hatten 1908 einen Angriff auf die Erde geplant. Obwohl es nicht dazu kam, steht die Expedition bei der Landung vor einem Rätsel. Sie entdecken keine Lebewesen, dafür technische Anlagen, die im Selbstlauf funktionieren: eine gigantische Vernichtungsmaschinerie, die außer Kontrolle geraten sein und sich gegen die Bewohner der Venus gerichtet haben muss. Doch die Gefahr für die Expeditionsmitglieder ist noch nicht gebannt.

Am 26. Februar 1960 feierte der erste Science-Fiction-Film der DEFA, Der schweigende Stern, im Berliner Filmtheater Colosseum Premiere. Der Film hatte den Roman «Die Astronauten» von Stanislaw Lem zur Vorlage. Wie der Roman, so erzählt auch Der schweigende Stern eine Overkill-Geschichte, die Selbstvernichtung einer außerirdischen Zivilisation auf der Venus durch eine nukleare Katastrophe. Das Thema war sozusagen aus dem Leben gegriffen: Weltweit herrschte Angst vor einem Atomkrieg. In der Realität steuerte der Kalte Krieg zwischen Ost und West auf einen neuen Konflikthöhepunkt zu; die beiden Supermächte befanden sich auf atomarem Kollisionskurs. Mit Der schweigende Stern gelang eine realistische technische Utopie. Maetzigs Film beeindruckte das Publikum mit vielfältigen technischen Finessen, verblüffenden Farbeffekten und außergewöhnlich «unirdischen» Konstruktionen. (Burghard Ciesla)

KURT MAETZIG

Geboren 1911 in Berlin. Studium der Chemie und Betriebswirtschaftslehre in München. Promoviert über «Das Rechnungswesen einer Film-Kopieranstalt». 1934 untersagt ihm die Reichsfilmkammer wegen der jüdischen Abstammung seiner Mutter jegliche Arbeit beim Film, 1944 Eintritt in die illegale KPD. Arbeitet ab 1946 als Autor und Regisseur für die DDR-Wochenschau Der Augenzeuge und als Regisseur von DEFA-Spielfilmen. 1954 Gründungsrektor der Deutschen Hochschule für Filmkunst Potsdam-Babelsberg, die er bis 1964 leitet. Filme (Auswahl): Ehe im Schatten (1947), Die Buntkarierten (1949), Das Lied der Matrosen (1958), Septemberliebe (1960), Der Traum des Hauptmann Loy (1961), Januskopf (1972).