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Als die Wiener Aktionisten und die Wiener Gruppe in den Sechzigern so richtig Furore machten, war der Österreicher Gerhard Jaschke (Jahrgang 1949) noch ein junger Bursche. Bewundert hatte er die Wilden aber schon früh. Von Antje Mayer.

Gerhard Jaschke

Wiener Post-Post-Fluxus

„Weil ich mir die Bücher nicht leisten konnte, schrieb ich die Texte von Gerhard Rühm und Friedrich Achleitner mit der Hand ab und behängte meine Zimmerwände mit den Zetteln“, erzählt Jaschke.
Das war der Beginn einer großen Sammlerleidenschaft für alles Geschriebene, Gedrucktes und Fluxuriöses eines Mannes, der in der österreichischen Szene bald selbst so mit Fluxus assoziiert wurde, wie seine Vorbilder.
Heute könnte er, wie er sagt, mit seinem Archiv ganze Fluxus-Einzelausstellungen bestreiten: Eine Menge Hermann Nitschs, Gerhard Rühms, Heinz Gappmayrs oder Gottfried Wiegands stapeln sich in seiner Wohnung. „Mich haben immer Grenzgänger interessiert, Künstler, die so arbeiten wie ich.“

Eigentlich macht Gerhard Jaschke nämlich selbst Kunst, Zeichnungen, Collagen und Scherenschnitte. “Damit habe ich in jungen Jahren angefangen“, erklärt er. Hauptsächlich schreibt der Vielseitige aber Gedichte und hie und da auch mal Hörspiele für den ORF. Bei dem Film „Narrohut“ des österreichischen Fluxus- und Performance-Künstlers Tone Fink, hat Jaschke auch mitgearbeitet. Dann gibt er seit 1975, die von ihm und Hermann Schürrer gegründete Literaturzeitschrift „Freibord“ heraus und zahlreiche Kunst- und Literaturbücher in seinem gleichnamigen Verlag. Und was hat das alles mit Fluxus zu tun? „Wie der Begriff schon sagt“, so Jaschke. „Alles fließt. Dieser Prozess endet nie. Wenn man so will, ist das, was ich mache, eine Art Post-Post-Fluxus.“

Geld verdient sich Jaschke als freier Mitarbeiter beim ORF und mit einem Lehrauftrag für experimentelle Literatur an der Wiener Akademie der bildenden Künste, mit Lesungen und Vorträgen und eher nicht soviel mit seinen feinen Kunst-Editionen. Zu den bekanntesten und besten gehört etwa das, fast tausend Seiten starke „Hermann Nitsch O. M. Theater Lesebuch“ oder der Band „Das rote Tuch. der mensch das unappetitlichste vieh. Hermann Nitsch. das orgien mysterien theater im spiegel der presse 1960-1988 (beides Edition Freibord). „Ich habe noch eine Menge feiner Bücher in meinem Depot“, so Gerhard Jaschke, „die ich leider schlecht verkauft habe. Ich hoffe, Sie gewinnen mit den Jahren an Wert und an Abnehmer.“



erschienen in Kunstzeitung Nr.73/Sept.02,S.19
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