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Von Antje Mayer.

Das neue Gesicht von „Treffpunkt Kultur“

Patrica Pawlicki entstaubt das Sendeformat des ORF“

Wenn eine Journalistin eine Journalistin interviewt, bleibt das Gespräch irgendwie auf einer professionellen Metaebene stecken. Man merkt, Patrica Pawlicki, seit September das neue Gesicht des österreichischen „Treffpunkt Kultur“ auf ORF2 und 3Sat fragt lieber selbst anstatt gefragt zu werden. Sie macht das sogar leidenschaftlich gern. Am liebsten in Echtzeit vor der Kamera: „Ich liebe die extreme Konzentration und die Spannung eines Live-Interviews. Damit ich die Nerven behalte, lese ich intensiv über die Person und das Thema und esse Unmengen. Es ist dieses kippelnde Gefühl vor dem Bühnenauftritt, das ich schon als Kind bei meinen Eltern, beide Künstler, erlebt hatte.“ Pawlickis Vater ist Pianist, die Mutter Kostümbildnerin. Mit beiden teilt die Wienerin ihre Liebe zum Theater, neben ihrem Interesse für die bildende Kunst: „Ich gehe für meine Leben gern – allein- ins Museum“.
Ursprünglich arbeitete Pawlicki in den Ressorts Innen- und Außenpolitik (beim ORF: zuletzt „Report“, davor „Inlandsreport“).Von 1994-95 stand sie für 3Sat in Mainz beim „Tagesgespräch“ (dem Vorläufer der heutigen „Kulturzeit“) vor der Kamera. In ihrer Zeit als Berliner ORF-Korrespondentin (2001-2003) lieferte sie oft Kulturbeiträge aus Deutschland. Dennoch: Pawlicki ist, wie ihr Ehemann Helmut Brandstätter, Ex-ntv-Geschäftsführer und PulsTV-Gründer, eher der Medienprofi als die schöngeistige Kunstexpertin, wie es etwa ihre –etwas spröde- Vorgängerin Barbara Rhett war. (Arwid Holtenau und Erna Cuesta moderierten zuletzt interimistisch die Sendung).
Aber genau wegen ihrer unvoreingenommenen Herangehensweise an Kultur dürfte man sich während der Castings für die studierte Politologin und Kommunikationswissenschaftlerin Pawlicki entschieden haben. Sie bringt die -in der Vergangenheit eher der Hochkultur verpflichteten Kultursendung- wieder auf den Boden, geht frisch an die Themen und kommt sympathisch rüber dabei.
„Mir ist wichtig, dass wir in unserer Sendung, die zusehends mehr junge Leute sehen, transportieren, dass Kunst nichts Elitäres ist“, so die Moderatorin. „Mehr kulturpolitische Themen, junge Kunst und die spannenden Szenen in Österreichs ost- und zentraleuropäischen Nachbarnländern vorzustellen“, sei ihr ein persönliches Anliegen, auch wenn sie wisse “dass wir dezidiert kein Spezialprogramm wie ARTE liefern können.“
Intern dürfte ihr für ihr Vorhaben der Rücken gestärkt sein. „Treffpunkt Kultur“ - Erfinder Wolfgang Lorenz, Ex-Intendant von „Graz2003 und ab 2007 ORF-Programmdirektor hat schon durchsickern lassen, sich in Zukunft durchaus „mehr Aufreger“ in der Sendung zu wünschen. Dem neuen frischen Geist Ausdruck verleihen soll im Frühjahr 2007 zudem ein optischer Relaunch. Des allgemeinen positiven Feedbacks wegen bekommt Pawlicki übrigens wie ursprünglich geplant keinen zweiten Moderator zur Seite gestellt. „Das bedeutet für mich, dass ich leider weniger redaktionell arbeiten kann. Auch wenn er sehr anstrengend ist, der neue Job kommt mir wie Urlaub vor. Kultur macht einfach mehr Spaß als Politik. Neunzig Minuten Kultur im Fernsehen, wo gibt es das noch?“
Nachdem sie das gesagt hat, reibt sie sich die Augen. Patricia Pawlicki ist müde vom gestrigen „Treffpunkt Kultur“, der jeden Montag zu später Stunde, erst um 22Uhr30, startet (in 3Sat Wiederholung am folgenden Samstag gegen OUhr30). Dann nimmt sie ihre achtzehn Monate alte Tochter auf den Arm. Sie sei ihr wahres „Lebensglück“ fügt sie noch hinzu und dann sie gibt unmissverständlich zu verstehen, dass sie die Fragerei für heute satt hat.



Artikel erschienen in Kunstzeitung 11/2006
> Link:Kunstzeitung > Link:Der neue ORF- Patricia Pawlicki- > Link:tv.orf.at- > Link:3 Ssat.online-