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Hinter Graz beginnt der Balkan. Oder ist Graz schon Balkan? „Alles eine Frage der Perspektive“, wie Margarethe Makovec vom Grazer Kunstverein „< rotor > association for contemporary“ meint.
Und damit man die für sich selbst finden möge, hat sie gemeinsam mit dem zweiten „rotoriker“ Anton Lederer und der Kuratorin Lejla Hodziæ aus Sarajevo kurzerhand das sogenannte „Balkan Konsulat“ in der Grazer Belgiergasse installiert. Von Antje Mayer.

Grazer Galerie < rotor > wird geschlossen!

Kunst aus Sarajevo im Balkan Konsulat noch bis zum 15.11.2003

In dieser temporären Außenstelle für künstlerische Balkan-Angelegenheiten stellen nun schon während des gesamten Kulturhauptstadtjahrs 2003 und während des „steirischen herbstes“, jeweils ein junger Kurator jeweils zwei Monate lang die aktuellsten Standpunkte zeitgenössischer Kunst aus jeweils einer „Balkanstadt“ vor.
Der Begriff „Kunst“ ist dabei weit gefasst: Ein Café in der Belgiergasse mit aufliegenden Magazinen und Büchern aus der jeweiligen Stadt, eine jeweils eintägige Filmreihe in der Mediathek der Stadt Graz oder Workshops in der „celery’s_the juice bar“ gehören dabei genauso dazu, wie verschiedene DJ-Partys in der Bar „vipers im thienfeld“.
Gemeinsam mit „museum im progress“ werden zudem ausgewählte „Balkan-Arbeiten“ im öffentlichen Raum, auf Plakaten und in internationalen Tageszeitungen, präsentiert.
„Wir wollten mit diesem umfassenden Programm zeigen, dass man heutzutage den Begriff ‚Balkan’ nicht mehr nur historisch oder geografisch definieren kann“, so die Leiterin Margarethe Makovec, „Balkan kann genauso gut eine Lebenseinstellung sein, ein Temperament oder eine Haltung. Der Titel ‚Balkan Konsulat’ ist durchaus auch ironisch gemeint.“
Dass es < rotor > mit dem viel diskutierten -und derweil ein wenig obsolet anmutenden- Begriff „Balkan“ nicht so genau nimmt, zeigt dann auch die Auswahl der „Balkan-Städte“: Den Anfang machte Belgrad, es folgte die Grazer Partnerstadt St. Petersburg, daraufhin kamen Prag, Istanbul, Budapest an die Reihe. Gerade ist Sarajevo mit sieben Künstlern am Zug (Kuratorin Lejla Hodziæ, bis 15.11.2003). Zu guter Letzt wird dem Balkan übrigens zuhause aufgespürt werden: nämlich in Wien.

„Ich sehe das Balkan Konsulat als eine Art Abbild für unser großes < rotor > -Netzwerk, das indessen von der Ukraine bis nach Slowenien reicht“, erklärt Margarethe Makovec. Dass < rotor > mit seinem Balkan Konsulat nicht auf den derzeitigen Trend für diese Thematik (siehe die Ausstellungen „In den Schluchten des Balkans“ von René Block im Kassler Friedericanum, bis 23.11. und „Blut & Honig“ in der Sammlung Essl von Harald Szeemann, bis 29.9.) aufspringt, ist Makovec wichtig. Immerhin annähernd neun Jahre, so die Leiterin, arbeitet der Kunstverein schon an seinem Archiv, das unzählige Kontakte mit Museen, Galerien und Künstlern in ganz Südosteuropa umfasst. Kürzlich ist < rotor > sogar mit dem staatlichen Würdigungspreis für grenzüberschreitende Kulturarbeit ausgezeichnet worden.
Indes der Verein steht wie viele kleinere Kulturinitiativen in Graz im nächsten Jahr vor dem finanziellen Desaster. Was im Kulturhauptstadtjahr rausgepulvert und angeleiert wurde, wird dann nicht mehr weiterfinanziert, sogar Kürzungen stehen ins Haus. Der Bund, der ihnen den Würdigungspreis verliehen hat, kürzte das Bugdet für 2004. Die Pointe: um die Höhe des erhaltenden Förderungspreise. Für Institutionen wie < rotor > eine Katastrophe: "Über das Jahr der Kulturhauptstadt kommen wir noch irgendwie drüber“, so der zweite < rotor >- Leiter Anton Lederer (seit neuesten auch Chef des Forum Stadtpark), “aber ohne Umdenken in der Kulturpolitik gibt es den < rotor > im April 2004 nicht mehr. " Dabei waren gerade internationale Positionierungen wie das "Balkan-Konsulat mit ausschlaggebend dafür, dass Graz das Rennen um die Kulturhauptstadt überhaupt machen konnte, meint Lederer. Die Schließung der Galerie ist bereits beschlossene Sache, sollte nicht noch ein Wunder geschehen. Margarethe Makovec setzt in Zukunft indes auf Mobilität und will zur Abwechselung vermehrt österreichische Kunst nach Osteuropa exportieren.

Ob die Kunst, die im Balkan Konsulat zu sehen ist, dem Klischee vom Balkan entspricht oder nicht, das will < rotor > übrigens gar nicht festlegen. Das soll der Besucher tunlichst selbst entscheiden. Und vielleicht kommt der ja dann zum gleichen Schluss wie der Philosoph Slavoj Zizek, der einmal meinte: „Der Balkan ist immer der Andere“.



Öffnungszeiten:
Di - Fr 10.00 - 18.00, Sa 10.00 - 13.00

c/o < rotor > association for contemporary art
Belgiergasse 8/ I, A - 8020 Graz, + 43 316 688306

KünstlerInnen:
Danica Dakic (Düsseldorf / Sarjevo), Sejla Kameri (Sarajevo), Kristina Leko(Zagreb), Lala Rascic(Amsterdam/Sarajevo), Slaven Tolj (Dubrovnik), Aleksandra Vajd (Prag/ Maribor), Vanda Vukicevic (London / Sarajevo)

Kuratorin:
Lejla Hodzic (Sarajevo Center for Contemporary Arts)

Ausstellung:
27.9. - 15.11.2003

erschienen in Kunstzeitung 03

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