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„Eigentlich bin ich aus Versehen an die Kunst geraten“, schmunzelt Otto Hans Ressler (Jahrgang 1948), Chef der Wiener Kunstauktionen. Als er sich 1978 beim Dorotheum als gelernter Bankkaufmann bewarb, wusste ich er gar nicht, dass das Haus neben seiner Banktätigkeit auch Kunst versteigerte.“ Von Antje Mayer.

Otto Hans Ressler

Wiener Kunstauktionen

Ressler fing bald Feuer, merkte, dass „Kunst unendlich viel spannender als das Bankwesen ist“, so der Selfmade-Kunstexperte und initiierte anfangs im Grazer Dorotheum zweimal im Jahr Sonderauktionen für Kunst und Antiquitäten, sechs Jahre später dann sogar für zeitgenössische Kunst. In Wien leitete er schließlich sieben Jahre lang die Kunstabteilung des Dorotheum. Und er würde als Beamter dort heute noch sitzen, wenn er sich 1993 nicht ein Herz gefasst hätte und sein eigenes Auktionshaus, die „Wiener Kunstauktionen“, gegründet hätte. „Ich stieß im Dorotheum immer öfter an bürokratische Grenzen und ich war mit der Qualität der Versteigerungen und der Präsentation nicht mehr zufrieden“, erklärt Ressler seinen couragierten Schritt.

Mut zahlt sich aus. Heute gehört sein Haus, das von der Zeitschrift GEWINN 1997 gar als erfolgreichstes junges Unternehmen Österreichs gekürt wurde, zu den führenden Auktionshäusern im deutschsprachigen Raum. Den Vergleich mit der starken Konkurrenz wie Christies, Sotheby’s und Neumeister in München braucht die Firma, für die inzwischen fünfzehn Experten und zwölf ständige Mitarbeiten tätig sind, nicht mehr zu scheuen.

„Beim Ranking um den höchsten Zuschlag im deutschsprachigen Raum führen wir derweil immer noch. Ich kann mich noch gut an den 6. Juni 1998 erinnern“, schwärmt Ressler, „als wir das Schielebild „Mädchen“, das sich nun im Leopold Museum befindet, um rund sieben Millionen Mark versteigerten. Ein Highlight in unserer Firmengeschichte.“

Leicht ist es indessen nicht immer gewesen, gibt der Geschäftsmann zu, der nebenbei noch Zeit hatte, 2001 sein viel beachtetes Buch „Der Markt der Kunst“ (Böhlau-Verlag) zu schreiben. Vor allem der 11. September und die derzeitige Wirtschaftsflaute hätten dem Kunstmarkt stark zugesetzt, so Ressler. “Der Markt für Topobjekte ist lebendig und gesund, aber im mittleren Segment schaut es düster aus“, erklärt Ressler. „Die Kunden können mit den Preissteigerungen nicht mithalten, das Qualitätsbewusstsein ist durch Literatur und Information gewachsen und der Markt ist zum Teil auch einfach gesättigt. Die Wände hängen voll.“

Das Wiener Kunstauktionen, die sogar eine Geldzurückgarantie vergeben, wenn sich herausstellen sollte, dass das Bild nicht echt ist, wollen deswegen in Zukunft auf noch mehr Qualität in ihren Spezialbereichen setzen, die da wären: Jugendstil, klassische Moderne, ganz besonders Glas und zeitgenössische Kunst. Letztere ist im übrigen auch ein privates Steckenpferd des Auktionärs. In seinem Büro hängt so Allerlei, was in Österreich Rang und Namen hat: ein Gunter Brus, ein Arnulf Rainer, ein Hubert Schmalix und ein Oliver Ressler. Der Sohn ist indessen nämlich selbst ein bekannter zeitgenössischer Künstler geworden. Dass „Kunst spannender als das Bankwesen“ ist, hat ihm sein Vater sicher früh beigebracht.



Otto Hans Ressler, "Der Markt der Kunst", Böhlau 2001, ISBN 3205993896, 35 Euro
erschienen in Kunstzeitung Nr.78/Febr.03,S.18
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