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Stella Rollig denkt lange nach, bevor sie etwas sagt, ist abwartend, aber dann erstaunlich bestimmt. Eine, die eher verschmitzt lächelt als laut lacht, eher leise spricht als laut plappert. Schüchternheit oder Understatement? Bei aller Zurückhaltung, der Stolz blitzt dieser Tage aus den Augen der 43jährigen, die Freude darüber, dass sie 41 Bewerber aus der Bahn geschlagen hat: Ab Mai 2004 wird Rollig für die nächsten fünf Jahre – mit Option auf Verlängerung- als neue Chefin des Lentos Museum in Linz walten und schalten... Von Antje Mayer.

Stella Rollig

Ist es Zufall oder Zeitgeist? Gerade hat man den -ebenfalls in Wien lebenden- deutschen Kunsttheoretiker Roger M. Buergel zum Chef der documenta 12 gekrönt, nun entschied man sich in Linz schon wieder für eine Leiterin, der von Szenekennern, nicht ohne Zynismus, eine „überbordende Liebe zum Diskurs“ nachgesagt wird. Es sind wohl derzeit einige Gesellschaftsfragen offen, deren Beantwortung man sich nicht mehr von der Politik, aber dafür von der Kunst und den Kuratoren, erhofft.
Germanistik und Kunstgeschichte studierte die gebürtige Wienerin in Wien. Danach schrieb und kuratierte sie fürderhin. Von 1994-96 agierte sie als österreichische Bundeskuratorin für bildende Kunst. Vor zehn Jahren gründete sie das, seit Jahren notorisch vor dem Aus stehende, Wiener Depot für Kunst und Diskussion mit dem jetzigen Leiter Wolfgang Zinggl. Als Kunstkritikerin publizierte sie für den ORF und die österreichische Tageszeitung Der Standard. Am „museum in progress“, das seit 1990 Kunst in Medien und öffentlichen Raum ausstellt, war die Umtriebige maßgeblich beteiligt. In den vergangenen Jahren nahm sie als freie Kuratorin ihren Weg auf der Karriereleiter. Zuletzt: „The promise, The Land. Jüdisch-Israelische KünstlerInnen im Verhältnis zur Politik und Gesellschaft“ im O.K Zentrum Linz.
Dieser sperrige Ausstellungstitel spricht Bände. Eines darf als sicher gelten: Rolligs Programm im Lentos wird sich von dem ihres Vorgängers Peter Baum maßgeblich unterscheiden und daran dürften sich ein paar erst einmal gewöhnen müssen. Baum, der nach sage und schreibe 30 Jahren Direktorenschaft nun in Pension geht, intervenierte via Medien schon mal prophylaktisch: Seine Nachfolgerin solle „klassische Museumsaufgaben nicht in Frage stellen“. Außerdem warnte Baum vor zu großer „Kopflastigkeit“.
Zeitgenössischer, medialer und internationaler wird sich das gerade erst neu erbaute Haus unter Rollig freilich geben, vermutlich auch für so manchen schlecht verdaulicher. „Ich gestehe, die diskursive Ausstellungsform zu lieben“, so Rollig. „Mein Plan ist, die vorhandene Gemälde- und Fotosammlung des Lentos zu aktueller Kunst in Kontext zu stellen. Die Distanz zum Zeitgenössischem will ich damit verkleinern“, ist die neue Lentosleiterin optimistisch und beruhigt: „Keine Angst. Meine Ausstellungen werden nun nicht aus Textplakaten bestehen. Im Gegenteil: Ich würde mir wünschen, dass das Lentos von den Bürgern geliebt wird und zu einem Ort der Begegnung und Diskussion wird. Ich sehe meine Rolle durchaus auch in der einer guten Gastgeberin.“ Auf dass die Linzer lieben und kommen mögen, die traditionell ja, nicht zuletzt wegen der ars electronica, als gut trainiert für harte Kost gelten.



erschienen in Kunstzeitung Nr.90/Febr.04,S.6