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Von Antje Mayer.

Steirischer herbst feiert vierzigsten Geburtstag

Wer soll das alles sehen? Das Angebot des „steirischen herbst“, das Kulturfestival für zeitgenössische Kunst und Kultur in Graz (20. September bis 14. Oktober 2007), ist heuer wie immer – nahezu unübersichtlich - umfangreich: Kunst, Musik, Theater, Performance wird geboten wie immer viel Interdisziplinäres, vornehmlich für die Einheimischen, Publikum von außerhalb kommt bestenfalls zur Eröffnung in Scharen. Das Meiste ist eigens für den „herbst“ produziert, ein großes Risiko zu scheitern einerseits, Hoffnung für manches Originäres andererseits.

„Nahe genug“ heißt das Leitmotiv in diesem Jahr, soll heißen, die Sehnsucht zueinander und voneinander, Liebe, Beziehungen, der Aggregatzustand des Verabschiedens und Ankommens. Anders, geopolitisch formuliert: das zusammenwachsende Europa vor dem Hintergrund der fernen-nahen globalisierten Welt. Klingt zeitgeistig, aber relativ am Boden, anders als so der einen oder anderen Teilveranstaltung des „herbstes“, bei der man angesichts halbverdauter Inhalte schwere Magenschmerzen befürchten muss, etwa bei der Ausstellung „ Die Blaue Blume“ im Grazer Kunstverein mit – eher weniger bekannten - Künstlerinnen wie Heidrun Holzfeind (A), Katarsina Kobro (PL), Hilary Lloyd (UK) oder Florian Roithmayr (UK/D). Im Programmheft heißt es: „Den Ausgangspunkt für das Projekt bildet der Versuch, in Anlehnung an einen grafischen Entwurf der Bauhauskünstlerin Anni Albers einen Teppich zu realisieren.“ Und unmittelbar weiter: „Dieser Rückzug bezieht sich auf ein Motiv der früheren Avantgarden: Die Konstruktion eines neuen Raumverständnisses als Sinnbild für Arbeit an einer neue errichteten Wirklichkeit.“ Hilfe!
Da lobt man sich doch klarere –wenn auch nicht gerade sehr originelle- Ausstellungskonzepte wie das von „What We bought“ in der Camera Austria. Dort huldigen Künstlerinnen wie John Armleder, Olaf Breuning oder Swetlana Heger (u.a) mit ihren Fotos den sinnlosen Fetischen der schönen bunten Warenwelt. Wir dürfen schöne Bilder „präzise inszeniert“ erwarten, platte Kapitalismuskritik dafür – so wird von Seiten der Kuratorinnen Christine Frisinghelli und Maren Lübbke-Tidow garantiert- nicht.
Interessant klingt das Projekt vom Haus der Architektur Graz „Architektur 24/7. Eine alltägliche Beziehung“. Gängige Architekturfotografie zeigt Gebäude selten in Benutzung, sondern so ästhetisch unberührt, abstrahiert ideal, als ob die Bewohner gerade alle auf Urlaub gefahren seien. Man bat deswegen Architektinnen, ihre Häuser selbst einmal in Gebrauch zu fotografieren. Diese Fotos wurden wiederum von den Benutzern kommentiert. Klingt ambitioniert, mit Potential für so manchen launig-kritische Randbemerkung.
Dass der „steirische herbst“ heuer vierzig Jahre jung wird, bescherte der neuen, heuer zum zweiten Mal programmierenden, Intendantin Veronica Kaup-Hasler ein bisschen Extrabudget, aber „sicher nicht für klassische Jubiläums-Gedenkausstellungen mit Archivmaterial“, so die Theaterspezialistin. Die GPS-gesteuerte Audio-Tour des Künstlerduos „plan b“ zum Beispiel, die den Spuren des Festivals in den letzten vier Jahrzehnten durch Graz folgt, dürfte jedoch bestenfalls die Einheimischen begeistern oder die Fans des „steirischen herbst“, die wir im Grunde unseres Herzen doch immer sind und bleiben. Alles Gute!



Text erschienen in Kunstzeitung 05/2007
> Link:Kunstzeitung > Link:steirischer herbst 2007- > Link:Haus der Architektur Graz- > Link:Camera Austria- > Link: Grazer Kunstverein-