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Der litauische Experimental-Elektronikmusiker und Psychologe Richard Norvila(Jahrgang 1961) alias BENZO liebt das Rauschen Moskaus, das wie aus einem gnadenlosen Fleischwolf dröhnt, der alles Russische, Tatarische, Armenische, Aserbaidschanische zu Hackfleisch des Moskauer Lebens zermalmt. Das ist der Grundstoff für Norvilas Musik. Die produziert der geniale Einzelgänger Norvila in seinem Musikstudio in einer Einraumwohnung, eineinhalb Stunden Metro- und Busfahrt vom Zentrum Moskaus gelegen. Dort stapeln sich, bis zur Decke vor längst ergrauten Blümchentapeten, Dutzende alte Syntheziser, Mischpulte und Sampler “made in Russia”, für deren verstaubten, warmen Klang, im Westen so mancher Freak gerne seine ganze Plattensammlung eintauschen würde. Von Antje Mayer.

Blümchentapete und Elektroniktrash!

Der litauische Experimental-Elektronikmusiker und Psychologe Richard Norvila (Jahrgang 1961) alias BENZO liebt das Rauschen Moskaus, das wie aus einem gnadenlosen Fleischwolf dröhnt, der alles Russische, Tatarische, Armenische, Aserbaidschanische zu Hackfleisch des Moskauer Lebens zermalmt. Das ist der Grundstoff für Norvilas Musik. Die produziert der geniale Einzelgänger Norvila in seinem Musikstudio in einer Einraumwohnung, eineinhalb Stunden Metro- und Busfahrt vom Zentrum Moskaus gelegen. Dort stapeln sich, bis zur Decke vor längst ergrauten Blümchentapeten, Dutzende alte Syntheziser, Mischpulte und Sampler “made in Russia”, für deren verstaubten, warmen Klang, im Westen so mancher Freak gerne seine ganze Plattensammlung eintauschen würde. „Viele von diesen Secondhand-Instrumenten funktionierten nur zum Teil“, so Norvila, „man musste sie reparieren und mein alter Freund Rafael Gafarov, ein begabter Elektroniker, half mir in meiner Besessenheit, die Geräte zum neuen Leben zu erwecken“, freut sich der Künstler, der seinen Maschinen die schrägsten Sounds entlockt, die er mit alten russischen Platten abmischt. „Ein Samplingparadies sind diese Vinyls. Beim Abmischen trinke ich außerdem oft Wodka, der natürlich seine Spuren, unwiederholbare Nuancen, in meinen Sounds hinterlässt“, erzählt der Moskauer. „Bis jetzt habe ich etwa zwanzig BENZO-Tracks aufgenommen. Es sind Stücke, bei denen allein BENZO-Instrumente in Aktion sind, aber auch solche, bei denen ein oder zwei ausländische Geräte (etwa DOEPFER MS-404 oder Novation Bass Station) wie ´eingeladene Gäste´ mitspielen. Für mich sind das alles kleine Tongeschichten und Bilder, die mit meinen Erlebnissen in der Stadt Moskau und auf meinen Russlandreisen verbunden sind.“ Im Mai erschien seine erste CD „BENZO. The Tapes/Die Kassetten“ auf dem österreichischen Label „Laton“ (zusammen mit www.redaktionsbuero.at).

Alexej Borisov (Jahrgang 1960) gehört zu der Speerspitze der russischen elektronischen Musik. Er ist einer der Elektronik-Pioniere Russlands und ein großes Vorbild für den jungen Electronic-Nachwuchs dort. Er füllte in den Achtzigern große Hallen als Gitarist der Gruppe ”Centre”, der ersten New Wave Band der Sowjetunion. 1985 gründete er unter anderem die erste Techno- und Industrial-Kultband ”Notschnoj Prospekt” (Nächtlicher Boulevard), die bis heute aktiv ist. In der Moskauer Szene sehr geschätzt ist auch seine Künstlergruppe ”F.R.U.I.T.S.”. Im Duo mit Pavel Jagun experimentiert Borisov dabei mit Elektronik-Sounds, Sprache und urbanen Zeichensystemen. Langsam nimmt man auch im Westen Borisovs fulminant konsequent inszenierte Soundkonstruktionen wahr. Das bekannte britische Musikmagazin „Wire“ widmete im kürzlich sogar ein Porträt. Im Juni erscheint auf dem österreichischen Label Subetage die CD-Compilation „Ikra_Bitter Snacks from Moscow“ unter anderem mit „Kaviarsound“ von Alexej Borisov.



erschienen im Prototype-KatalogFestival_4020_2002