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Von Antje Mayer.

Posieren, Poesie und Posituren

25. ImPulsTanz Festival in Wien

Man merkt es jährlich daran, dass soviel schöne Menschen mit auffallend durchtrainierten Körper durch die Stadt schreiten:

Es ist wieder ImPulsTanz Festival. Das größte europäische Event für zeitgenössische Körperbewegung mit über 45 Produktionen und 200 Workshops für Profis und viele davon für Laien. Vertreten sind Stars wie der Kanadierin Marie Chouinard oder den beiden Belgiengrößen Anne Teresa De Keersmaeker und Jan Fabre.
Heuer tanzt die Welt übrigens bereits zum 25. Mal in Wien. (10. Juli bis 10. August 2008). Kein großes Sonderprogramm gibt es zum runden Geburtstag, aber dafür zum ersten Mal den mit 10.000 Euro dotierten Preis den „Prix Jardin d’Europe“ für Nachwuchschoreographen, der am 10. August verliehen wird. Gestaltet hat die Trophäe der österreichische Künstler Erwin Wurm. Seine berühmten „One Minute Sculptures“ könnten durchaus auch als Tanzfiguren durchgehen. Tanz, Performance und bildende Kunst gehen eben oft Hand in Hand. So hat der weltbekannte US-Choreograph William Forsythe in Wien mal nicht nur Körper sondern Luftballons inszeniert. In der Säulenhalle des österreichischen Parlaments schweben tausende von ihnen von einer wogenden Klangwelle in der Schwebe gehalten („Scattered Crowd“).
Neben dem Üblichen gibt es dann auch an einem Ort für Gegenwartskunst, im project space der Kunsthalle am Karlsplatz, ein Programm, das sich irgendwo zwischen den Kunstsparten -im wahrsten Sinne des Wortes- „bewegt“. Der österreichische Körperinszenierer Chris Haring, der 2007 den Goldenden Löwen der 5. Tanzbiennale in Venedig gewonnen hatte, zeigt beispielsweise mit seiner Gruppe „liquid loft“ das ironische „Posing Project“ (am 10. August), also „das ganze ABC des Posierens“ und eine Installation zum Thema. Die Designkünstlerin Nadia Lauro hat ebendort ihre "Installation: I hear voices", eine Science-Fiction-Landschaft aus pelzigen Bergen aufgebaut. Chill-out-Bereich und Performanceort in einem.
Ein bisschen lifestylig kommt das dann doch oft alles rüber. Auch das im Vorfeld mit großer Spannung erwartete Kunst-, Theater-, Tanz- und Mode-Stück „Dressed to kill … killed to dress“ der südafrikanischen Skandalkünstlerin Robyn Orlin. Hintergrund für die –in weiten Teilen seicht geratene- Erstaufführung sind die „Swankas“, übersetzt Angeber oder Posierer. Ein spannendes Gesellschaftsphänomen in Südafrika. Am Wochenende veranstalten die schwarzen Minenarbeiter in den Kellern ihrer Wohnheime nächtliche Modeschauen, auf denen sie protzig herausgeputzt mit glänzendem Tuch, Golduhr und Schmuckbehang mit einer Performance vor einer – weißen(!) Jury bestehen müssen.
Da kann sich die Regisseurin Orlin aber noch so sozialkritisch ambitioniert geben, das hat was von Sozialporno, wenn so etwas auf eine Bühne nach Europa exportiert wird. Und die Genres zu wechseln ist gut, wenn notwendig, wenn es zum Selbstzweck wie bei Orlins Stück gerät, dann wird’s peinlich. Dann immer noch lieber der „sterbende Schwan“.



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