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Von Nina Schedlmayer.

Aufwändig gerahmt

Eastern Galleries @ ViennAfair

Die Kunstmesse "ViennAfair" feierte im heurigen April ihre Premiere. Immerhin über zwei Dutzend Galerien aus Ost - und Südosteuropa sind nach Wien gekommen. Nina Schedlmayer stellt sechs der interessantesten vor.

Die Zeit des Jammerns scheint ein Ende zu haben, die Kunstmärkte in den postsozialistischen Ländern sind im Aufschwung begriffen. Mit dem Schwerpunkt auf Zentral-, Südost- und Osteuropa trug dem nun auch die heuer ins Leben gerufene Kunstmesse „ViennAfair“ (21.4. - 24.4.2005) in Wien Rechnung.
11 von insgesamt 90 Galerien aus der Region hatte man zunächst angekündigt - eine Liste, die nun mit Unterstützung der Erste Bank durch nicht - kommerzielle Kunsträume, wie etwa die „Display“ aus Prag oder die „Raster“ aus Warschau, erheblich erweitert wurde. Auch sonst war so einiges geplant: Museen aus den „Schwerpunktländern“ stellten sich an einem eigenen Stand vor, Museumsleute zum Thema „Sammeln“ tagten.
Schon seit Jahren wurde über die „Osterweiterung“ der Wiener Kunstmesse (damals „Kunst Wien“) gesprochen; nun konnte man sich heuer endlich dazu durchringen. Die betreffenden Galerien - einige davon stellen wir Ihnen im Folgenden vor - sehen die neue Messe gelassen: Die meisten von ihnen präsentieren sich bereits regelmäßig bei internationalen Veranstaltungen dieser Art und die Erwartungen an den Messestandort Wien sind moderat, zeigte sich doch bereits bei der „Kunst Wien“, dass das internationale Publikum nicht gerade in Scharen herbeiströmt. Vladimir Ovcharenko, Leiter der Galerie Regina in Moskau, war jedenfalls zuversichtlich, dass internationales Publikum kommt, liegt doch die „ViennAfair“ in einer messetechnisch ruhigen Zeit und - nicht zu vergessen: „Wien ist eine attraktive Stadt.“

viennAfair. The International Art Fair
21. bis 24. April 2005
Messezentrum Wien
Messeplatz 1
A - 1020 Wien
Veranstalter: Reed Messe
Tel.: +43/1/727 20 - 0, viennAfair@messe.at


ACB Galéria, Budapest
Erstvorstellung

Wie so oft begann es in einer Wohnung. Vor etwa zwei Jahren eröffneten Janós Szoboszlai und Katalin Szőke die ACB Galéria in Budapest mit einer Gruppenausstellung der Künstler, die sie auch in Zukunft vertreten wollten: Gemälde von András Braun, Wandarbeiten von Ágnes Előd, ein Mobile von Attila Csörgő. Die Galerie hatte von der Eröffnung an großen Erfolg. War die erste Ausstellung noch auf ungarische Kunst reduziert, so nahm man bald Künstler aus Japan oder Holland in das Programm auf, zeigte deren Arbeiten bisher allerdings nur in Gruppenausstellungen.
Szoboszlai hofft, dass internationale Sammler die Wiener Messe besuchen, wertet er doch die Präsenz Ungarns in Relation zu anderen postsozialistischen Ländern am schwächsten: „Kein ungarischer Künstler nahm an der Manifesta 2000 und 2002 teil, wenige internationale Sammler besuchen Budapest.“ Die Situation des Kunstmarktes ist zwar nach wie vor alles andere als rosig, allerdings könnte sich das Blatt bald zum Besseren wenden: Vor allem auf ältere Generationen, erzählt Szoboszlai, habe das kulturelle Engagement europäischer und amerikanischer Geschäftspartner Vorbildwirkung und Jüngere hätten nun endlich ausreichende Mittel, um Kunst auch kaufen zu können.
Für die Messe hat sich Szoboszlai vor allem vorgenommen, die Galerie erst einmal vorzustellen - und mit András Braun, Attila Szűcs, Juriaan Molenaar und Hideki Ilnuma sowohl nationale als auch internationale Künstler zu zeigen.

HU - 1068 Budapest, Király utca 76
Tel.: +36/1/413/7608, +36/1/413/7609
acbinfo@acbgaleria.hu


Display, Prag
Botschafter junger zeitgenössischer tschechischer Kunst

Die EU-Erweiterung habe für die Kunst- und Galerienszenen in Tschechien nichts geändert und werde auch künftig nichts ändern - so lautet die Meinung von Ivan Mečl, Kurator und Herausgeber des tschechischen Kunstmagazins Umělec: „Der Kunstmarkt liegt in Tschechien, wie im Übrigen auch in den anderen Beitrittsländern des ehemaligen Ostblocks, seit Jahren quasi brach, da es keine privaten Sammler und Käufer gibt. Nach der EU-Erweiterung kommt unsereins nun vielleicht leichter an Subventionen und Stipendien heran“, ätzt der Magazinmacher.
So ist auch die Galerie Display, als deren Kooperationspartner trancit.cz agiert, nicht kommerziell. Zwei Künstler und zwei Kuratoren betreiben die Galerie seit 2001 in einem 65 m² großen Geschäftslokal in Prag Holešovice. Einen fünfminütigen Fußweg von der „hehren Kunst“ entfernt haben sie sich niedergelassen, nahe dem Messepalast, in dem die Sammlung des 19. und 20. Jahrhunderts der Prager Nationalgalerie untergebracht ist.
„Das Ziel von Display ist, internationale Kunst nach Tschechien zu bringen und den Austausch junger lokaler Künstler mit dem Ausland zu fördern“, umschreiben die Betreiber, Zbynĕk Baladrán, Ondřej Chrobák, Davis Kulhánek und Tomáš Svoboda, kurz und bündig ihr Programm. „Display sieht sich als Botschafter junger zeitgenössischer tschechischer Kunst im Ausland“, so die vier. „Display ist ein Experiment, will aber kein ‚alternativer Ort‘ sein. Alternativ zu was? Wir sehen uns lieber hybrid. Was bleibt uns auch angesichts der aktuellen Situation anderes übrig, als extrem flexibel zu agieren: mal staatlich unterstützt, mal unabhängig, mal geplant und mal intuitiv die Dinge anzugehen?“

Bubenská 3 (Metro Vltavská)
CZ - 170 00 Praha 7, display@display.cz


Galéria Priestor, Bratislava
Ausgebunkert

Ein Bunker in einer Wohngegend am Rande der Stadt - die Galerie Priestor ist in vielerlei Hinsicht sehr speziell. Seit 1999 betreibt Juraj Čarný mit viel Engagement seine düsteren - und daher für Videoinstallationen hervorragend geeigneten - Galerieräume in Bratislava. 38 Ausstellungen, so vermerkt die Homepage stolz, konnten bereits realisiert werden, viele davon eigens für den Raum produziert. Čarnýs Büro befindet sich in der über dem Bunker angesiedelten Werbeagentur - die Priestor damit sponsert. Aber auch abseits von dieser Art des Materialsponsorings findet Čarný kreative Lösungen, um seinen Raum zu erhalten: So können sich Firmen Kunst bei ihm ausleihen.
Während andere Galeristen neben dem Verkauf auch Kontakte zu Kuratoren suchen, hat Juraj Čarný diese Angelegenheit selbst in die Hand genommen, kuratiert immer wieder Gruppenausstellungen auch in anderen Räumen und hat „crazy curators“ ins Leben gerufen: eine Kooperation von bis dato vier Galerien, die unter anderem gemeinsame Lectures abhalten und demnächst einen „Central European Young Art Prize“ vergeben wollen.
Sein Programm umreißt Čarný kurz und simpel: „Innovative und experimentelle Kunst“ - darunter etwa Biennale-Teilnehmer Erik Binder, Plamen Dejanoff, Anetta Mona Chişa & Lucia Tkáčova oder Richard Fajnor, deren Arbeiten er auch auf die ViennAfair mitnehmen möchte. „Ich glaube, dass auch Besucher aus den anderen EU-Staaten kommen werden“, meint Čarný, der als Kurator selbst häufig zu internationalen Messen fährt. Diese Galerie ist alles andere als eingebunkert.

Somolického 1/B
SK - 811 05 Bratislava
Tel.: +421/2/5441 8262/ 64/123, gallery@priestor.org


Raster, Warschau
Monopol auf Shooting Stars

Zwei Kunstzeitschriften - „Spike“ (A) und „Monopol“ (D) - widmeten sich in ihren vorjährigen Erstausgaben großen Porträts zeitgenössischer Maler (Rafał Bujnowski und Zbigniew Rogalski). Außer ihrer Nationalität hatten die beiden noch etwas gemeinsam: Ihre Galerievertretung durch die Galerie Raster aus Warschau, betrieben von Łukasz Gorczyca und Michał Kaczyński. In ihren Räumlichkeiten treffen sich schon mal deutsche Messeleiterinnen und Schweizer Journalisten auf ein Match am galerieeigenen Wuzler (Tischfußball). Das internationale Netzwerk der Galerie ist dicht, ihre Stellung in der mageren polnischen Galerielandschaft fast monopolistisch. Die meisten der hierzulande bekannten polnischen Künstler werden von ihnen vertreten, wie etwa neben den beiden oben Genannten Marcin Maciejowski. Bei deren Marktpreisen können die polnischen Sammler allerdings kaum mitziehen: So bleibt vieles davon „westlichen“ Käufern vorbehalten - eine nicht unbedenkliche Entwicklung.
Bei Messeauftritten in Basel und Köln verwundert es nicht, dass Kaczyński bei der „ViennAfair“ vor allem österreichische Kuratoren und Sammler ansprechen möchte: „Wir bringen Internationalität nach Wien“, meint er, „erwarten uns aber nichts Internationales.“ Allerdings wird Raster diesmal hauptsächlich Arbeiten von weniger bekannten Künstlern, wie etwa der Malerin Agata Bogacka, zeigen. Aus zwei Gründen: Erstens möchte man diese einem neuen Publikum vorstellen und zweitens sind die Arbeiten der Shooting Stars teils schon ausverkauft, teils in zeitgleich stattfindenden Ausstellungen zwischen Krakau und Düsseldorf zu sehen. Bei der medialen Resonanz kein Wunder.

Hoża 42/8
PL - 00 - 516 Warszawa
Tel: +48/606/658/399, raster@free.art.pl


Regina, Moskau
Kulik für Yuppies?

Oleg Kulik, Wim Delvoye, Jonathan Meese: Aufsehen erregende Positionen sind es, die Vladimir Ovcharenkos Galerie Regina in Moskau vertritt. Schon Anfang der neunziger Jahre schockierte man hier mit radikalen Aktionen die russische Kunstszene - schließlich benahmen sich Kulik und seine Kumpanen nicht gerade wie Elmayer-Schüler. Auf der „ViennAfair“ möchte Ovcharenko den Bad Boy der russischen Kunst ebenso zeigen wie hierzulande weniger bekannte Künstler wie etwa POROLON oder Sergey Bratkov - insgesamt ein breites Spektrum, denn: „Das erste Mal ist immer eine Art Experiment. Beim zweiten Mal wird man selektiver.“ Und so betrachtet der Galerist die Wiener Messe als eine neue Herausforderung. Mit dem deutschsprachigen Kunstmarkt ist er vertraut, schließlich nimmt er auch an der Art Cologne teil. Und er ist zuversichtlich, dass ein internationales Publikum kommen wird, liegt doch die „ViennAfair“ in einer messetechnisch ruhigen Zeit und - nicht zu vergessen: „Wien ist eine attraktive Stadt.“
Überhaupt versprüht Ovcharenko den vielen Galeristen eigenen Optimismus, auch was den Markt im eigenen Land betrifft: Der sei im Aufschwung begriffen. Die Stammkundschaft der Galerie ist im Durchschnitt relativ jung, zwischen 30 und 45 Jahren alt, „eine Generation von Leuten, die in der Sowjetunion geboren und nach deren Zusammenbruch reich wurden“. Oleg Kulik, ein Künstler für neureiche Yuppies? Die Ironie der Geschichte, sie holt wohl alle früher oder später ein.

22, 1 - st Tverskaya - Yamskaya str.
RU - Moskwa 125
Tel: +7/095/250/85/71, info@regina.ru


Galerie Jiří Svestka, Prag
Pionier, Doyen, Klassiker

Den Begriff des „Doyens“ sollte man nicht zu inflationär verwenden. Bei Jiří Svestka ist er angebracht. 15 Jahre hat er in Deutschland gelebt, wo er unter anderem den Kunstverein in Düsseldorf geleitet hat, bevor er 1995 nach Prag zurückkehrte und hier mit der Eröffnung seiner Galerie Pionierarbeit leistete. Das Programm ist seit jeher geografisch und chronologisch breit gestreut: Emil Filla und Otto Gutfreund, Zdeněk Sýkora und Chris Burden, Kateřina Vincourová und Janet Cardiff. Einen Großteil seines Umsatzes macht er - klar! - mit der klassischen Avantgarde, die vor allem in den neunziger Jahren einen Boom erlebt hat. Langsam, aber sicher, so erzählt Svestka, geht in diesem Segment aber die Ware aus - mit dem Effekt, dass sich die Sammler verstärkt für Kunst nach 1945 interessieren.
Viele der Kunden sind Vertreter von ausländischen Firmen. Und obwohl die Nachfrage nach junger Kunst in Tschechien selbst noch nicht so groß zu sein scheint - der Galerist spricht von drei bis vier konsequenten heimischen Sammlern auf diesem Gebiet - gibt sich Svestka optimistisch: Alles eine Frage der Zeit, die Marktsituation sei durchaus vergleichbar mit der in Österreich in den sechziger Jahren. Auf der „ViennAfair“ präsentiert die Galerie, die an den wesentlichen Messen von Madrid, Miami Beach bis New York teilnimmt, acht bis zehn Künstler, darunter den jungen Amerikaner Ryan Mendoza und den Prager Krištof Kintera. Unter den Galerien der „Schwerpunktländer“ ist Svestka übrigens die einzige, die nicht unter dem Label „Bridge Gallery“, sondern als „Established Gallery“ firmiert.

Biskupsky dvur 6
CZ - 110 00 Praha 1
Tel +420/222/311/092, gallery@jirisvestka.com



Nina Schedlmayr (geboren 1976) arbeitet und lebt in Wien. Sie schreibt als freie Kunstkritikerin für Profil, artmagazine und Camera Austria.

Artikel erschienen in: REPORT. Magazin für Kunst und Zivilgesellschaft in
Zentral- und Osteuropa,April 2005

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