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Designer zeigten Heizkörpern lange Jahre die kalte Schulter. Inzwischen haben die sich für sie entflammen können und brüteten über den kühnsten Ideen. Von Antje Mayer.

Heiße Ware

Männer tun es oft, Frauen tun es noch öfter: Frieren. Die kalte Hand aufs Herz. Wer hat sich nicht schon einmal geschworen, den nächsten Winter, komme was da wolle, in der Karibik zu verbringen? Zuhause ist es einfach zu lange zu kalt. Ganze neun Monate, von September bis Mai, muss man in hiesigen Breitengraden der lieben Sonne nachhelfen. Die Heizung aus dem Sommerschlaf zu wecken, schiebt man derzeit angesichts des warmen Altweibersommers noch hinaus. Als ob man damit den schnöden Winter noch herauszögern könnte! Indes: Wenn die ersten Septembernebel steigen und die Abende bitterkalt werden, dreht auch der ehrgeizigste Sparefroh am Thermostat. Die Heizsaison ist eröffnet.

Auch wenn angesichts der hohen Energiepreise, Kachelöfen
und Kamine in vergangener Zeit wieder groß in Mode gekommen sind, klassische Heizkörper bleiben hierzulande nach wie vor die Dauerbrenner. Mancher wird dabei mit Schrecken an die rostenden, potthässlichen Staubfänger der letzten Jahrzehnte denken, die einem zuweilen mit ihrem Klingeln und Klappern den Winter zur Hölle machten, wenn sie einem nicht gerade wieder einmal die kalte Schulter zeigten. Indes: Solche gestalterischen Eiszeiten sind vorbei, denn in den vergangenen Jahren hat sich das wärmespendende Wohnungssubjekt entgültig vom „notwendigen Übel“ zum „heißem Designstück“ gemausert. „Heizkörper“, so Kersten Viehmann, Geschäftsführer der Bundesinnung der Installateure, „werden endlich als ein wichtiges, raumbestimmendes Einrichtungselement wahrgenommen.“ Endlich wird die heiße Ware sexy in Szene gesetzt.

Erwärmende Alleskönner

Ganz groß im Trend liegt bei den heißen Dingern derzeit – ähnlich wie bei Möbeln - Multifunktionalität. Fast schon ein Klassiker unter den erwärmenden Alleskönnern ist der Handtuchtrockner im Bad, der inzwischen in allen Preislagen und annähernd allen Formen, Materialien und Farben, die das Herz begehrt, zu haben ist. Ob in Edelstahl, in Chrom, in Goldlook, bunt, weiß, modern oder im Retrostil, quadratisch, länglich, wellenförmig, in Palmen- oder Eisbärform, der Phantasie und Möglichkeiten sind keine Grenzen mehr gesetzt.
Der letzte Schrei sind momentan auch Spiegelwärmkörper, bei denen die Struktur extrem flacher Radiapaneele mit einem Spiegel, der den Raum optisch vergrößert, kombiniert wird. Selbst glatte Heizkörper aus Glas, farbig und sogar gänzlich durchsichtig, werden inzwischen angeboten. Glatte Glasflächen, ohne den dominanten Lamellenlook, wirken ruhiger und bewahren vor großen, niedrig liegenden Fenstern den Durchblick.
Wer hat beim Saubermachen nicht schon über die Heizungsrohre geflucht? Sie sind nicht nur lästige Staubfänger, sondern stören auch beim Staubsaugen und Bodenwischen, wenn sie, wie üblich, nahe am Boden verlegt sind. Viele Firmen bieten inzwischen Modelle an, bei denen störende Anschlüsse versteckt sind und die Rohrleitungen auf der Unterseite direkt in die Wand führen. Und wer ganz penibel ist, kann zu einem sogenannten Kippheizkörper greifen, der für das Rundum-Makeup von der Wand wegklappbar ist.
Die neuen wärmespendenden Tausendsassa, die viele Installateure inzwischen sogar nach Maß anfertigen, werden bei zu wenig Wandflächen inzwischen sogar als Raumtrenner oder selbst als Treppengeländer genutzt. „Heutzutage kann man grundsätzlich alle Heizkörperformen überall im Haus einbauen“, bestätigt der Installateurexperte Kersten Viehmann.
Alles nur eine Frage des Geldes. „Jedes Extra kostet. In der Praxis werden die Bauherren ihr knappes Budget aber kaum in aufwendiges Heizungsdesign stecken“, weiß Christian Aulinger aus Erfahrung. „Die meisten greifen immer noch zur günstigen Stangenware, mit freilich inzwischen ambitionierterem Design als noch vor Jahren. Die Bauherren agieren nach der Faustregel: Heizkörper sollten nach Möglichkeit an den Außenwänden stehen und unter Fenstern.“ Breite und Höhe der Radiatoren richten sich nach den Maßen der Fensterbrüstung. Wer es dezent liebt, solle, so Aulinger, die Radiatoren in der Farbe der Wand streichen. Die, die ihre alten Heizkörper aufrüsten wollen, können aber inzwischen auf ein reichliches Sortiment an Accessoires zurückgreifen, wie imprägnierte Holzbretter, Bügelhaken, Lochbleche zum Einhängen von Küchenbesteck, Tischchen oder breite Handtuchhalter. Wichtig sei bei allem nur eines, da sind sich die Fachleute Viehmann und Aulinger einig: „Die Bauherren sollten den Planern früh genug ihre Wünsche mitteilen. Nachträgliche Adaptionen können sehr teuer werden.“

Heiße Objekte im coolen Design

Besonders heiße Akzente setzen jedenfalls handgefertigte Heizkörper. Schon Ludwig Wittgenstein entwarf für sein Haus im dritten Wiener Bezirk eigens spezielle Eckheizkörper. Diese Modelle waren, in Sachen Extravaganz, harmlos gegen die Heizskulpturen, die der deutsche Designer Bruno Beuttler aus Edelstahlrohren biegt: Filigrane, futuristisch anmutende Objekte in Form von Kakteen und Antennen, für die man den Platz und vor allem das nötige Kleingeld parat haben sollte. Solcherart Wärmeobjekte produziert auf Wunsch auch die Stuttgarter Firma „Ferrum Objekte“ und schreckt dabei vor keiner noch so unmöglich erscheinenden Idee zurück: Wärmende Fensterrahmen, Firmensignets oder gar hitzige Comic-Idole für die frierenden Kleinen, wie Balu der Bär oder Flip der Delphin sind für diesen Hersteller kein Problem. Als Heizkörper, so das Motto des Unternehmens, kann alles herhalten.
„Solche Designwärmer bergen die Gefahr in sich“, so Architekt Aulinger, „zu dominant den Raum zu bestimmen. Jeder Bauherr sollte nicht außer Acht lassen, dass diese Dinger ja nicht flexibel sind und Anschlüsse brauchen“, gibt Aulinger zu bedenken. „Ich rate eher dazu, Heizkörper möglichst dezent als Schmuckelemente einzusetzen. Das sind Gebrauchsgegenstände, die durch zu aufgesetztes Design nur künstlich überladen wirken.“
Während solche Gustostückerln die klassische Heizungsform bewusst negieren, kann es jedoch ziemlich spannend sein, das Eigenmaterial und die Grundform der Heizungsröhren bewusst in das Design zu integrieren, wie es etwa die „Iguana Circo-Säule“ (Fa. Bongas) zeigt. Die coolen, mattengrauen Edelstahlkanten werden um eine Raumsäule eng herum gelegt, dadurch ergeben sich wie von selbst Strukturen ähnlich wie Kanneluren bei einer griechischen Säule, nur eben mit einem gehörigen Schuss Industrial-Appeal. Ideal für große Räume, für Kellergewölbe oder Dachwohnungen mit Stützpfeiler. „Die Registerstruktur von Heizungen“, findet auch Architekt Christian Aulinger, „kann sehr schön sein. Das sieht man an den alten, gusseisernen Heizkörpern, die im Zuge der Retrowelle ja derzeit sogar wieder ein Revival erleben.“

Alles wird warm

Heizung in Eisbärform? Da soll funktionieren? „Im Grunde geht alles“, so Heizungs-Fachmann Kersten Viehmann. „Wenn der Installateur weiß, wie weit welcher Raum erwärmt werden soll, berechnet er mit einem speziellen Computerprogramm den Wärmebedarf der Räume und kann die Zahl der benötigten Heizkörper damit bestimmen.“ Gewöhnlich empfinden die Menschen eine Raumtemperatur von 20 bis 22 Grad als angenehm, im Schlafzimmer reichen zwölf bis 15 Grad aus. Dabei müssen einige Parameter berücksichtigt werden, etwa die vom Hersteller angegebene Heizleistung der Radiatoren, die Isolation der Räume und nicht zu vergessen, das Außenklima: Eine digitale Wetterkarte errechnet die durchschnittlichen Tiefstemperaturen der jeweiligen Regionen in Österreich genau.
Weil Wärme vom Boden oder durch Heizstrahler von der Decke, wie Forschungen gezeigt haben, vom Mensch und Tier als unangenehm empfunden werden, werden heute besonders großflächige Wandheizkörper eingesetzt. „Es gilt dabei grundsätzlich eine Regel“, so der Architekt und Energiefachberater Christian Aulinger. „Je größer die Abstrahlungsfläche, also je regelmäßiger die Wärme verteilt wird, desto angenehmer wird das Raumklima von den Bewohnern – unter anderem wegen der höheren Luftfeuchtigkeit- empfunden.“ Das kann der Heizungsfachmann Viehmann nur bestätigen: „Wandheizungen, die wie Fußbodenheizung in die Wand verlegt werden, sind deswegen besonders gut. Sie sparen Energie, da der Raum bei einer viel niedrigeren Temperatur warm empfunden wird.“ Der Nachteil diese Methode: Sie ist sehr teuer und der Raum benötigt ein paar Stunden, bevor er warm wird. Und wie bekommt man nun keine kalten Füße?
„Am besten“, rät Aulinger, „ist immer eine Kombination aus beiden Systemen“. Und wem das zu teuer ist, der nehme sich folgende Tipps zu Herzen: Heizkörper nicht mit Möbeln verstellen, Fensterfugen abdichten, Jalousien runter, Türen zu, zehn Minuten Stoßlüften statt dauergekipptes Fenster, oder eben doch Überwintern in der Karibik. Wie sagt doch ein altes Sprichwort: „Wenn du über Deinen Schatten springst, landest Du im Licht und in der Wärme der Sonne.“



Brennende Fragen
Wo kann ich mich informieren?

Bei Fragen zu Energie und Design:
Dipl. Ing. Christian Aulinger (Architekturbüro Leopoldstadt), Architekt und Energiefachberater
Tel. 01-218 63 00 0
Email: aulinger@bbl.co.at

Technische Fragen
Bundesinnung der Installateure
www.shk.a

Wo gibt es welches Design?

Ausgewählte Hersteller für Heizkörper:
www.vasco.b
www.fondis.co
www.arbonia.c
www.kermi.d
www.zehnder-online.d

Heizobjekte nach Maß
www.lebendige-waerme.d (Bruno Beuttler)
www.ferrum.d (Ferrum Objekte)

Welche Systeme gibt es?

Fußboden- und Wandheizung sind die diskretesten, dafür aber teuersten Methoden, einen Raum zu erwärmen. Dabei wird wie beim klassischen Radiator in einem geschlossenen System Wasser erhitzt. Dabei gilt bei allen Systemen die Regel: Je größer die Abstrahlungsfläche, desto angenehmer wird die Wärme empfunden, desto energiesparender, desto mehr Luftfeuchtigkeit bleibt erhalten.

Zusätzlich werden im Privatbereich seit neuesten auch sogenannte Konvektoren eingesetzt, die in der abgehängten Decke installiert werden. Dabei wird nicht Wasser, sondern Luft erhitzt, die über ein Gebläse in den Raum geführt wird. Vorteil dieser Methode: Der Konvektor kann im Sommer auch als Klimaanlage verwendet werden und der Raum wird sofort warm. Nachteil ist dabei das gesundheitliche Risiko: Es herrscht immer ein leichter Zug und Hausmilben und Staub werden aufgewirbelt.

Erkundigen Sie sich bei den Ländern wegen Förderungen, halten Sie gewisse Energiewerte ein, steht Ihnen Unterstützung zu.

erschienen in H.O.M.E,09/02,S.88