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Von Antje Mayer.

Gut bezahlter Job im KHM frei

Hofrat Professor Doktor Wilfried Seipel, Direktor, nein Generaldirektor!, des Kunsthistorischen Museum in Wien –nebst Völkerkundemuseum und Theatermuseum und sonstigen Nebenstellen- wird Ende 2008, nach 18 Jahren Herrschaft, seinen Thron räumen müssen. Er hätte schon gerne noch länger mit allen seinen Titeln – höchstdotiert- darauf sitzen wollen.

Aber nun legte durch den Wahlsieg der SPÖ im vergangenen Jahr die ÖVP-Kulturministerin (und seine Freundin) Elisabeth Gehrer ihre schützende Hand nicht mehr über ihn und dann hatten die unerhörten Vorgänge im Haus halt auch einmal Konsequenzen. Gemeint sind der Raub der Fünfzig-Euro-Millionen-Saliera 2003, Ungereihmtheiten in den Bilanzen, insbesondere die gähnend leeren Kassen. Dass Seipel bis zu seiner Pensionierung Ende 2009 weiterhin als „Partner“ für das Museum zur Verfügung stehen will, klingt angesichts der desaströsen Zustände eher wie eine Drohung.
Für den Übergang wird man ihn jedoch noch brauchen, denn die Zeit bis zum Amtsantritt des oder der Neuen ist gerade mal ein wenig über ein halbes Jahr lang. Nicht zuletzt deswegen ist das so, weil Kulturministerin Claudia Schmied sich die Ernennung des neuen Direktors für den Frühsommer 2008 vorbehalten hat und das, obwohl am 1. Januar schon die Frist für Bewerbungen zu Ende ging. Wolfgang Zinggl, der Kultursprecher der Grünen, geht das alles viel zu langsam: "Weitere 15 Monate der Unfähigkeit und Verschwendung sind im größten und bedeutendsten Museum Österreichs nicht akzeptabel und jedenfalls kein Grund für Euphorie."
Grund für die Verzögerung scheint offensichtlich das Fehlen eines geeigneten Kandidaten zu sein. Anfang Januar hatten sich gerade einmal 12 Interessierte beworben, nach Verlängerung der Frist bis Ende Januar (und wohl nach „direkten indirekten“ Aufforderungen seitens des Ministeriums) waren es dann immerhin 21. In der Ausschreibung wurde eine «Persönlichkeit mit hoher internationaler Reputation und langjähriger Erfahrung in der Leitung eines Museums oder einer vergleichbaren Kulturinstitution» gesucht, eine «teamorientierte Persönlichkeit», die für das KHM «zeitgenössische Perspektiven und aktuelle Themensetzungen» finden soll. Auch eine «Attraktivitätssteigerung für Mäzene und Sponsoren» wird erhofft.
Nicht beworben haben sich, entgegen Gerüchten, Ronald de Leeuw vom Amsterdamer Reichsmuseum, auch Max Hollein hat keine Lust, denn der hat Spaß am Direktorposten der Frankfurter Schirn Halle und des Städel Museums. Martin Roth von der Staatlichen Kunstsammlung Dresden war mehrfach im Gespräch, aber er dementierte, auch Johann Kräftner vom Liechtenstein Museum winkte ab, genauso Albertinadirektor Klaus Albrecht Schröder, Agnes Husslein vom Belvedere oder Peter Pakesch vom Grazer Landesmuseum Joanneum.
Angeblich interessiert sei Christoph Becker, der Chef des Kunsthaus Zürich. Kolportiert werden außerdem der Brite David Ekserdjian (Londoner National Gallery Trustee), Gabriele Finaldi (Vizerektor des Prado Museums in Madrid) oder Nicholas Penny (National Gallery in Washington). Besonders Gerald Matt, Direktor der Kunsthalle in Wien, schon lange auf Ausschau nach neuen Herausforderungen, werden gute Chancen eingeräumt, schon allein wegen seiner Nähe zu SPÖ. Karl Schütz, Direktor der Gemäldegalerie des KHM, hat seine Bewerbung eingereicht. Außerdem könnte ausnahmsweise auch eine Frau und guten Kennerin des Hauses das Rennen machen: der KHM-Kuratorin und Kunsthistorikerin Sylvia Ferino-Pagden, die nach eigenen Aussagen auf der Liste der Bewerberinnen steht. In den vergangenen zwei Jahrzehnten war sie für den Großteil aller erfolgreichen Ausstellungen mit um die 350.000 Besuchern verantwortlich.
Es gibt am KHM übrigens noch eine Jobausschreibung, die das Haus vielleicht aus bekannten Gründen dringlicher bearbeiten wird. „Die Abteilung Rechnungswesen sucht zum ehest möglichen Eintritt einen geprüften Bilanzbuchhalter (m/w, Vollzeit). “



Kunsthistorisches Museum
Hauptgebäude
Maria Theresien-Platz
A- 1010 Wien
Tel. (+43 1) 525 24- 0


Dieser Text ist im Informationsdienst Kunst Nr. 400 am 17. April 2008 erschienen
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