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Alles hat einmal ein Ende und auch wenn man es ziemlich weit, wie der österreichische Künstler Bruno Gironcoli (Jahrgang 1936), herauszögert. Der ist nun zum Ende des Sommersemesters 2004 mit 68 Jahren als Professor für Bildhauerei der Akademie der Bildenden Künste erimitiert. Eigentlich wäre das für den schwerkranken Mann eine Freude, ist es aber nicht. Denn nun muss er sein Heim, einer der letzten Beamtenwohnungen der Akademie, räumen und mit seinen sieben Sachen in ein Privatapartment in den achten Wiener Bezirk übersiedeln. Von Antje Mayer.

Bruno Gironcoli muss seine sieben Sachen packen

Denn nun muss er sein Heim, einer der letzten Beamtenwohnungen der Akademie, räumen und mit seinen sieben Sachen in ein Privatapartment in den achten Wiener Bezirk übersiedeln. „Es ist alles furchtbar anstrengend für meinen Mann, aber wir können nichts machen“, so seine Frau Christine Gironcoli zum Informationsdienst Kunst resigniert: „Menschliche Aspekte spielen bei diesen Entscheidungen offensichtlich keine Rolle.“
Wenn es nur sieben Sachen wären, die Bruno Gironcoli nun wegräumen soll. Der hatte nämlich sein Bildhaueratelier seit 1975, als er in Wien seine Professur antrat, auch als Lager für seine riesigen Skulpturen gebraucht. Er hat über all die Jahre soviel angehäuft, daß es nun zu Ende seiner Dienstzeit ein veritables Problem darstellt, die ganzen Objekte irgendwo, bis Ende September, das ist seine ultimative Deadline, die ihm die Akademie gestellt hat, unterzubringen:
Neben Bildern, Zeichnungen, Modellen und Abgüssen hatte er dort unter anderem seine umfangreiche Afrika-Sammlung gehortet. „So könne man doch nicht mit einer der wichtigsten Bildhauer Österreichs seiner Generation umgehen“, ereiferten sich just ein paar Leute aus der Szene. Viele Studenten plädierten dafür, Gironcoli doch in Würde seinen Lebensabend genießen zu lassen.
Alles sei in gegenseitigem Einvernehmen geregelt worden, verlautet hingegen seitens der Akademie, die ihrerseits dezent hinzufügt, dass man in den vergangenen Jahren gegenüber Herrn Professor Gironcoli ohnedies über Gebühr milde reagiert hätte, unter anderem wegen dessen schweren Krankheit, die seinen Unterricht so gut wie gänzlich einschränkte. Nun aber müsse das Lehrleben weitergehen, müsse Platz gemacht werden für einen neuen Nachfolger und neu adaptierte Bildhauerklassen.
Die Bewerbungsverfahren sei schon im Laufen. In der Endauswahl, die nach der nächsten Uniratssitzung Ende September erfolgt, seien folgende Künstler. Michael Elmgreen & Ingar Dragset, Manfred Pernice, Hans Schabus, Hans Kupelwieser, Ceal Floyer und Uli Aigner.
Ob Christine und Bruno Gironcoli die Frist einhalten können, steht bisweilen in den Sternen. Die Gattin ist optimistisch, kann aber nichts garantieren. Auf der Wiener Donauplatte im Event- und Veranstaltungszentrum („Gironcoli-Kristall“) des neuen Hochhauses der Bau Holding Strabag AG hat der Vorstand Hans Peter Haselsteiner nun immerhin insgesamt 13 Leihgaben untergebracht. Und dann kam im allerletzten Moment die Lösung mit dem Gironcoli-Museum in Herberstein in der Steiermark.
Seit den 90er-Jahren haben sich knapp ein Dutzend Projekte für einen Gironcoli-Ausstellungsraum zerschlagen, prominent darunter der geplante Standort in Bad Bleiberg im österreichischen Bundesland Kärnten, in dem der Künstler geboren ist.
Das neue Museum in Herberstein wurde von Architekt Hermann Eisenköck geplant. Eine Scheune aus dem Jahr 1594 wird mit einer modernen Glas-Stahl-Kunststoffkonstruktion ergänzt, in der rund 30 Werke Bruno Gironcolis auf 2.000 Quadratmetern zu sehen sein werden. Außerdem wird in Herberstein auch die private Afrika-Sammlung Bruno Gironcolis erstmals der Öffentlichkeit gezeigt, die 423 afrikanische Masken und Fetische umfasst, die der Künstler in den vergangenen 15 Jahren gesammelt hat.
„Obwohl glühender Afrikafan hat er selbst nie den Wunsch verspürt nach Afrika zu reisen!“, steht auf der Museums-Website zu lesen. „Es genügte ihm, diese Kunstwerke unterschiedlichster Herkunft zu besitzen, sie vor allem um sich zu haben. Seine Sammlungskriterien waren ausschließlich subjektiv. Oft lag sein Interesse an einem Detail eines Objektes, oft war es die Atmosphäre, die es ausstrahlte. Einige der Figuren und Masken ‚korrigierte’ Gironcoli sogar, indem er Teile weggeschnitten hat oder sie neu bemalte.“ Das Museum wird am 24. September 2004 eröffnet.



erschienen im Informationsdienst Nr.306/ Jul.04, S.9ff