Aktuell *Ost Über Uns Archiv Impressum English




„Entweder bekommen wir mehr Geld oder wir schließen den Laden", drohte Elisabeth Thoman, Leiterin des Kunstraum Innsbruck, den Stadtvätern vergangenen Sommer. Die gaben nicht nach und schon gar nicht mehr, sondern sogar weniger. Aber ein Aus der renommierten Kunstinstitution konnte dann letztlich doch noch verhindert werden. Die Lösung? Ein neuer Mann wurde vom Verein an der Spitze gewählt: Stefan Bidner (Jahrgang 1966) Von Antje Mayer.

Kunstraum Innsbruck

Der studierte Kunsthistoriker, Musiker und Kurator (Medien.Kunst.Tirol), der ebenso für seine Begeisterungsfähigkeit wie Bodenständigkeit bekannt und beliebt ist, musste freilich erst einmal rationalisieren. Selbst Geschäftsführer spielen, nicht wie bisher mit Gastkuratoren, das Programm auf die Füße stellen und die hohen Mietkosten verringern, indem er den Kunstraum teilte. In einem Bereich residiert nun die Galerie Thoman „streng getrennt“ vom Rest. Selbst aus dem Vorstand hat sich Elisabeth Thoman „für die gute Optik“ zurückgezogen.
Mit dem Generationenwechsel bekommt der Kunstraum Innsbruck, der sich bisher eher solide und „klassisch“ zeitgenössisch gab, auch programmatisch ein vollends neues Gesicht. Jünger wird er, spartenübergreifender, populärer, hipper und durch den neuen Leiter sicher auch ein wenig mehr aus dem Bauch heraus. Bidner: „Das Programm ist naturgemäß stark von den Leuten geprägt, die ich persönlich kenne. Das Jahr 2004 widmete er somit ganz der Frauenpower: Am 16. Juli startet eine Ausstellung mit der in New York lebenden palästinensischen Künstlerin Emily Jacir (bis 30.9.), dann folgt Sylvie Fleury (von 29.10. - 7. 12 2004), schließlich Elke Krystufek (17. 12. – Februar 2005). Für nächstes Jahr sind Altbekannte wie Wolfgang Tillmans, Sarah Lucas oder Christoph Schlingensief angefragt.

Am 26. März wurde auch der Startschuss für den neuen Projektraum für Junges und Experimentelles gegeben. Das ist ein autonomer Bereich innerhalb des Kunstraum Innsbruck, den der documenta XI-Architekt Wilfried Kühn mit dem Architektenkollektiv "ckittipippi - Freunde des Städtebaus" (Innsbruck) gestaltet. Eine Mixtur aus Wohnzimmer, Audioroom mit Bühne, Bibliothek, Videothek, Internet und Soundarchiv. Dort geht es bis Ende Juni um den „soziographischen Blick“ mit zig Vorträgen, Musikveranstaltungen und Performances: unter anderen die Wiener Akademieklasse von Peter Kogler, der französische Extrem-Performer Jean-Louis Costes, der Kulturtheoretiker Diedrich Diederichsen oder der so genannte „Club Rus“, ein Musikclub des russisch-österreichischen Künstlertrios Anna Ceeh (RUS), Alla Edmabny (RUS) und Franz Pomassl (A). „Ich würde mir wünschen“, so Stefan Bidner, „dass der Kunstraum Innsbruck zu einer Art sozialen Mobile mutiert“. Den (frischen) Wind dazu, so scheint’s, hat sich der neue Leiter selbst schon ins Haus geweht.



erschienen in Kunstzeitung Nr.92/Apr.04, S.4
> Kunstraum Innsbruck