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„Angefangen hat es mit Kostümparties, Modeperformances, neu vernähten bunten Secondhand-Klamotten, alte Krawatten auf denen wir „so busy“ schrieben oder Trachtenröcke, auf die wir „wild“ druckten. Am Beginn beflügelte uns das Interesse am Thema Kleidung und der Spaß, Farbe in den bitterernsten Modealltag der Neunziger zu bringen. Alle rannten damals in schwarzen und grauen Klamotten á la Helmut Lang herum. Diese modische Coolness fanden wir reichlich langweilig“, erzählt die Österreicherin Jasmin Ladenhaufen (1972). Von Antje Mayer.

Mode oder Kunst?

Die Wiener Modeplattform Boutique Gegenalltag

Sie gründete 2002, zusammen mit der Schweizerin Cloud Baumgartner (1971), die Wiener Modeplattform boutique gegenalltag. Inzwischen führt sie sie allein und weiß bis heute nicht, ob ihr Projekt nun mehr mit Kunst oder mehr mit Fashion zu tun hat. Immerhin kommt Jasmin Ladenhaufen nicht von der Mode, obwohl sie ab und zu welche gestaltet, sondern vom Mediendesign, das sie bei Peter Weibel an der Universität für Angewandte Kunst in Wien studiert hat.
Seit vergangenem Jahr verfügt die boutique gegenalltag immerhin über eine echte „Boutique“; ein neu gestaltetes Ladenlokal im Quartier21 des Wiener Museumsquartiers, das ihr die jungen Architekten SalviBüttner hinstellten. Dort veranstaltet sie Events, Lesungen und Modeschauen, dort steht ihr Computer und verkauft sie unter wechselnden Motto Kleider junger Designerinnen (MANGELWARE, milch, unartig, ulliKo etc.). Zur Eröffnung Anfang Juni 2005 hatte sie nur weiße Klamotten im Laden, momentan werden private Kleidersammlungen gezeigt, deren Teile gekauft werden können, anschließend sollen die Themen „Ein Label ein Kleid“ und „Mode made in Sofia“ folgen. „Kommerziell ist mein Geschäft nicht“; so Ladenhaufen, „dann müsste ich viel mehr anbieten und das in allen Kleidergrößen.“
In der Anfangszeit war die boutique gegenalltag eher ein temporäres und mobiles Gebilde, das von einer Kulturveranstaltungen zur anderen tingelte, etwa mit der legendären „Knie-Revue“. Eine Modeschau, bei der die Knie der Models mit Gesichtern bemalt waren und die Mode nur an den Waden hing. Solche Experimente sind Ladenhaufen nach wie vor wichtig. Am 3. März 2006 etwa gibt es bei ihr das –sicher nicht ganz ernste - Referat Mozart 2006 des Künstlerpaars Deutschbauer/Spring zu hören und sehen. Auch die Demokratische Modeschauen soll in unregelmäßigen Abständen weiterhin gezeigt werden: „Die sind sehr lustig. Ich hole die Leute, im wörtlichen Sinne, direkt von der Straße, lassen sie bei mir im Geschäft etwas aussuchen und dann gleich auf den Laufsteg. Die Menschen machen begeistert mit und sind unglaublich selbstbewusst auf der Bühne.“
Ein kommerzielles Standbein aber hat Jasmin Ladenhaufen schon: den Modepalast, den sie weiterhin mit ihrer Ex-Partnerin Cloud Baumgartner organisiert. Die Verkaufsschau für junge Designerinnen und Mode-Autodidakten, „von denen es in Wien, der Stadt des sich Präsentierens, wirklich Hunderte gibt“, so Ladenhaufen findet heuer zum dritten Mal vom 27.-30. April 2006 im Quartier21 statt.
„Junge, kommerziell orientierte Modelabels finden in Wien eher mal eine Möglichkeit zum Verkaufen, sie werden teilweise auch gut von der Wiener Modeplattform unit-f unterstützt, aber die nicht-kommerziellen und experimentellen Geschichten haben es schwer, auch mal Geld zwischendrin zu machen“, so Ladenhaufen. „Solche Events wie der Modepalast stellen eine echte Marktlücke dar. Wir haben uns seit vergangenen Jahr immerhin verdoppelt. Siebzig Teilnehmer sind inzwischen mit dabei und die verkaufen alle sehr, sehr gut.“




Dieser Artikel ist in der Kunstzeitung 3/2006 erschienen.