Aktuell *Ost Über Uns Archiv Impressum English




Von Antje Mayer.

Spitzhacke gegen Kiefer Kubus in Salzburg

Kunst im öffentlichen Raum hatte noch nie einen leichten Stand in Salzburg. Kaum ein Jahr vergeht, in dem nicht ein paar streitbare Bürger ihrer Angst vor Zeitgenössischem in ihren barocken Gässchen lautstark Ausdruck geben. Manche sind so verängstigt, dass sie, ob dieser großen Gefahr für Leib und Seele, -wie kürzlich- sogar mit dem rüden Einsatz einer Spitzhacke drohen. Handgreifliche Spektakel dieser Art freuen wiederum das auflagenstarke Boulevardblättchen Kronen Zeitung, die dann mit entsprechenden Kampagnen gerne Öl ins Feuer der -angeblich allgemeinen- Entrüstung gießt.

Aber von vorne. Der Anstoß für den neuesten Ärger ist das Projekt A.E.I.O.U. von Anselm Kiefer, ein Kubus im Furtwänglerpark gegenüber des berühmten Festspielhauses. Das Kunstwerk („Kultur-Bunker“, Kronen Zeitung) ist der erste von bisher insgesamt sechs Objekten, die die private Initiative Salzburg Foundation (Hauptsponsor: Credit Suisse Deutschland) seit 2002 auf den Plätzen Salzburgs realisiert hat. Der Park wird derzeit von einem Landschaftsarchitekten umgestaltet. Nach dessen Wunsch soll der Kiefer Kubus um zwanzig Meter nach rechts verlegt werden, was mit Kosten über 100.000 Euro verbunden ist, was aber niemand, weder die Stadt, noch die Foundation, noch der Künstler freilich, zahlen wollen. Manche Bürger packten die Gelegenheit beim Schopfe und plädierten überhaupt für die Eliminierung des „Fremdköpers (Kronen Zeitung). Walter Smerling, künstlerischer Leiter der Salzburg Foundation, (außerdem Direktor des Museum Küppersmühle für Moderne Kunst in Duisburg und Vorsitzender der Stiftung Kunst und Kultur Bonn e.V.), wundert sich: “Es wäre vielleicht sinnvoll, die Pflanzung eher nach dem Kunstwerk zu richten und nicht andersherum.“ Und er ärgert sich: „Diese Herabwürdigungen durch manche Bürger und Kommunalpolitiker gegen den Künstler und sein Werk erinnern mich an böse Zeiten. Begriffe wie „’Müll’ und ‚Unrat’ entsprechen nicht unserer Vorstellung von einer Diskussion auf Augenhöhe. Wir haben uns der Stadt vor sechs Jahren nicht aufgedrängt, wie jetzt der Eindruck vielleicht entstehen mag, sondern wurden ausdrücklich – mehrfach - gebeten, dieses Projekt für Salzburg zu realisieren.“
Ob er sich von der Politik in Stich gelassen fühlt? „Wir sind zuversichtlich, dass sich die Aufregung legen wird, denn die schweigende Masse, das ist die Mehrzahl der Bürger, auch die politischen Entscheidungsträger, wie der Bürgermeister Heinz Schaden oder die Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, sind diesem Projekt positiv gegenüber eingestellt. Die Angriffe, auch gegen seine eigene Person („Unverehrter Herr Smerling“) seien Ergebnis einer „erschreckenden Uninformiertheit“.
„Ich habe festgestellt, dass die Bürger nicht einmal wussten, dass dieses Projekt nicht von Steuern finanziert wird, sondern von ausschließlich privaten Geldern.“ Auch sei bei den anderen Projekten von Mario Merz, Marina Abramovic, Markus Lüpertz, James Turrell und Stephan Balkenhol alle Vorschriften und Genehmigungsverfahren eingehalten, so Smerling. „Als ich die Kritiker fragte, ob sie denn überhaupt schon im Kiefer Pavillon drinnen gewesen wären, verneinten jene.“ Eine Lehre für die Salzburg Foundation, die nun „in die Offensive“ geht und an Wochenenden Führungen zu den Objekten, dem “Way of Modern Art“, gibt. Am 10 März 2008 findet im Landesstudio Salzburg außerdem eine öffentliche Diskussionsveranstaltung zum Thema in Anwesenheit Walter Smerlings statt.
Smerling: „Das Projekt ist auf zehn Jahre ausgelegt, das heipt jährlich ein Künstler im öffentlichen Raum. Ich bin optimistisch, wir werden das durchziehen. Am 25. Juli 2008 um 11 Uhr eröffnen wir am Makartplatz das siebte Werk: Anthony Craggs Projekt ‚Cauldron’. Ich freue mich darauf.“



Der Text ist erschienen im Informationsdienst Kunst, Nr. 397 am 6. März 2008

> stiftungkunst.de > Informationsdienst Kunst-