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Bereits über 120 Fälschungen von Nitsch bis Weiler beschlagnahmt. Alte Gemälde falsch signiert. Zehn bis zwanzig Fälschungen, darunter ein Arnulf Rainer und ein Otto Mühl noch im Umlauf! Von Antje Mayer.

Großer Bilderfälscher-Skandal in Österreich

Arnulf Rainer auf dem Flohmarkt

120 gefälschte Werke sind bereits in Österreich beschlagnahmt worden. Die Ermittlungen laufen momentan auf Hochtouren. Ein 42jähriger Verdächtiger aus dem 2. Wiener Bezirk, der als „Kunsthändler“ die Doubles verzockte, sitzt seit ein paar Wochen schon in Haft. Das er Werke solcher Provenienz überhaupt auf Flohmärkten in ganz Österreich und das auch noch zu Spottpreisen, verzocken konnte, zeugt von der Naivität so mancher Käufer. „Sie wurden um weniger als die Hälfte des Marktpreises verkauft“, erklärt der Ermittler Johann Thanmayer vom Kriminalamt Niederösterreich (Außenstelle St. Pölten) gegenüber ID: Werke aus den Siebzigern von Arnulf Rainer, eine dreiteilige Arbeit bestehend aus einer Fotografie, einem Buch und einer Zeichnung von Herman Nitsch, Gemälde von Max Weiler, Franz Ringel, Hans Staudacher, Siegfried Anzinger, Gunter Damisch, Hubert Schmalix, Franz Ringel, Maria Moser und Gugging Künstler, die seien, so die Aussage des Verdächtigen, „besonders fälschungstauglich“.
Summa summarum: Hier hat man einmal die österreichische Kunstgeschichte rauf und wieder runter gefälscht. Des Betrügers „Mitarbeiter“, seines Zeichens „Hobbymaler“, der die „schlecht gemachten Repliken“, so die Einschätzung der Wiener Rainer-Galeristin Gabriele Wimmer, nach Katalogen herstellte, ist derweil „angezeigt auf freiem Fuß“.
Besonders pikant dieser Umstand, wie die Salzburger Nachrichten vermerken, da erst in Innsbruck ein großer Kunstfälscherprozess zu Ende gegangen sei, in dessen Verlauf eine Händlerin freigesprochen wurde. Durch den Verkauf gefälschter Richard Gerstls und Jean Eggers an private und öffentliche Sammler, hatte jene Schaden in Millionenhöhe angerichtet. Mangels Beweise wurde sie jedoch freigesprochen.
Die zwei Täter im aktuellen Fälscherskandal haben jedenfalls zusammengearbeitet, meint Ermittler Thanmayer. Nun wurde außerdem bekannt, dass jene alten Landschaftsgemälde aus der vergangenen Jahrhundertwende mit Unterschriften etwa von Alfons Kaufmann (1848-1916) und Ernst Huber (1895-1960) „aufgebessert“ wurden. Der bis dato bekannte Schaden wird, laut Ermittler Johann Thanmayer, auf mittlerweile 50.000 Euro geschätzt.
Wieviel Fälschungen noch im Umlauf sind, ist derzeit unklar. „Es dürften noch circa 10 bis 20 gefälschte Werke sein“, so Thanmayer. „Wir haben jetzt einen falschen Rainer in Verwahrung. Somit dürfte mit ziemlicher Sicherheit ein Zweiter im Umlauf sein und auch halbwegs sicher ein Otto Mühl. Wir können auch davon ausgehen, dass noch Werke mit nachträglich angebrachten falschen Signaturen kursieren."
Einige Käufer scheint es besonders hart getroffen zu haben. Viele erstanden mehr als ein Dutzend solcher „Schnäppchen“. „Ich habe mit solchen Leuten nicht das geringste Mitleid“, ärgert sich Gabriele Wimmer, „Wer auf einem Flohmarkt einen Rainer kauft, der ist dem zwielichtigen Milieu zuzuordnen. Mir ist dieser Skandal als seriöse Händlerin jedenfalls herzlich egal. Ich habe mit solchen Kunden ohnehin nichts zu tun. Für die Künstler ist es allerdings bitter.“

Ob nun weltberühmt oder nicht: Künstler, wie der österreichische Übermaler Arnulf Rainer (Jahrgang 1929), haben offensichtlich im Land immer noch einen zweifelhaften Ruf. Die Oberösterreichischen Sicherheitsbehörden zeigten wenig Reaktion, als der in einer Linzer Galerie (das Bild ist derzeit noch im Umlauf) und im Linzer Dorotheum (das Werk ist bereits in Verwahrung) eine Rainer-Fälschung identifizierte und den Fall im heurigen Sommer zur Anzeige brachte. Ein Linzer Antiquitäten-Händler hatte ihm ein Bild zur Prüfung vorgelegt und so die Sache ins Rollen gebracht: „Die Linzer Staatanwaltschaft hat geschlafen und das Verfahren eingestellt“, empört sich Gabriele Wimmer gegenüber ID. „Es kamen sogar Zweifel an der Urteilsfähigkeit des Künstlers auf“, bestätigt die Galeristin.

Diese Einschätzung, ob vorstellbar oder nicht, liegt jedenfalls nicht im Urteilsbereich der Behörden. Seit dem Attentat auf seine Bilder in der Wiener Akademie (1994), gilt der Star in der Szene nämlich „sogar gegen enge Bekannte und Mitarbeiter zuweilen als ungewöhnlich argwöhnisch und paranoid“, wie ein ehemaliger Rainer-Mitarbeiter dem ID gestand. Es soll vorgekommen sein, dass der Künstler vor den Augen der Besitzer vermeintliche Rainer-Fälschungen zerriss.

Er wird es freilich am besten wissen. Vor 15 Jahren in einer Salzburger Galerie war immerhin schon einmal eine Rainer-Replike aufgetaucht. Die Galeristin Gabriele Wimmer spricht gar von „zwei Meter Akten zu Rainer-Fälschungen“ in ihrem Büro, die die Staatsanwaltschaft derzeit nicht aktiv betreut.

Wie auch immer: Das Misstrauen, des derzeit auf Teneriffa weilende Arnulf Rainers, war in diesem Fall berechtigt: Durch seine Anzeige gab er entscheidende Hinweise zu dem, sich mittlerweile groß ausgewachsenem Fälschungsskandal.

Bei Hinweisen bitte melden beim Kriminalamt Niederösterreich Außenstelle
St. Pölten Tel. +43-2742 – 35 43 11 – 218 (Herr Thanmayer)



Bei Hinweisen bitte melden beim Kriminalamt Niederösterreich Außenstelle, St. Pölten, Tel. +43-2742 – 35 43 11 – 218 (Herr Thanmayer)
erschienen im Informationsdienst Nr.167/19.Dez.02,S.16