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Von Antje Mayer.

Neuer Leiter an der Kunsthalle Bern

Philippe Pirotte will frischen Wind in die Schweizer Hauptstadt bringen

Die Kunsthalle Bern ist ein legendärer Ort oder besser war ein legendärer Ort. Nicht zuletzt, da dort fast die ganzen Sechziger Jahre hindurch der aus Bern gebbürtige Harald Szeemann für Wind sorgte. Bahnbrechend gilt noch heute seine Ausstellung „When Attitudes Become Form“ (1969). Zuletzt jedenfalls war es reichlich ruhig um den traditionsreichen Ausstellungsort in der Schweizer Hauptstadt geworden.
Seit Jahresbeginn soll nun Direktorennachwuchs aus Belgien für eine Frischzellenkur an der Aare sorgen, auf dass, so die Hoffnung, der „großen Schwester“ Zürich im Sachen zeitgenössischer Kunst endlich ein wenig Paroli geboten werde. Philippe Pirotte heißt der neue Leiter der Kunsthalle Bern. Sein Vertrag geht ein Jahr, dann wird er um noch eines verlängert, dann um zwei, maximal auf sieben Jahre. Ein seltsamer Kontrakt, aber Pirotte ist ein eher unbeschriebenes Blatt, mit Jahrgang 1972 zudem außergewöhnlich jung. Gute Erfahrungen dürften die Stadtväter mit dieser Praxis haben. Szeemann war, als er an der Kunsthalle 1961 antrat, gerade mal 28 Jahre alt.
„Ich hoffe, dass ich die –unter anderem durch die große Konkurrenz und den Wegzug vieler Künstler- brachliegende Kunstszene in Bern wieder etwas beleben kann“, ist Pirotte optimistisch. „Die Kunsthalle international wieder ein bisschen berühmt zu machen, wäre freilich ein Traum“ Ersteres will er mit Kooperationen mit anderen Kunstinstitutionen vor Ort erreichen, Symposien und Diskussionen über die lokale Szene über das Jahr verteilt und zweiteres durch ein Ausstellungsprogramm, das Pirotte als einen Kenner und Feinspitz ausweist. Kein Mainstream, sondern Künstler, nicht unbedingt nur junge, die für gewisse Haltungen in der zeitgenössischen Kunst stehen: Anne-Mie Van Kerckhoven, Corey McCorkle, Gaylen Gerber oder Ivan Grubanov hat er 2005 auf sein Programm gestellt. „Ich will nichts Modisches, und es interessiert mich auch nicht, Kunstausstellungen mit regionalen Schwerpunkten a la Biennale zu machen. Biennalen und Kunstmessen werden sich doch immer ähnlicher. Ich weiß, dass mein Programm nicht immer auf Gegenliebe in Bern stoßen wird, aber ich werde meine Haltung offen zu verteidigen wissen. Meine Stärke ist sicher meine kommunikative Ader“, meint Pirotte selbstbewusst. „Bei allem gedenke ich, nie die Berner Öffentlichkeit zu unterschätzen.“ Deutsch lerne er im übrigen auch gerade, das wäre nämlich Bedingung für den Job gewesen und die Website der Kunsthalle werde auch völlig neu gestaltet.
Seinen Geschmack hat sich der studierte Kunsthistoriker als Mitbegründer und künstlerischer Leiter des Kunstraums objectif_exhibition in Antwerpen angeeignet, wo er bis dato auch lebte. Zudem agierte Pirotte unter anderem als Berater der Rijksakademie in Amsterdam, als Gastdozent an den Universitäten von Gent, Maastricht und Amsterdam. Als Kritiker veröffentlichte er regelmäßig in Tema Celeste oder KunstNu.



Artikel erschienen in Kunstzeitung Nr. 2/2005
> Link:Kunstzeitung > Link:apexart.org/Phillippe Pirotte- > Link:Kunsthalle Bern- > Link:Harald Szeemann- > Link:art-in.de/Ausstellung Bern/Anne-Mie van Kerckhoven- > Link:Artfacts.Net/Corey McCorkle- > Link:Kunstaspekte:Gaylen Gerber- > Link:Ivan Grubanov-