Aktuell *Ost Über Uns Archiv Impressum English




Das Who-is-Who der internationalen Kuratorenszene wurde im Februar dieses Jahres ins kalte Moskau vom russischen Kulturministerium zur Konferenz „The Major Project for Russia. Problems and Perspectives“ geladen. Harald Szeemann, Germano Celant, René Block, Robert Storr, Francesco Bonami, auch Hans-Ulrich Obrist schneite - wie gewohnt in Eile - zwischendrin mal rein. Diskutiert wurde in der illustren Herrenrunde bei Wodka und sauren Gurken die Sinnhaftigkeit eines kulturellen Großprojektes, das die Kunstszene in Russland in Zukunft nachhaltig verändern soll: Eine erste Biennale für zeitgenössische Kunst in Moskau, nach dem Vorbild von Venedig und Kassel. Von Antje Mayer.

2004 Biennale für zeitgenössische Kunst in Moskau

Im Herbst 2004 (September bis Oktober) soll sie nun stattfinden. Joseph Backstein, derzeitiger Direktor des Moskauer Instituts für zeitgenössische Kunst und Victor Misiano, russischer Kunsttheoretiker und Kritiker, werden als Chefkuratoren fungieren. Sponsoren wurden bereits aufgestellt und das Kulturministerium hat die Grundfinanzierung garantiert.

Große Überraschungen kann man angesichts des Programms vorerst einmal nicht erwarten. Die übliche Mischung aus Alt und Jung, bekannt und entdeckt, soll für möglichst viel Breitenwirkung, besonders beim russischen Publikum sorgen. Dass Künstler aus der ganzen Welt geholt werden sollen, „nicht nur aus den USA und Europa“, gehört inzwischen zum guten (Biennale-)Ton. Der geplante Asienschwerpunkt ist obligatorisch. Mehrere namhafte, noch nicht bekannt gegebene, Kuratoren verschiedener Generationen sollen bestellt werden, eine bisher noch unbekannte Zahl an Künstlern auszuwählen und ihre Werke in Einzelausstellungen oder im öffentlichen Raum zu präsentieren. Klingt soweit bekannt. Für Russland, wo sich gerade einmal mit Ach und Krach ein Markt und ein Verständnis für zeitgenössische Kunst entwickelt, aber ein gewaltiger Schritt.

Was für Besucher aus Westeuropa spannend zu werden vermutet, ist der Plan, auch russische Künstler fern der Zentren Petersburg und Moskau, aus der „russischen Provinz“ von Nischni Novgorod bis Sibieren zu präsentieren. Ganz in der Tradition der russischen Kunst des 20. Jahrhunderts, liegt außerdem das Interesse von Backstein und Misiano, interdisziplinäre Arbeiten zu zeigen, die die Bereiche Theater, der Architektur oder Musik streifen. Stattfinden wird die Biennale unter anderem im Zentralen Haus der Künstler, in der Tretjakov Galerie, im Architekturmuseum, im Moskauer Haus der Fotografie, im Moskauer Zentrum für Kunst und auf den Moskauer Straßen.

Wenn, ja wenn alles klappt. Die von der russischen Bürokratie gebeutelten Kuratoren üben sich offensichtlich noch in gewisser Zurückhaltung und lassen wissen: „Das Kulturministerium plant das Event ohne lange Verzögerung im Herbst starten zu lassen.“ Russischer kann man einen Terminplan nicht formulieren.



erschienen im Informationsdienst Nr.283/Aug.03,S.10ff
> Infos