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Von Vladan Šír .

Wo steht die mittel- und osteuropäische Kunst?

Tranzit veranstaltete Ende 2005 ein Symposium in Prag. Die bisher größte und ambitionierteste Veranstaltung dieser Art in Tschechien.

Tranzit veranstaltete Ende 2005 ein Symposium in Prag. Die bisher größte und ambitionierteste Veranstaltung dieser Art in Tschechien.

„Authentische Strukturen“ hieß das Symposium, das tranzit in Zusammenarbeit mit dem Museum of Modern Art New York und dem Goethe-Institut Prag vom 8. bis zum 12. Dezember 2004 in Prag abhielt.

Die Organisatoren hatten sich das ehrgeizige Ziel gesteckt, nicht weniger als die Frage „Wo stehen wir heute?“ für die mittel- und osteuropäische Kunst zu beantworten. 15 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer und der damit eingeleiteten Annäherung zwischen „Ost“ und „West“ bemühen sich die Kunstszenen im europäischen „Osten“ scheinbar immer noch um eine Klärung der Verhältnisse und die eigene Positionierung. Im Gegensatz zu dem schizophrenen Nebeneinander von „offiziellen“ und „inoffiziellen“ Szenen über weite Teile des 20. Jahrhunderts konnte das „westliche“ Gegenüber eine lange Zeitspanne ohne Unterbrechung durch ein repressives Regime genießen.

Auf wirtschaftlicher Ebene funktioniert der Zusammenschluss der 15 alten EU-Mitglieder und der zehn neuen Beitrittsländer aus dem „Osten“ scheinbar reibungslos. Doch immer noch gibt es eine tiefe kulturelle und politische Kluft – wie die US-amerikanische Politik des „Alten“ und „Neuen Europa“ verdeutlicht. Das Symposium suchte daher nach Antworten auf die zentrale Frage, ob im vergangenen Jahrzehnt tatsächlich eine kulturelle Annäherung zwischen „Osten“ und „Westen“ stattgefunden hat.

Insgesamt dauerte die Veranstaltung fünf Tage. Im ersten Abschnitt wurden persönliche Berichte von Künstlern und Schriftstellern präsentiert, die auf ihre Erfahrungen während des repressiven Regimes zurückblicken (Titel: „Erinnerungen und Erlebnisse“). Es folgte eine Reihe von Vorträgen von maßgeblichen mittel- und osteuropäischen Kunstschaffenden und Theoretikern („Interpretationsstrukturen“).

Die Fragestellungen reichten von „Hat der Begriff ‚Osteuropa‘ außerhalb seiner historisch-politischen Definition einen Sinn?“ bis zu „Wie können sich zeitgenössische Künstler in der jüngeren Geschichte ihres Landes oder ihrer Region orientieren?“ Zudem standen Filmvorführungen einschließlich Atelierbesuchen auf dem Programm des Symposiums.

„Authentische Strukturen” stand auch in Zusammenhang mit der Publikation „Primary Documents: A Sourcebook for Eastern and Central European Art since the 1950s“ des Museum of Modern Art, New York. Dieses 2002 vom tschechischen Kurator und Theoretiker Tomáš Pospiszyl mitherausgegebene Buch liefert einen Überblick über wichtige Strömungen in der mittel- und osteuropäischen Kunst und Kritik seit den fünfziger Jahren.



Artikel erschienen in: REPORT. Magazin für Kunst und Zivilgesellschaft in
Zentral- und Osteuropa,Oktober 2004
> Link: REPORT online > Link: tranzit- > Link: MOMA, Museum of Modern Art (US)- > Link: Goethe Institut, Prag (CZ)-