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Von Antje Mayer.

Secessionpräsidentin vor der Abwahl

Holub fühlt sich ungerecht behandelt

Nun hatte die altehrwürdige Künstlervereinigung Secession in Wien erst im vergangenen Jahr eine veritable Krise durchgemacht, nun steckt sie offensichtlich in einer noch größeren. Seit ein paar Wochen ist der Vorstand der Secession nicht mehr beschlussfähig, aber nach Aussage der amtierenden Präsidentin Barbara Holub, immerhin „noch handlungsfähig“. Acht Mitglieder des 14-köpfigen Vorstands sind zurückgetreten: Eva Schlegel, Sabine Bitter, Werner Reiterer, Christoph Hinterhuber, Johanna Kandl, Ingeborg Strobl, Thomas Baumann und Christian Teckert. Eine Revolte gegen die seit einem Jahr amtierende Präsidentin Barbara Holub, die zurzeit mit einem Rumpfvorstand der Schriftführerin Anna Meyer, Kassier Martin Walde, sowie Nicolas Jasmin, Flora Neuwirth und Rita Vitorelli das Tagesgeschäft aufrechterhält.
Für Außenstehende irritierend: Eben jene Aufwiegler wollen Holub nun loswerden, die sie erst vor gut einem Jahr unter erbitterten Widerstand von Kollegen durchgesetzt hatten und auch den Austritt namhafter Mitglieder in Kauf nahmen: etwa den des, damals tief gekränkten, Ex-Präsident Matthias Hermann oder der des öffentlich gemobbten Präsidentschafts-Kandidaten Marco Lulic. Auch bekannte Künstler wie Hans Weigand, Markus Geiger, Hans Kupelwieser oder Heimo Zobernig gaben ihre Mitgliedschaft auf und zeigten sich über die Vorgänge in der Secession in einem Rundschreiben „tief besorgt“. Man sah zu jener Zeit den guten Ruf des Hauses angesichts des von Holub angekündigten „neuen Fokus auf seine Mitglieder“ und die „Off-Szene“ gefährdet. Die neue Präsidentin „verwechsle Diskurs mit Diskussion“. Anders ausgedrückt. Man gewann den basisdemokratischen Bestrebungen der Aufwiegler, deren Initiatoren damals und auch heute vor allem Sabine Bitter und Werner Reiterer sein dürften, nicht viel ab.
Fazit nach einem Jahr: Mit geänderten Vereinsstatuten erreichten die Protestler zwar größeres Mitspracherecht der immerhin über zweihundert Mitglieder, auch flachere Hierarchien, aber eben nur auf dem Papier. In der Praxis zeigte sich, dass -wie befürchtet- basisdemokratische Strukturen wohl noch mehr Öl ins Feuer der Eitelkeiten und Machtbestrebungen einzelner Künstler schütteten. „Ein Verein wie die Secession kann nicht von einem Tag auf den anderen basisdemokratisch geführt werden, Massnahmen der Veränderung müssen behutsam gesetzt und im Vorfeld auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden“, stellt Holub nach einem Jahr Amtszeit fest, die nach eigenen Aussagen bisher – abgesehen von einem einzigen anderen Medium - nur vom „Informationsdienst Kunst“ zu den Vorgängen persönlich befragt wurde: „Meine Mitarbeiter bekamen von diversen Vorstandmitgliedern Anweisungen, die mit mir nicht abgesprochen wurden, was zur Desorientierung der MitarbeiterInnen führte und alle belastete.“
Holubs Kritiker, die sich zu den Vorgängen nur „off-records“ äußern wollen, werfen der Präsidentin hingegen eine „nicht geeignete Persönlichkeitsstruktur“ vor. Ferner kritisiere man Holubs „zu autoritären Führungsstil“, der die „Überschreitung der rein repräsentativen Kompetenzen ihrer Position“ und „Vertrauensbrüche der gröbere Art gegenüber des Vorstands“ beinhalte. Man sei sich in Fragen der neuen Programmierung von Herbst 2007 bis Ende 2008 mit Holub zwar „völlig einig“, auch sei „budgetär alles in Ordnung“. Man hätte anfangs „hundertprozentig hinter ihrer Person gestanden“, hätte aber in den vergangenen Monaten festgestellt, „dass es um die Arbeitsatmosphäre innerhalb des Hauses so schlecht bestellt war, dass ein Weiterarbeiten unmöglich wurde“.
Holub sieht sich „als Opfer einer orchestrierten Diffamierungskampagne“: „Der ausgetretene Teil des Vorstands wollte mich zwingen, zurückzutreten, und somit den Prozess, den wir vor einem Jahr begonnen hatten, einfach abzubrechen, was ich als verantwortungslos gegenüber den Mitgliedern und der Institution betrachte. Ich sollte einem Journalisten der Tageszeitung ‚Der Standard’ gegenüber offiziell meinen Rücktritt bekanntgeben – und dies bevor es noch innerhalb des gesamten Vorstandes besprochen wurde. Am 12. September 2007 werden die Mitglieder auf einer Generalversammlung entscheiden, ob vorgezogene Neuwahlen im Interesse der Institution wünschenswert sind.“
„Man könnte dann spätestens im November 2007 eine neue Präsidentin oder Präsidenten gewählt haben“, geben sich die Aufwiegler optimistisch. „Eine Person, die eher nicht aus dem alten Vorstand kommt.“ Dass die „Aussteiger“ von entnervten Mitgliedern eventuell selbst nicht mehr in den Vorstand gewählt werden könnten, haben sich offensichtlich viele von ihnen noch gar nicht so recht überlegt.

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Dieser Text ist erschienen im Informationsdienst Kunst Nr. 384 am 23.8.2007



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