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Tony Periskic, geb.1941 in Zemon, Ex-Jugoslawien, erzählt uns, wie er vor 20 Jahren nach Österreich kam,...und bis heute blieb.... Von Lisa Mayer.

Von Ost nach West - Aus dem Leben, Teil 1

„Ich habe damals in Belgrad studiert, die Universität abgeschlossen, mit einem Diplom in Chemie, wurde von der Armee für ein Jahr eingezogen und konnte danach keine Arbeit in meinem Fach finden. Saxophon - Spielen war immer schon meine Leidenschaft, bis mir 1967 der Job angeboten wurde, in den amerikanischen Militärstutzpunkten in Deutschland zu spielen. (ich hatte Kontakte zu Musikern aus Belgrad, die bereits in Frankfurt in einer Band spielten, ihnen fehlte ein guter Saxophonist). Da war ich also! Meine erster Eindruck von der westlichen Welt war Deutschland und die amerikanischen Soldaten. Ich war völlig vor den Kopf gestossen, plötzlich deutsch und englisch sprechen zu müssen, da ich in der Jugoslawischen Schule nur Französisch im Unterricht hatte. Man kämpft sich durch, als Musiker spricht man Gott sei Dank eine Sprache, die jeder versteht. Deutschland war im Gegensatz zu Jugoslawien viel sauberer und organisierter. Das gefiel mir irgendwo und ich respektierte die Deutschen dafür - komischerweise - sehr. Ich spielte in einer Kommerzband und hatte zum ersten mal die Möglichkeit relativ viel Geld zu verdienen. Einen Großteil davon gab ich aus, um meiner Familie Zuhause in Jugoslawien Dinge zu kaufen, die sie sich nie vorher leisten konnten, wie z.B. Waschmaschine, Fernseher etc...Dies gab mir auch eine gewisse Unabhängigkeit und Sicherheit, die ich nie zuvor in Jugoslawien so fühlte.
Tief in meinem Herzen hatte ich immer schon das Verlangen, auf die Grazer Hochschule zu gehen, denn die Jazzabteilung dort war damals für seine außerordentlich hohe Qualität bekannt. Als ich die Aufnahmeprüfung bestand, war für mich klar: ich bleibe erst mal in Österreich. Große Schwierigkeiten hatte ich anfänglich mit der österreichischen Aussprache, die doch ganz anders war, als die der Deutschen, ich musste mich erst mal wieder umgewöhnen. Österreich tat alles, damit man sich fühlte wie ein Ausländer...so musste ich auf mein Auto ein spezielles blaues Nummernschild montieren, ...ich weiß nicht, ob das heute noch so üblich ist... Ich musste fast 20 Jahre lang jedes Jahr zum Amt, um mein Visum zu verlängern, die Beamten waren unfreundlich und ich hatte immer wieder die gleiche Angst, es könnte für diesmal nicht wieder verlängert werden...Nach 20 Jahren war es soweit! Ich bekam die österreichische Staatsbürgerschaft. Die Beamten wurden übrigends im Laufe der Zeit immer freundlicher, da ich mit immer bekannteren Musikern auf der Bühne stand, ....und wie man ja gut weiß, ist „Prestige“ in Österreich das "a" und "o". Auf die Frage hin, ob ich nach Jugoslawien zurückgehen würde?...nein, ich bin ein Österreicher geworden, aber ich fahre regelmäßig nach Zemon, ein Stadtteil von Belgrad, da steht mein Geburtshaus und da wohnt meine 96 jährige Mutter, meine Schwester und ihr Mann...

Tony Perez leitet heute die Jazzabteilung am Jazzkonservatorium in Eisenstadt, unterrichtet Saxophon und Jazztheorie und spielt sehr viele Konzerte mit nahmhaften Musikern im In und Ausland.