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„Luxus“, ist ein von den Medien und der Werbung inzwischen leidlich überstrapazierter Begriff. Aber was empfinden wir heute wirklich noch als Luxus? Eine Rolexuhr, ein teures Designsofa, oder einfach nur Zeit zu haben? Das hat Antje Mayer Architekten, Designer, Autoren, Kunstexperten und Modedesigner gefragt. Von Antje Mayer.

„Luxus ist, wenn es gut tut“

„Man umgebe mich mit Luxus. Auf das Notwendige kann ich verzichten.“
(Oskar Wilde)

Gerner°Gerner plus, Architekturbüro Wien
„Luxus ist, wenn es gut tut.“
„Luxus ist, wenn es gut tut. - sowohl für das Auge als auch für das Herz und den Geist. Einer unserer Bauherren in Wien, hat sich den Luxus erlaubt, einen Raum in seinem Haus, mit einer wunderschönen Aussicht, nicht mit einer Funktion zu belegen, sondern ihn einfach frei zu lassen. Das erinnert mich an das Prinzip japanischer Zen-Gärten und symbolisiert für mich den wahren zeitgenössischen Luxus. Nicht zuletzt deswegen, weil Raum in Zukunft wohl immer mehr zur Rarität, also zum Luxus generieren wird, was für japanische Städte ja längst gilt. Deswegen ist es auch nicht erstaunlich, dass immer mehr Menschen immer mehr Geld in das Wohnen investieren. Der Begriff ‚Luxus’ wurde in den vergangenen Jahren durch die Werbung extrem überstrapaziert und bekam leider ein beinahe vulgäres Image. Luxus in der Architektur hieße beispielsweise, das dominierende Entscheidungsprinzip des Preis-Leistungs-Verhältnisses endlich einmal aufzuheben. Warum leisten wir uns nicht mehr den Luxus und den Genuss, den präzisesten, genauesten und akkuratesten, statt den billigsten Anbieter zu wählen?“

Eva Blut, Modedesignerin, Wien
„Luxus funktioniert nur noch als ironisches Zitat, sonst wirkt er lächerlich.“
„Luxus ist nicht mehr wie einst, das Extraordinäre oder das Repräsentative, sondern heute im Grunde das Selbstverständliche, wie beispielsweise genug Zeit zu haben. Den Begriff ‚Luxus’ ordne ich eher den Achtzigern zu. Er ist geradezu Sinnbild eines neoliberalen Weltbildes, das nur noch paraphrasiert und als ironisches Zitat funktioniert, sonst wirkt er lächerlich.
Ich muss aber zugeben, dass ich mit meinen Kollektionen immanent schon eine Art ‚moderne Luxuriösität’ vermitteln will: Nicht durch oberflächliche Eleganz, vermeintlich ‚guten Geschmack’ oder ein künstlich erzeugtes Image, wie das bei einem Prada-Teil funktioniert, sondern durch eine stimmige Form, gute Verarbeitung und passendes Material. Dass die Dinge damit oft teurer werden, ist leider eine Tatsache, die meiner Vorstellung, nicht für Eliten arbeiten zu wollen, widerspricht.“

Architekturbüro Delugan_Meissl, Wien
„Die Verwendung von teuren Materialien, Accessoires, macht Architektur nicht luxuriös, sondern vielmehr die Konzeption innovativer Räume.“
„Für uns als Architekten impliziert Luxus Freiheit, Räume zu gestalten, zu generieren, wie derzeit bei unserer eigenen Dachwohnung, Die Verwendung von teuren Materialien, Accessoires, macht Architektur nicht luxuriös, sondern vielmehr die Konzeption innovativer Räume. Luxus definiert sich nicht mehr so sehr über das Materielle, sondern über die Möglichkeit Kreativität Raum zu lassen. Selbst im sozialen Wohnbau ist Luxus möglich -Luxus, den Bewohnern größtmögliche Flexibilität und Individualität zu bieten. Statussymbole im herkömmlichen Sinn hingegen sind heute in der Architektur nicht mehr gefragt.“

Andrea Jungmann, Geschäftsführerin von Sotheby’s Österreich
„Für mich persönlich heißt Luxus, Zeit zu haben.“
„Ich bekomme diese Frage sehr oft gestellt, denn ich habe als Kunstauktionärin mit sehr viel sehr wohlhabenden Menschen zu tun. Für die Großzahl sind immer noch exklusive Markenkleider, wertvoller Schmuck und große Autos Symbole des Luxus. Dennoch: protziges Zuschaustellen von Reichtum ist heutzutage nicht mehr schicklich. Denn, wenn alle alles haben, ist Luxus keine Kategorie des Geldes mehr. Auch wenn viele für Kunst viel Geld ausgeben, ist sie kein Luxus, sondern etwas Lebensnotwendiges. Luxus ist nicht unbedingt etwas Materielles. Für mich persönlich heißt Luxus, für mich selbst und die Familie Zeit zu haben und mich in vollkommener Ruhe mit mir selbst beschäftigen zu dürfen. Drei Blumen auf meinem Schreibtisch sind für mich genauso luxuriös, wie eine große Wohnung, in die mein riesiges Sofa passt. Aber zugegeben: In dieser Kategorie hat Luxus dann doch wieder etwas mit Geld zu tun.“

caramel_architekten.katherl.haller.aspetsberger
„Der Luxus liegt in der Möglichkeit, zu bauen, zu erfinden, zu basteln.“
„Zeit für sich zu haben, ist kein Luxus. Wer so etwas sagt, möchte nur angeben, wie sehr er gefragt ist. Luxus wird mit Geld und Materiellem assoziiert und ist aus diesem Grunde heutzutage sehr negativ belegt. Luxus ist aber notwendig, weil man damit nach außen tragen kann, wie man sich selbst sehen will. In der Architektur ist die Formale dabei aber gar nicht so sehr ausschlaggebend. Der Luxus liegt vielmehr in der Möglichkeit, überhaupt gestalterisch tätig sein zu dürfen, der Hauptdarsteller sein zu dürfen: zu bauen, zu erfinden, zu basteln und eine Idee auszufeilen und zu perfektionieren. Der Prozess und der Spaß dabei ist heute der Luxus, nicht so sehr die Form, die dabei herauskommt. Deswegen ist es auch albern, wenn sich Kleinfamilien eine Küche einbauen, mit der man eine Fußballmannschaft verköstigen könnte oder ihr Bad zu einem Repräsentationsraum mit teuren Philip Starck-Armaturen umfunktionieren. Das sind dann nichts als leere Statussymbole.“

Reinhard Engel, Wirtschaftsjournalist und Autor der Buchreihe „Luxus aus Wien“

Im November erscheint „Luxus aus Wien II“ (Czernin-Verlag).„Luxus ist die Karotte, die einem stets vor der Nase baumelt.“
„Luxus ist immer sozial definiert. Er ist exklusiv und inklusiv zugleich. Luxus hebt einen von anderen ab und benötigt gleichzeitig die Insider-Gruppe, die den Code versteht. Sonst macht er keinen Sinn. Während es in der feudalen Gesellschaft die politische Macht war, die Herrscher und die Religionsvertreter über den Luxus kommuniziert haben, so signalisiert Luxus heute den Besitz von (Insider-)Wissen, Geschmack, Bildung und damit eben auch von finanzieller Macht. Wie man es auch dreht und wendet, Luxus ist und bleibt eine ökonomische Kategorie.
Luxus ist die Karotte, die einem stets vor der Nase baumelt. Wenn die meisten Menschen am Gestaltungsprozess nicht mehr teilhaben kann, dann wird es zum Luxus ihm, beispielsweise beim Maßschneider, individuell mitbestimmen zu dürfen. Wenn bei jeder Drogeriekette der designte Goldflakon zu erstehen ist, dann wird das vermeintlich dezente Nicht-Design zum Luxus. Und Zeit wird nur solange als Luxus empfunden werden, solange die anderen arbeiten.“

Heinulf Gerngross, Architekt, Wien

„Luxus ist nur Schein, die Anschauung des ‚unzufriedenen Mannes’, der Angst hat, nicht genug abzubekommen.“
„Ich empfinde mein Leben im Ganzen als Luxus, deswegen brauche ich kein Luxus. Ich habe kein Bedarf. Luxus ist, wenn es passt, wenn ich nicht mitrennen muss, wenn ich meine Umgebung und mein Leben so gestalten kann, wie ich es will. Auf meine Architektur übertragen heißt das, den anderen möglichst viel freien und flexiblen Raum anzubieten, in dem man diese Vorgehensweise auch für sich realisieren und leben kann. Luxus ist doch nur Schein, die Anschauung des ‚unzufriedenen Mannes’, der Angst hat, nicht genug abzubekommen. Ich plädiere dafür, furchtlos zu sein.“

Peter Döllmann von Designbüro Supereal mit Christian Hasenauer und Arnim Dold Wien/London

„Luxus ist das Gleitmittel in die Welt der Träume.“
„Luxus polarisiert, individualisiert und sozialisiert und das demonstrativ. Luxus ist ein gesellschaftliches Muss, das Gleitmittel in die Welt der Träume, unabhängig davon, ob jemand reich oder arm ist. Bei der von uns designten Flagshop der Noodlekette MoschMosch in Frankfurt etwa, die allein durch ihren zentralen Standort schon luxuriös ist, haben wir freilich keine Goldarmaturen eingesetzt, sondern Luxus über den Einsatz von Material, etwa unbehandeltem Massivholz kommuniziert oder dadurch, dass wir handgedrehte Schüsseln durchgesetzt haben. Luxus wird durch einen überflüssigen Mehrwert erzeugt und hat nichts vordergründig mit Funktionalität zu tun. Als Luxus empfindet man nur das, was rar ist. Wird es in Massen produziert, ist es keiner mehr. Deswegen muss man Luxus immer von Neuem finden und erfinden.“



erschienen in H.O.M.E,11/02,S.88ff
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