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„Würde ich mich total normal anziehen...“, schreibt die scheue österreichische Literatur - Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, die von sich selbst behauptet, von kaum so viel zu verstehen wie von Mode, “...würden die Leute auf mich schauen“. Mode sei für sie Schutz, auch vor sich selbst: „Ich beschäftige mich mit Kleidung, damit ich mich nicht mit mir selbst beschäftigen muss.“... Von Antje Mayer.

Mode Made in Austria in alle Welt!

Schutz kostet, das weiß man nicht erst seit dem Mittelalter und nicht jedem wird er zuteil. In Zeiten von H & M - Lagerfeld - Kollektionen und asiatischen Dolce & Gabbana - Imitaten reicht es nicht mehr aus, lediglich viel Geld hinzulegen, um aufzufallen oder eben abzulenken, man muss auch Know - how besitzen, Zeit sowieso. Demokratischer ist, Dank sei H & M, dass heute eigener Mut (und Fantasie) genauso viel zählt wie ihn sich zu kaufen, zum Beispiel von jungen Modedesignerinnen.

Die gibt es bekanntlich auch in Wien, einer Stadt, in der der äußere Schein von jeher eine große Rolle (eine größere als der Inhalt?) spielte, einer Stadt eben mit echten und unechten Hofräten, Kaffeehausprominenz und Adabeis, einer Stadt, in der man sich Tag und Nacht wie auf einer Bühne wähnt. Vielleicht musste erst der H & M - Trash in die Donaumetropole ziehen, damit dort eine Modeszene endlich die -nach tragbarer Originalität lechzenden- Abnehmerinnen finden sollte.

Die und ihr Geld brauchte es wohl, um so lebendig wie derzeit zu sein. Neuer guter Nachwuchs macht von sich reden, auch aus den angrenzenden osteuropäischen Ländern, wo inzwischen viele österreichische Designer nicht nur günstiger, sondern auch qualitativ hochwertiger als in Österreich fertigen lassen können. Artista etwa ist ein handwerklich raffiniert feminines und tragbares Label, hinter dem sich sechs ungarische Modemacherinnen verstecken. Oder Nino Pavlek. Er ist 1968 in Kroatien geboren und Absolvent der Angewandten in Wien. Hier unterrichteten Helmut Lang, Marc Bohan, Jean Charles de Castelbajac oder Raf Simons. „Diese Stars bereiteten den Nährboden für die jetzige Szene“, meint Ulrike Tschabitzer. Sie gründete neben Andreas Bergbaur und Andreas Oberkanins die Wiener Modeplattform Unit - F. Die fördert österreichische Mode seit fünf Jahren und baute unter anderem ein frequentiertes digitales EU - Mode - Archiv auf. Unter vielen anderem, ist auch ihnen zu verdanken, dass neue Shops, wie das „Park“ im Wiener 7. Bezirk eröffnet haben, das seit Frühjahr 2004 auf zwei Etagen österreichische Modemacher führt, oder dass es Veranstaltungen gibt wie die Austrian Fashion Week für junge Mode im Herbst, den Modepalast im quartier21 oder die erfolgreiche Shop Zone, bei der der Designer - Nachwuchs in Containern seine Sachen im Hof des Museumsquartiers verkauft.

Viele Designer wagten sogar mit einem eigenen Shop in Wien erstmals selbst den Sprung ins kalte Wasser: Der Laden art point der russischen Modemacherin Lena Kvadrat in der Westbahnstraße soll hervorragend laufen, auch das junge Tiroler Label Elfenkleid leistet sich einen eigenen Laden im 4. Bezirk.

Neue Fashion - Magazine gibt es auch, wie das „FallWinter. The All Season Fashion Paper“, das auch Ulrike Tschabitzer herausgibt „und das, obwohl wir von öffentlicher Seite über die Jahre nicht mehr Geld bekommen haben“, ist sie stolz. „Auch wenn wir bei Unit - F in Zukunft von dem Eventcharakter der Mode - Veranstaltungen wieder etwas wegkommen wollen, so muss doch die Botschaft ganz klar lauten, Mode ist keine Kunst, sie muss letztlich Marktgesetzen gehorchen.“ Ein Journalist umschrieb das mal so: Etwas entwerfen, „das jetzt nicht alle tragen“, aber „nicht keiner tragen kann“. “Wichtiger als das einzelne Kleidungsstück“, so Tschabitzer, „ist uns aber, wie sich Mode heute präsentieren kann im Umfeld von Grafikdesign, Medien oder Performance. Auf diesen Sektoren können die Jungen mit ihren frischen Ideen gegenüber den ’Großen’ punkten.“

Dass der Modemarkt seine Regeln hat, das hat auch das österreichische Mode - Kunstduo Wally Salner und Johannes Schweiger mit ihrem Label fabrics interseason am eigenen Leibe erfahren müssen. Hochgelobt werden sie wegen ihrer eigenwilligen Konzept - Kleider - Shows beim Prét - à -Porter in Paris etwa um die Themen „Tupperware“ oder das heikle Thema der „Menopause“, zu denen immer jeweils auch eine Musik - LP erscheint. Kaufen aber wollen die Shops weltweit ihre Konzept - Kunst - Klamotten leider nicht in Massen.

Ganz anders die Mode des österreichischen Duos Wendy & Jim, die international bestens ankommen. Sogar bei den Pariser Hauptakts zeigen die Zwei indessen ihre Kollektionen, letztens mit einer Show, die gerade mal 2:45 Minuten dauerte, etwa so lang wie ein –marktfähiger!- Popsong.

Aus der Not eine Tugend machen, haben sich übrigens auch sechs andere österreichische Modedesignerinnen gedacht und sich für diesen März in Paris zu dem Kollektiv „we showroom paris now“ zusammengetan. Die Idee: Gemeinsam können sie sechsmal inspirierter, sechsmal so auffällig und sechsmal günstiger auftreten. Nach Paris werden die sechs Österreicher, zu denen etwa die Taschen- und Modedesignerin Eva Blut, die Modemacherin Claudia Rosa Luka oder die Schuhmacherin Rosa Mosa gehören, nach Tokio aufbrechen. Mode Made in Austria in alle Welt!



erschienen in "The All Season Fashion Paper", issue 03
> Unit F/ Büro für Mode