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Die Donau-Universität Krems startet ab Herbst dieses Jahres eine Initiative zur Ausbildung von Europa-Experten in den Beitrittsländern der EU Von Antje Mayer.

„Das Rad muss nicht neu erfunden werden“

Die Verhandlungen mit den neuen, möglichen Beitrittskandidaten der Europäischen Union laufen auf Hochtouren. Zur Zeit ganz vorne mit dabei: Polen, Tschechien, Ungarn, Slowenien, Estland und Zypern. Glaubt man den Worten des deutschen EU-Kommissars Günter Verheugen, zuständig für die Osterweiterung, wird die Europäische Gemeinschaft bereits in zwei Jahren die ersten „Europa-Frischlinge“ begrüßen können. Indessen nicht mehr viel Zeit für die Vorbereitungen.

Europa-Experten sind rar

Es gibt viel zu tun für die Neulinge in der Union: ganze 80 000 Seiten zählt das Regel- und Vorschriftenwerk der EU, das „acquis“, mit dem die Antragsländer ihre Lage vergleichen müssen. Eine demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, Achtung der Menschenrechte, Schutz nationaler Minderheiten, funktionsfähige Marktwirtschaft sowie Mindeststandards in der Sozialgesetzgebung und im Umweltschutz sind Voraussetzungen, an denen die Beitrittskandidaten nicht vorbeikommen: die Angleichung des Rechtssystems an die EU-Normen ist dabei der dickste Brocken.

Gut ausgebildete Europa-Experten in Wirtschaft und Verwaltung, die die hohen Herausforderungen und Aufgaben bewältigen können, sind in den Antragsstaaten indes noch rar. Die österreichische Donau-Universität Krems, die das international renommierte, interdisziplinäre EURAS-Programm und das Europarecht-Studium EURO-JUS anbietet, startet nun ab Herbst 2000 eine Initiative, die den Beitrittsländern helfen soll, europa-fit zu werden. Durch Austauschprogramme mit ost- und zentraleuropäischen Universitäten soll im Gegenzug den EU-Mitgliedern eine fundierte Ausbildung im osteuropäischen Wirtschaftsrecht ermöglicht werden. In Zuge dessen wird ab 2005 der Lehrbetrieb der Donau-Universität Krems ganz auf Englisch umgestellt sein, um Sprachbarrieren für Teilnehmer und Vortragende in Zukunft noch niedriger zu halten.

Gegenseitiges Geben und Nehmen

„Wir sehen das als ein gegenseitiges Geben und Nehmen“, so Reinhold Lindner, Euras-Lehrgangskoordinator an der Donau-Universität Krems. „In unserem Haus haben wir ein international angesehenes Ausbildungsprogramm für Europa-Experten mit namhaften Spezialisten auf den Gebieten des internationalen Rechts, des europäischen Wirtschaftsrechts, der Volkswirtschafts- und Betriebslehre. Unser Know-how möchten wir in den Beitrittsländern durch Vorlesungen und durch Seminare weitergeben, die im Gegenzug Fachleute zu uns schicken sollen." Denn: in der Gemeinschaft sei in den letzten Jahren die Nachfrage nach Kenntnissen im osteuropäischen Wirtschaftsrecht auf der einen und Europa-Experten auf der anderen Seite gestiegen. Speziell ausgebildete Fachleute - aus Ost wie West- seien von Unternehmen und öffentlichen Stellen europaweit gleichermaßen gesucht.

Mitbauen an einer europäischen Architektur

Der Unterricht vor Ort bringe den Vorteil, dass auf deutsche Sprachkenntnisse und teure Auslandsaufenthalte, die für Studenten aus Ländern mit niedrigerem Lohnniveau seit jeher eine große Hürde darstellten, verzichtet werden könne.
Bürokratische Barrieren, kaum Stipendienangebote und mangelndes Problembewusstsein seitens der öffentlichen Stellen waren bisher die Gründe dafür, dass in den Reformstaaten zu wenig Europa-Experten ausgebildet wurden. „Aus eigener Erfahrung weiß ich“, so Dr. Martin Schwifcz, selbst EURO-JUS-Absolvent und Leiter der Rechtsabteilung der P.S.K. Leasing GmbH., “dass das Interesse an Europarecht in den ost- und mitteleuropäischen Staaten ganz außerordentlich hoch ist, die Möglichkeiten einer entsprechenden Ausbildung aber noch nicht ausreichend. Ohne Kenntnisse geht es eine Weile, aber für ein aktives Mitbauen an einer europäischen Architektur ist eine spezielle Rechtsausbildung Bedingung. Das sehe ich in meinem Beruf Tag für Tag.“

Klares „Ja“ zur Osterweiterung

Seitens der Donau-Universität Krems wird bei den Regierungen der zukünftigen Beitrittsländer derweil kräftig die Werbetrommel gerührt. Den Auszubildenden soll von staatlicher Seite bei einer europäisch orientierten Postgraduate-Qualifikation unter die Arme gegriffen werden, schnell und effizient. „Wir in Österreich standen vor fünf Jahren ebenso vor dem Beitritt, hatten ähnliche Probleme“, so Reinhold Lindner. „Das Rad muss nicht neu erfunden werden. Wir können Erfahrungen weitergeben. Unser Ziel ist letztendlich, speziell auf die Bedürfnisse der Reformstaaten zugeschnittene Programme anzubieten, mit dem Lehrpersonal der dortigen Institutionen.“ Die Donau-Universität Krems erhofft sich dadurch im Gegenzug wissenschaftliche und wirtschaftliche Kontakte und nicht zuletzt Imagepflege für das Land Österreich. Angesichts der derzeitigen Isolation der Alpenrepublik durch die 14 EU-Staaten mehr als eine Geste und ein klares „Ja“ zu Europa und der Osterweiterung.



erschienen auf www.donau-uni.ac.at
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