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Seit einem Monat nun ist eine, von der österreichischen Erste Bank Gruppe initiierte und gesponserte zentraleuropäische Kunstinitiative aktiv, die grenzüberschreitende Kunstprojekte, in den Regionen mit 300.000 Euro Jahresbudget für zunächst drei Jahre in Tschechien, Slowakei, Österreich, in folge dann auch in Ungarn und Kroatien, zu unterstützen gedenkt. Von Antje Mayer.

„Keine imperialen Gesten!“

Die erste Bank fördert den künstlerischen Ost-West-Austausch

Initiator ist Boris Marte (38), Leiter der Corporate Sponsoring der Erste Bank, ehemals Büroleiter des Wiener Kulturstadtrat Peter Marboe. Erstes Projekt soll „Tranzit“ sein, eine Art „Labor für genzüberschreitende Ideen“, wie es Marte bezeichnet. Die Idee dafür stammt von der slowakischen Kuratorin Mária Hlavajová (Jahrgang 1971, Direktorin von BAK: basis voor acutele kunst in Utrecht) und der Kölner Kunstverein-Direktorin Kathrin Rhomberg (Jahrgang 1963), die „Tranzit“ und weitere Projekte der Erste Bank in den folgenden Jahren mitbetreuen werden. Rhomberg war Boris Marte einst in deren Funktion als Kuratorin für die Wiener Secession aufgefallen, deren Hauptsponsor die Erste Bank ist: „Ich habe sie als profunde Ostkunstkennerin schätzen- und kennengelernt“, erinnert sich Marte. Beide Damen waren im übrigen gemeinsam Kuratorinnen der Manifesta 3, in Ljubljana im Jahr 2000.

Den Expertinnen wird in Zukunft außerdem ein internationaler Thinktank bestehend aus Künstlern, Kurtoren und Intellektuellen zu Seite stehen, die die Projekte vor Ort realisieren sollen. Dazu gehören unter anderen „alte Bekannte“ aus dem Westen wie Matthias Herrmann, Präsident der Secession, oder documenta-Künstler Peter Kogler, aber auch vor allem „Ostkünstler“ wie der slowakische Poet, Sänger und Künstler Boris Ondreièka, oder der tschechische Schriftsteller Jiøí Sevèík.

„Wir wollen die Personen in kleinen Formaten, wie Lesungen, Ausstellungen, Künstlergesprächen, Künstlerbüchern möglichst autonom agieren lassen“, erklärt Boris Marte. „Unser Motto heißt: keine imperialen Gesten! Es ist in letzter Zeit viel an Vertrauen zerstört worden, vor allem seitens der Politik.“ Marte dürfte damit wohl an die rechtspopulistische Haider-Partei FPÖ anspielen, die sich immer wieder vehement gegen die Osterweiterung aussprach. „Wichtig war uns, mit dem Sponsoring-Projekt keine riesigen Strukturen zu etablieren, wie das zum Beispiel die Soros Foundation getan hat. Die Leute vor Ort agieren von ihren persönlichen Telefonen und Computern aus. Das ist effektiver.“ Später vielleicht, so Marte, könne man gegebenenfalls auch ein Büro einrichten.

Im Zuge des gesponserten Ost-West-Austausch entstand auch schon ein kleines Projekt, wie jüngst das des österreichischen Künstlerpaars Johanna und Helmut Kandl. Jene sammelten von den Bewohnern der regionalen Grenzgebiete in Tschechien (Znaim) und Niederösterreich (Laa) Privatfotos und publizierten sie gemeinsam in einem Buch.

Die Erste Bank Gruppe agiert mit ihrer Sponsoringaktivität freilich nicht uneigennützig. Vor ein paar Jahren noch, war sie eine österreichische Sparkasse, mit gerade mal 800.000 Kunden. Heute freut sie sich über acht Millionen Kunden. Dreiviertel davon sprechen nicht mehr Deutsch, sondern eben Kroatisch, Ungarisch, Tschechisch oder Slowakisch. Der osteuropäische Markt ist für das Unternehmen zum Geschäft schlechthin mutiert. Parallel zum wirtschaftlich florierendem Ost-West-Austausch der letzten Jahre, ist aber nicht unbedingt der sozial-kulturelle erfolgt, wie Marte anmerkt. Darüber können auch nicht die vergangenen großen Ostkunst-Ausstellungen im Westen hinwegtäuschen, die das künstlerische Geschehen, jenseits des einstiges Eisernen Vorhangs, teilweise präsentierten wie ein Kuriosenschau. „Wir gedenken, sehr sensibel einzuschreiten“, so Marte, „Wir wollen kommunizieren, dass es keine unterschiedlichen Maßstäbe mehr zwischen ‚Ost’ und ‚West’ geben muss, sondern viele, viele Gemeinsamkeiten existieren.“



erschienen im Informationsdienst Nr.271/20.Febr.03,S.17