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Von Redaktionsbuero.

Verstehen Sie uns!

Sprachenvielfalt ,Sprachenverwirrung in der EU

Eine kleine Anekdote zu Beginn: Kürzlich wurde der Kopf einer Falschgeldbande in Wien dingfest gemacht. Die Polizei hatte mit ihm ihre liebe Not: Sie konnte partout nicht feststellen, welcher Herkunft der Mann war. Nicht nur, dass er mehrere gefälschte Ausweise verschiedener Nationalitäten bei sich hatte, er sprach auch vier Ostsprachen derart akzentfrei und fließend, dass keine seine Identität verriet.

Kaum jemand, der zum Thema Sprache keine Geschichten erzählen könnte. Sprache berührt jeden, sie ist Identität und damit wesentlicher Bestandteil des Menschseins, ein Fingerabdruck der Seele. Ein slowenisches Sprichwort sagt: „So viele Sprachen man spricht, so viele Seelen hat man.“
Umso schlimmer, wenn einem die eigene Sprache entzogen wird, wenn man gezwungen ist, sich radebrechend mit vielleicht gerade einmal 1.500 englischen Wörtern auszudrücken. Jeder kennt das Gefühl: Man scheint wie amputiert, gar sich selbst entfremdet. Allein steht man mit solcherart Erfahrungen auf jeden Fall nicht: Über 50 unterschiedliche Sprachen werden im Westen der EU gesprochen, inzwischen aber allein doppelt so viele im Osten.
Aber: Wie soll man in Zukunft das Problem der Sprache in der EU lösen? Der Kärtnerslowene und Verleger Lojze Wieser (siehe Interview) akzeptiert zwar die Existenz von so genannten kommunikativen Sprachen, wie es beispielsweise das Englische ist, fordert jedoch gleichzeitig das Recht auf einen Dolmetscher für jeden. Eine Maßnahme, die einen geringen finanziellen Aufwand bedeuten würde, so Wieser, wenn man bedenke, welche sozialen Konflikte in Zukunft damit verhindert werden könnten.
Auch der kroatische Philosoph Boris Buden (siehe Interview) meint, dass es weder eine europäische Sprache an sich gebe, noch eine der europäischen Nationalsprachen diese Rolle übernehmen könne. Die Sprache Europas könne man schon eher als eine Art Übersetzungspraxis begreifen, als eine sprachliche Kommunikation, die als Prozess ständiger wechselseitiger Übersetzungen erfolgt.
Noch aber, so scheint’s, sind wir nicht so weit, auch in unserem Magazin nicht. Das erscheint leider bisher nur in den zwei großen „kommunikativen“ Sprachen der EU, auf Englisch und Deutsch. Aber wie Sie an unseren bereits eingerichteten Sprachbuttons sehen können: Wir bemühen uns um den Prozess der ständig wechselseitigen Übersetzungen, der derweil bei uns in der Redaktion nur backstage abläuft. Übersetzungen einzelner Artikel in das Ungarische, Slowakische und Tschechische sind in Zukunft angedacht. In diesem Sinne: Bitte verstehen Sie uns trotzdem!

Es verbleiben herzlichst
Antje Mayer und Manuela Hötzl
(Redaktionsbuero)



Artikel erschienen in: REPORT. Magazin für Kunst und Zivilgesellschaft in
Zentral- und Osteuropa,Februar 2005
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