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1996 ist Salzburg von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt worden. Ebenjenes dort zu fördern hat sich die Salzburg Foundation zur Aufgabe gemacht, in deren Vorstand Namhafte wie Eliette von Karajan, Regine Sixt oder Wolfgang Porsche sitzen. Von Antje Mayer.

Salzburg: Sitzung mit Marina Abramovic

Nun ist es jedoch so, dass Salzburg in der ganzen Welt vor allem wegen Wolferl, Amadeus Mozart, und wegen der alles und jeden übertönenden Festspiele als Musikstadt bekannt ist. Wegen seiner malerischen Altstadt natürlich auch. Als Zentrum einer lebendigen Szene zeitgenössischer bildenden Kunst jedenfalls hat das Städtchen bisher eher weniger von sich reden gemacht.
Das muss sich ändern, hat sich die Salzburg Foundation gedacht und die Aktion „Kunstprojekte Salzburg“ ins Leben gerufen, als dessen künstlerischer Leiter Walter Smerling agiert, seines Zeichens Vorstand der Stiftung für Kunst und Kultur e.V. Bonn.
Möglichst jedes Jahr, so die Idee, soll im öffentlichen Raum von Salzburg, ein Objekt eines profilierten zeitgenössischen Künstlers installiert werden. Etwas verspätetes Motto des Projekts: „Aufbruch in die Moderne“. 2002 startete den Anselm Kiefer mit einem Haus, in dem ein Gemälde und ein Regal mit 60 Bleibüchern steht. 2003 folgte Mario Merz mit einem Iglu auf dem Mönchsberg. Nun am 21. August 2004 wird Marina Abramovic (Jahrgang 1946) eine Skulptur inmitten der Stadt, am Hanuschplatz, enthüllen. „Spirit of Salzburg“ heißt die Installation, die aus drei Stühlen besteht, von dem einer 14 Meter hoch sein wird, somit nicht begeh- bzw. besitzbar sein wird.
Die Besucher sollen, so der Wunsch der in Belgrad geborenen, in Amsterdam und Paris lebende Künstlerin, bei dem Stuhlwerk einen Ort der Ruhe und der Meditation finden. „Benutz den Stuhl, schließe deine Augen, gehe in dich und verliere die Zeit“, so die Auforderung von Abramovic. Klingt ziemlich zahm gegenüber den Hardcore-Aktionen, vor allem in den 60er und 70er Jahre, mit denen die „Großmutter der Performance“ international bekannt wurde. Über 30 Jahre lang immerhin ritzte die sich mit Rasierklingen den Körper auf, schrie sich heiser, peitschte sich aus, legte sich auf Eisblöcke, ins Feuer oder ließ stundenlang Schlangen über ihren Körper kriechen: "Nur durch extreme Situationen können die schöpferischen Kräfte geweckt werden", lautet ihr künstlerisches Credo.
Dass Abramovic für das außerhalb der Festspielsaison zuweilen ziemlich gemächliche Salzburg nun ausgerechnet drei Stühle zum Sitzen und Besinnen hinstellt und das auch noch „Spirit of Salzburg“ nennt, kann man auch als ironische Geste interpretieren.



erschienen in der Kunstzeitung Nr.96/Aug.04, S.6