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Von Redaktionsbuero.

Kaleidoskop der Biografien

60iger und 70iger in Ost und West

Dass die Erste Bank-Gruppe nun Arbeiten aus ihrer Sammlung in einer Ausstellung im MUMOK Wien (17. März bis 21. Mai 2006) und in den tranzit workshops in Bratislava (18. März bis 21. Mai 2006) zeigt, stellte einen willkommenen Anlass dar uns im „Report“ mit Kunst und Kultur der sechziger und siebziger Jahre in Ost und West (einer der Schwerpunkte der Sammlung) auseinander zu setzen und ihre Einflüsse bis heute auf einer sehr persönlichen und subjektiven Ebene zu untersuchen.

Dass die Erste Bank-Gruppe nun Arbeiten aus ihrer Sammlung in einer Ausstellung im MUMOK Wien (17. März bis 21. Mai 2006) und in den tranzit workshops in Bratislava (18. März bis 21. Mai 2006) zeigt, stellte einen willkommenen Anlass dar. Den, uns im „Report“ mit Kunst und Kultur in den sechziger und siebziger Jahren in Ost und West (einer der Schwerpunkte der Sammlung) auseinander zu setzen und ihre Einflüsse bis heute auf einer sehr persönlichen und subjektiven Ebene zu untersuchen.


„Oft habe ich die Erfahrung gemacht, dass unser Schicksal stark von Dingen beeinflusst wird, die auf den ersten Blick nur schwer definierbar sind, sich öffentlich nicht klar manifestieren. Dinge, die eher durch unsere innere Unruhe und unser Drängen in Erscheinung treten als durch rationale Begründung“, schrieb Václav Havel seinem Freund Abbé Libánský als Widmung in dessen Buch „My Underground“, aus dem wir Fotografien in dieser Ausgabe des „Report“ zeigen.

Die sensiblen Schnappschüsse von Libánský erzählen eine außerordentlich persönliche Geschichte eines Zeitzeugen, der die Kulturszene der sechziger und siebziger Jahre in der damaligen Tschechoslowakei hautnah miterlebte. Eine Herangehensweise an die Geschichte, die uns gut gefällt, denn es ist unser Anliegen, so könnte man die journalistische Strategie des Magazins „Report“ in Kürze formulieren, die „Objektivität des autobiografischen Gedächtnisses“ sprechen zu lassen. Wir tun das, indem wir Persönlichkeiten aus den Bereichen Politik, Kultur und Soziales über das Gestern und Heute in Ost und West befragen. Indem wir sie Geschichte subjektiv einordnen und bewerten lassen, kurzum: indem wir all diese Lebenserfahrungen und Meinungen zu einem variantenreichen „Kaleidoskop der Biografien“ zusammensetzen. Dass der Werbeslogan der Erste Bank „In jeder Beziehung zählen die Menschen“ lautet, ist uns zugegeben erst danach aufgefallen, aber er passt.

Unserer Meinung nach kann Geschichtsschreibung im strengen Sinne nicht sachlich sein, sie ist immer von der Definition der Historiker und Zeitzeugen geprägt, die sie formulieren. Gerade deswegen denken wir auch, dass man die offiziell überlieferte Historie umso strenger auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen muss. Immer wieder aufs Neue. Ganz besonders trifft das auch auf die jüngere Kunst- und Kulturgeschichte in den ehemaligen Ostblockstaaten und Jugoslawien zu, die von Ideologien geprägt war – im Osten und im Westen, wie man an den Statements der Künstlerinnen und Kuratorinnen und an den Interviews mit dem tschechischen Schriftsteller Jiří Gruša und dem serbischen Kulturtheoretiker Branislav Dimitrijević lesen kann. Und wenn wir kunsthistorische und literarische Originaltexte ins Deutsche und Englische übersetzen, wie diesmal die wunderbare Abhandlung des tschechischen Kultautors und Aktionskünstlers Eugen Brikcius, der über die Aktionskunst des legendären tschechischen Fußballspielers Antonín Panenka raunt, dann tun wir das aus dem gleichen Grund: Wir wollen unseren Lesern die Bewertung von Geschichte(n) selbst überlassen und sie anregen, in jedem Moment genau hinzusehen. Denn wie scherzte der polnische Satiriker Wiesław Brudziński einst: „Nicht selten wird Geschichte gleich von denen gefälscht, die sie machen.“



In diesem Sinne herzlichst,



Antje Mayer und Manuela Hötzl



Artikel erschienen in: REPORT. Magazin für Kunst und Zivilgesellschaft in
Zentral- und Osteuropa,April 2006
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