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Von Antje Mayer.

Ballast abwerfen

Erst wird ein Ausstellungshaus nach dem anderen in Wien eröffnet, jetzt wird eines nach dem anderen wieder geschlossen. Während die großen Kulturtanker von Leopold Museum, über MUMOK bis Albertina von Stapel gingen, hatten kleinere Kulturinstitutionen am „freien Markt der Ausstellungsflächen“ (Albertinachef Klaus-Albrecht Schröder) das Nachsehen. Selbst der große „Kunst-Reeder“ Wilfried Seipel, Generaldirektor des Kunsthistorischen Museum, zieht sich nun gezwungen „Fläche vom Markt“ zu nehmen und gibt das Palais Harrach auf der Freyung gegenüber dem Kunstforum Bank Austria auf. Seipel plante ursprünglich die erst 1995 eröffnete Dependance des KHM mit Überschüssen aus dem Haupthaus zu finanzieren. Das braucht dieses indessen selbst dringend, zumal bis 2005 keine Erhöhung der Basisabgeltung des Bundes zu erwarten ist. Ende 2004 werden, sofern man sich mit dem Vermieter einigt, die Pforten des Harrach geschlossen „Wir werfen Ballast ab“, so Seipel. 450.000 Euro Miet- und Betriebskosten pro Jahr waren einfach zuviel. „Markteinsteiger“ Johann Kräftner, Direktor des im März 2004 eröffnenden Liechtenstein Museum, nimmt den Rückzug Seipels derweil mit Wohlwollen auf und will seinerseits expandieren. Das eigene Stadtpalais in der Bankgasse soll nun restauriert und für Schausammlungen genutzt werden.

Traurigster Verlierer des strengen Wettbewerbs um den Ausstellungsraum: Das Künstlerhaus am Wiener Karlsplatz. Bis 28. September wird es noch die hochgelobte Ausstellung „Abstraction Now“ (Präsentation „non-repräsentativer Kunst unter besonderer Berücksichtigung audiovisueller Medien und interdisziplinärer Ansätze“) zeigen, dann bis auf weiteres seinen Ausstellungsbetrieb einstellen, wenn nicht noch ein Wunder geschieht. Aber damit rechnet niemand mehr. Die Besatzung -von der Pressefrau bis zu den Kassadamen- sind bereits gekündigt, allein der Leiter und Geschäftsführer Peter Bogner nebst Sekretariat werden noch am Karlsplatz bleiben. Der übt sich indes in Zweckoptimismus: „Die Verhandlungen über eine finanzielle Unterstützung seitens der Stadt gehen weiter“, so Peter Bogner, „Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny bekennen sich zum ‚Kunstplatz.Karlplatz’ und zum Künstlerhaus.“ Das klingt so hoffnungsvoll wie schwammig, so wie sich die Frage stellt, warum die Stadtherren, Bogner und der Künstlerhausverein unter seinem Leiter Manfred Nehrer nicht schon früher reagiert haben und den Todesstoß zuließen. Seit über einem Jahr wird bereits über ein entsprechendes Budget, die Sanierung und Ausbau des Künstlerhauses in Kooperation mit dem Historischen Museum unter Wolfgang Kos verhandelt. Unter seiner hochmotivierten Ex-Leiterin Doris Rothauer, die im Herbst vergangenen Jahres ausschied, machte sich das Künstlerhaus in den vergangenen Jahren mit engagierten Crossover-Ausstellungen zu Sound, Mode oder Mediadesign einen internationalen Namen. Der, so nimmts den Anschein, steht nun durch die Schließung entgültig auf dem Spiel.



erschienen im Informationsdienst Nr.284/Sept.03,S.20