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Eigentlich immer der gleiche „Schmäh“, den der nigerianische Künstler Yinka Shonibare, loslässt, aber zugegeben ein guter und einfach verständlicher -vordergründig. Man nehme etwa die schön bunte Installation „Gallantry and Criminal Conservation“, die sich übrigens regen Zuspruchs auf der documenta 11 (2002) erfreute. Von Antje Mayer.

Protestieren wie ein Gentleman

Yinka Shonibare in der Kunsthalle Wien

Thema: Adelige geben sich bei einem Picknick sexuellen Ausschweifungen hin. Material: Eine riesige Kutsche an der Decke schwebend, Puppe die in vornehmen Kostümen des 18. Jahrhunderts stecken. Irritation: Die Puppen haben keine Köpfe, dunkle Hautfarbe und die Kleider sind nicht aus Seide oder Samt, sondern aus bunt bedruckten Wachsdruck-Stoffen made in Holland und England. Solcherart Stoffe eben, mit denen jeder Europäer Afrika assoziiert. Ein modischer Brand für einen ganzen Kontinent.
Zwar exportierten diese Stoffe einst die Kolonisten auf den schwarzen Kontinent, dennoch gelten sie trotzdem für die Schwarzen bis heute als Statussymbol, als Zeichen von Freiheit und Selbstbewusstsein. So gilt etwa eine Dame in Südwest- und Südafrika je edler, je mehr Röcke sie aus solcherart Stoffen übereinander trägt, was zum Teil zu absurden Stoffbergen um die Hüften der Frauen dort führt.
Der nigerianische Künstler Yinka Shonibare, der 1962 in London geboren wurde, aber in Lagos aufgewachsen ist und dann später wieder in die britische Hauptstadt zurückkehrte, bedient sich im Grunde immer derselben Sprache: Insignien, Bilder oder Szenen entleiht er der westlichen Kunstgeschichte und der kolonialen, herrschaftlichen Welt und irritiert sie, indem er die gewohnten Stoffe und Hautfarbe kurzerhand austauscht oder die Größenverhältnisse neu dimensioniert.
So hängen etwa in der großen Einzelausstellung „Yinka Shonibare“ in der Kunsthalle Wien (bis 5. September), neben Fotografien und knapp ein Dutzend Objekte, eine Raumkapsel und zwei Astronauten an der Decke. Das Absurde: Die Weltraumanzüge einschließlich der Sauerstoffkanister sind mit afrikanischen Stoffen überzogen. Die, die fremde Welten einnehmen, so will uns wohl Shonibare mitteilen, sind immer noch die Reichen und Mächtigen dieser Welt, Afrikaner jedenfalls nicht. Solche Sachen sagt er mit seinen Installationen so hübsch, fröhlich und spielerisch, dass man erst einmal nur den dekorativen Anblick derselben genießt, bis hinter ihnen langsam der Hintergrund des Politischen und Sozialkritischen hervorscheint. Wenn die Leute einen Künstler afrikanischer Herkunft sehen“, so Shonibare „denken die meisten sofort: Oh, der will sicher protestieren. Ja, okay. Ich will wirklich protestieren, aber wie ein Gentleman.“



erschienen in Kunstzeitung Nr.96/ Aug.04, S.9
> Kunsthalle Wien