Aktuell *Ost Über Uns Archiv Impressum English




Von Redaktionsbuero.

Tun Sie es auch?

Sammeln

Geben Sie es zu, Sie tun es auch! Jeder tut es, auf seine Art. Der eine exzessiv, der andere verstohlen oder gar bis ans Krankhafte grenzend: sammeln.


Aber warum tun es alle? Wen man auch fragt, jeder hat eine andere Antwort parat. Manche erklären, dass sie dadurch Vergangenem und damit nicht selten nutzlos Gewordenem in der Gegenwart wieder einen (neuen) Wert geben könnten. Eine Art Zeitwert - Recycling. Andere meinen, sammeln helfe, den abstrakten Begriff der Zeit dingfest zu machen – im wahrsten Sinne des Wortes. Ist Sammeln, das über das Heranschaffen von Nahrung und Lebenserhaltendem hinausgeht, gar ein dekadentes Phänomen unserer Überflussgesellschaft?

Nein, meint Dietrich Dörner, Professor für Psychologie an der Bamberger Universität, das Sammeln sei vielmehr ein Grundbedürfnis des Menschen. Der bewältige damit seine als von ihm chaotisch und unberechenbar empfundene Umwelt. Um sich in ihr eine Ordnung zu schaffen, konstruiere er sich mit dem Sammeln kleine Ersatzrealitäten. Wenn ein Sammler beispielsweise eine Briefmarkenserie vervollständigen kann, dann handle es sich hierbei um ein Erfolgserlebnis, so Dörner, das jenem erlaube, seine alltäglichen Niederlagen auszugleichen.

„Briefmarkentrieb“ nennt das ironisch der russische Künstler und Psychotherapeut Richardas Norvila in seinem Text in der aktuellen Ausgabe, in dem er zwischen den Zeilen so mancherlei Bösartigkeiten hinter diesem „Laster“ aufdeckt.

Wir haben für unser Magazine ebenfalls gesammelt: Texte über das Thema Sammeln mit Fokus auf Zentraleuropa, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Als Anlass diente uns die Neuformierung der Kunstsammlung der Erste Bank-Gruppe. Assoziativ haben wir uns dem Schwerpunkt genähert: „Falter“-Redakteur Florian Klenk etwa befragte den Datensammler und Meinungsforscher Rudolf Bretschneider. Alexander Lass trug Statements von Sammlern ost- und südosteuropäischer Kunst zusammen, Matthias Beitl erzählt uns über eine Sonderform des Sammelns, das Sparen, anlässlich der Ausstellung „Spar dir was! Vom Begehren zum Vermehren“ im Österreichischen Museum für Volkskunde in Wien.

In diesem Sinne: Sammeln Sie (sich) bitte und lesen Sie!

Es verbleiben herzlichst bis zur nächsten Online-Ausgabe
Ihre Antje Mayer und Manuela Hötzl vom Redaktionsbuero



Artikel erschienen in: REPORT. Magazin für Kunst und Zivilgesellschaft in
Zentral- und Osteuropa,Februar 2005
> Link: REPORT online > Link: Redaktionsbuero-