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Von Antje Mayer.

Das Archiv ist immer der Gewinner

Große Elke Krystufek-Personale im Wiener MAK

„Das Archiv ist immer der Gewinner. Die Archive überleben, nicht die Menschen”, hört man die oder den Hauptprotagonisten in Elke Krystufeks Video “Dr. Love on Easter Island” sagen. Den Film sieht man derzeit in der fantastischen Krystufek-Personale „LIQUID LOGIC. The Height of Knowledge and the Speed of Thoughts“ im Museum für angewandte Kunst in Wien (bis 1. April 2007). Dieser Satz steht programmatisch für die Ausstellung: Wenn man sich selbst als ein Image entwirft, dann kann man „abgespeichert“ werden, dann „überlebt“ man: kurzfristig durch die Medien, längerfristig in den Archiven und Museen dieser Welt und damit letztlich in der Erinnerung der Menschen. „I was always a image, that’s why I will always survive“, heißt es später in eben diesem Film. Genau das ist Krystufeks Ding. Indem sie ihren eigenen -zur Überhöhung des Effekts- meist nackten Körper in Performances einsetzt, massenhaft – manisch- Selbstporträts in Form von Gemälden, Fotos oder Videos produziert, verwebt sie Privates und Kunst radikal miteinander. Ihr Ich mutiert zum Image.
Für ihre aktuelle Wiener Schau hat sich die Künstlerin zuvor monatelang in die Institution MAK förmlich eingegraben, um der Natur des Erinnerns, des Archivs und des Museums auf die Spur zu kommen. Sie stellte den Kustoden des Hauses Fragen wie: „Macht Ihre Beschäftigung mit den Sammlungsobjekten Sie glücklicher? Beeinflusst die Sammlung Ihre Art zu wohnen?
Als Krystufek jene beim Interview filmen wollte, kniffen sie jedoch kollektiv. Wahrscheinlich intuitiv die richtige Entscheidung. Denn nicht sie, sondern die Museumsobjekte sind ja die „Images“. Immerhin wählten die Historiker gemeinsam mit der Künstlerin skurrile Objekte aus der Sammlung aus, die um die Themen Frau, Vagina, Gehirn, Geburt oder Heirat kreisten: Stoffkataloge, Buchmalereien, Budhafigürchen, Modernes wie die optimiert praktische „Frankfurter-Küche“ von Margarete Schütte-Lihotzky.
Mit jenem MAK-Inventar fotografierte sich wiederum Krystufek selbst (nackt). Die Fotos konfrontierte sie dann mit den realen ausgestellten Stücken, ihren gemalten Selbstporträts und neu (!) für Krystufek- mit relativ vielen Installationen, wie etwa der kreativ chaotischen Krystufek Küche. Und das alles wiederum mit ironischen Graffiti. Neben zwei Steckdosen im Ausstellungsraum, die wie Brüste aussehen, steht etwa: „The easist symbol in the world is a women (Dan Perjovschi)“. Und damit wären wir wieder bei der Sache mit dem Image.
Klingt alles irgendwie ziemlich angestrengt konstruiert, ist es aber eben gar nicht. Denn Elke Krystufek agiert beim Verweben der vielen Bezüge selbstsicher nach der ihr ureigenen „flüssigen (Künstler-) Logik“ (siehe Titel der Ausstellung), die nichts Bekanntem folgt. „Alles Geniale kommt auf leichten Füßen daher“, hat mal irgendeiner gesagt und genau das tut diese Ausstellung: Sie ist extrem komplex, dabei herrlich verrückt, kurzweilig und amüsant. Ein ganz großer Wurf. Eine ganz große Künstlerin.



Artikel erschienen in Kunstzeitung 02/2007
> Link:Kunstzeitung > Link:Artfacts.Net:Elke Krystufek- > Link:Sammlung Essl/Elke Krystufek- > Link:Dan Perjovschi- > Link:Mak_online/Frankfurter Küche- > Link:MAK_online- > Link:MAK_online/Elke Krystufek LIQUID LOGIC-