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Wer ist Elfie Semotan? Jeder kennt sie, jeder weiß etwas über sie, niemand weiß alles und alle was anderes: Semotan, das ist die mit den erotischen Palmers-Plakaten, die Frau vom Martin Kippenberger, die Frau vom Kurt Kocherscheidt, das Modell von Helmut Lang, die Fotografin von Helmut Lang, eine tolle Frau. Von Antje Mayer.

Eine tolle Frau

Die österreichische Modefotografin Elfi Semotan

Viel Geduld muß man an den Tag legen, um einen Interview -Termin mit der bekannten Österreicherin zu ergattern. Elfi Semotan ist eine weltweit gefragte Mode-Fotografin, fast schon so bekannt wie ihre berühmten Models; viel unterwegs, selten in ihrer Wohnung in Wien. In New York, über ihren Agenten könne man sie erreichen. Dort fotografiere sie zur Zeit viel, Mode, meistens, oft für Helmut Lang.

Im Big Apple hat sie nicht nur Mannequins vor der Linse. Für Peter Koglers (Jahrgang 1959, documenta X) erst zu Ende gegangene Personalausstellung im Kunsthaus Bregenz, hat sie die Fotoserie "Batwomen in New York", eigentlich ohne Titel, auf Zelluloid gebannt. Das am Wolkenhimmel schwebende Superweib, in Kogler-Ameisen-Gummianzug, sieht täuschend unecht aus, eben wie eine typische Kogler-Computersimulation. "Die Frau fliegt wirklich. Sie springt auf einem Trampolin über den Dächern New Yorks. Ich habe, wie immer nichts daran nachträglich verändert. Ich fotografiere immer so, daß man nichts bearbeiten muß", erklärt Elfi Semotan ein bißchen stolz. Eine zierliche, unprätentiöse Person ist sie, mit einer leisen Stimme. Reden ist ihre Sache nicht. Wenn sie über ihre Arbeit spricht, lebt sie auf. Wenn sie über sich selber erzählen soll, wird sie sehr zurückhaltend.

Geboren sei sie in Oberösterreich, wann sei unerheblich. In der Wiener Modeschule Hetzendorf habe sie Modedesign studiert, dann mit 18 Jahren genug gehabt von der damals, noch reichlich verschlafenen österreichischen Metropole und ist nach Paris, in die große, weite Welt abgehauen. Dort verdiente sie sich ihren Lebensunterhalt erst einmal vor dem Objektiv, als Model. Bald nahm sie die Kamera selbst in die Hand: "Ich konnte von Anfang an von meinen Modebildern leben", sagt sie, als ob das das Selbstverständlichste der Welt wäre.

Zwei bekannte Künstler waren die Männer an ihrer Seite: der Österreicher, documenta-Teilnehmer und Informelle Kurt Kocherscheidt (1935?-1992), mit dem sie zwei Söhne zeugte und danach der deutsche Wilde Martin Kippenberger (1953-1997, documenta X). Beide starben jung, noch in ihren Vierzigern, innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren. Zwei ungewöhnlich tragische Einschnitte in Elfi Semotans Leben.

"Natürlich beeinflußten mich meine Männer, beide gute, sehr gute Künstler: sie waren halt einfach da, mochten meine Arbeit wahnsinnig gern." Für den Begriff "Muse" hat Semotan nur ein verächtliches Lächeln übrig. Sie war selbst immer eine Bekannte. Die legendären Palmers-Plakate, derweil dutzendmal kopiert, bei denen Semotan in Pin-up-Manier perfekte Frauenkörper in Unterwäsche präsentierte, waren damals ein Skandal. Heute undenkbar: Semotans Kunstwerke verursachten Autounfälle, weil die Fahrer ihre Augen auf Begehrlicheres, als auf die Straße hefteten. Ob sie Claudia Schiffer, O. W. Fischer oder Elfriede Jelinek fotografiert, immer zeigt sich Semotan als Meisterin der Ahnung, die letztendlich nie offenbart. Das ist der Sex-Appeal ihrer Fotos. Der andere Blickwinkel auf die Welt, eben immer knapp daneben.

Ein Leben lang von der Modefotografie zu leben, könne sich Semotan im übrigen nicht vorstellen. Ein eigenes Kunstprojekt spuke schon in ihrem Kopf herum; die letzte kleine Ausstellung liege ja schon wieder zwei Jahre zurück. Verraten will Elfi Semotan noch nichts über ihre Pläne, nur soviel: „Ich werde nur zeigen können, was ich immer schon gemacht habe: Fotos eben.“



erschienen in Kunstzeitung Nr.45/Mai 00