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Eigentlich wollte er Popstar werden, gibt Marko Lulic zu. „Durch einen soziologischen Unfall, also weil ich ziemlich schlecht Gitarre spiele“, lacht Lulic, „wurde ich dann halt Künstler.“ Von Antje Mayer.

Marko Lulic: Multiple Heimat

Es sei im Grunde sowieso egal, ob man nun Künstler oder Popstar sei, so Lulic: „Das Leben ist in jedem Fall interessanter als die Kunst.“ Und aus dem sampelt der junge Österreicher in postmoderner Manier, was das Zeug hält. Werbung, politische Slogans, Architektur, Historisches. Auf ein einziges Medium läßt er sich dabei nicht einschwören. Ob Film, Musik, Malerei oder Bildnerei, ohne Skrupel zitiert, referenziert und kombiniert er Inhalte und Formales, auch mal Werke bekannter Künstlerkollegen, wie die seiner „Brüder im Geiste“, Martin Kippenberger, Albert Oehlen, Mike Kelley. „Ich bin ein postmoderner Verbrater“, so Lulic.

Diese Vorgangsweise resultiere aus seiner Biographie, die nie zugelassen hätte, erklärt Marko Luliæ (Jahrgang 1972), ein kulturelles Gedächtnis zu entwickeln. Vier Jahre sei er in Kroatien aufgewachsen, dann in Wien, zweisprachig natürlich. In seiner Jugendzeit empfand er Österreich als einen Staat, der noch in der Gründerzeit feststeckte. An der Akademie, wo er beim Maler Günter Damisch sein Diplom machte, „knatterten“ wie eh und je die alten Professoren. In punkto Medienvielfalt etwa agierte Österreich auf dem Niveau sozialistischer Staaten. Das Jugoslawien, das er in den Ferien kennengelernt hatte, empfand er im Gegensatz dazu als geradezu modern und zukunftsorientiert. Dann kam der Krieg. Auf einmal war Jugoslawien zum Schrottplatz Europas mutiert, zurückgebombt in graue Vorzeiten: künstlerisch, idelogisch, menschlich, in jeder Beziehung. So schnell ändern sich die Perspektiven.

Als Marko Luliæ Anfang dieses Jahres in Belgrad seine Ausstellung „Modernity in YU“ im „Salon of The Museum of Contemporary Art“ zeigte, bohrte er ordentlich in den Eiterbeulen serbischen Selbstverständnisses. Seine frech, auf Kleinformat reduzierten Baudenkmäler der kommunistischen Ära, einst hypermodern, nun in schäbig in Pappmaché und Sperrholz präsentiert, im Original einst heroische Huldigungen an Jugoslawien, Partisanendenkmäler oder „Heiligtümer“ wie Titos weltbekannte Krk-Brücke, wurden in Belgrad als Affront gewertet. „Da kommt ein österreichischer Quotenjugo daher, spricht auch noch schlechtes Ausländer-Serbokroatisch und demonstriert dem stolzen Serbenvolk den Verlust ihres urbanen Glanzes. Das kränkt“, resümiert der Künstler. Die serbischen Medien liefen Sturm, selbst auf die Titelseite der Boulevardgazette „Blitz“, der serbischen „Bild“, brachte es Marko Lulic.

„Ich will mich nicht als der Paradejugo der österreichischen Kunst stilisieren“, wiegelt der Aufrührer ab. „Es ist im Grunde egal, woher ich stamme. Meine Geschichte, die Folie für meine Kunst, ist stellvertretend für die einer Generation. Einer Generation mit multiplen Heimaten, in der unser einer halt in keiner Heimat je geerdet sein kann.“



Über das Atelier Augarten Belvedere in Wien sind ab Anfang Juli Lulics Kataloge „Modernity in YU“und „Monuments of the Revolution“ erhältlich.
erschienen in Kunstzeitung Nr.74/Okt.02,S.16
> Atelier Augarten