Aktuell *Ost Über Uns Archiv Impressum English




Wer bei den Theaterstücken, Performances und Plakataktionen der österreichischen Künstler Gerhard Spring (Jahrgang 1962) und Julius Deutschbauer (Jahrgang 1961) in die Zangen genommen wird, der braucht ein dickes Fell. Von Antje Mayer.

Große Klappe

Deutschbauer und Spring

Vorausgesetzt die betreffende Person merkt das überhaupt, was angesichts deren Reaktionen, „die von überbordender Begeisterung bis zu höflichen Kopfschütteln reichen, nicht immer ganz klar ist“, wundert sich Spring.
Lieblingsopfer ist fast jedes Mal der sparsame ÖVP-Kulturstaatssekretär Franz Morak, der so begeistert über die Aufmerksamkeit ist, die ihm das junge Künstlerduo (seit 2000) entgegen bringt, „dass er unsere Plakate sogar stolz bei sich im Büro hängen hat“, schmunzelt Julius Deutschbauer.

Szeneausschnitt:

Die Galeristin Ursula Krinzinger (von Spring dargestellt) unterhält sich mit Franz Morak (von Deutschbauer dargestellt) über den bekanntermaßen überaus geschäftstüchtigen, österreichischen documenta-Künstler Peter Kogler:


Krinzinger:
„Peter Kogler hat in der Secession –gesponsert von der Firma Riedel- eine Wandtapete gemacht, die die neueste Erfindung der Firma Riedel visualisiert.“

Morak:
„Den Rand des Glases auf der einen Seite in einen Trichter übergehen lassen, der Trichter verjüngt sich, je nach Gewächs versteht sich, in einige verschieden große Röhrchen [...].“

Krinzinger:
„Eine Infusionsmaschine. Kein gewöhnliches Trinkglas mehr.“

Morak:
“Pure Information.”

Krinzinger:
„Peter Kogler ist in der Tat auf etwas gestoßen, das alle seine bisherigen Arbeiten vorbereitet zu haben scheinen. Eigens für Riedel, hat Peter Kogler Transformationen entwickelt, die die Form des Riedel-Glass aufgreifen und zur Idee des Moduls weiterentwickelt.“

Und so weiter, und so weiter: Drei Fliegen mit einer großen Klappe.

„Wir wollen nichts politisch oder kulturell bewirken, wie das der sehr ambitionierte Herr Schlingensief versucht“, meinen Spring und Deutschbauer und man hört förmlich die Abneigung gegenüber solcherart bierernst-germanischen Aktionismus in ihrer Stimme: „Wenn gelacht oder ausgelacht wird, ist das viel wert. Eine Meinung haben wir in dem Sinne nicht.“
Im übrigen seien sie bildende Künstler (vertreten von der Wiener Galerie Silvia Steinek) mit Hang zum Theater und würden daher „schon allein aus finanziellen Gründen nur auf Auftrag produzieren“. Sie seien schließlich ein „Serviceunternehmen“ und grundsätzlich an allem interessiert.
Daher werden sie nun auch einen „Lehrgang zum erfolgreichen politischen Künstler in 12 Lektionen“ in der Kunsthalle Wien abhalten (voraussichtlich ab Mitte September) und am 21. September den österreichischen Künstler Erwin Wurm mit der exklusiv entwickelten Veranstaltung „Wurmfortsatz“ im Wiener Museum Leopold promoten. Dickes Fell bitte mitnehmen!



erschienen in Kunstzeitung Nr.74/Okt.02,S.16
> Julius Deutschbauer, Gerhard Spring