Aktuell *Ost Über Uns Archiv Impressum English




Der Herbst verspricht heiß zu werden für den Wiener MAK-Direktor Peter Noever und seine neue, seit heurigem Mai agierende, Pressedame Katja Blomberg (vorher Kulturredakteurin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung). Am 26. November nämlich öffnet nun doch, nach einer halbjährigen Verzögerung, eine Ausstellung über „Österreichs umstrittensten Künstler“: „Otto Mühl. Das Leben ein Kunstwerk“ (bis 29.2.2004). Von Antje Mayer.

Otto Mühl sorgt wieder für Aufregung

Erstmals, so die Kuratorin Bettina M. Busse, Co-Kuratorin von Kasper König für die Gironcoli-Präsentation im Österreich Pavillon auf der Biennale in Venedig, werde dann eine große Personalschau das Gesamtwerk von Otto Mühl umfassend beleuchten. Nicht nur die Materialbilder und Gerümpelskulpturen, so Busse, werden zu sehen sein, sondern erstmals auch Bilder, die in Mühls siebenjähriger Gefängniszeit und während der vergangenen Jahre in seiner neuen Wahlheimat Portugal entstanden sind. Großen Raum werde außerdem unveröffentlichten Filmen und Fotos eingeräumt, die die Aktionen und Performances in der berühmten Friedrichshof-Kommune nahe Wien und in Mühls Wohnatelier im zweiten Wiener Bezirk dokumentieren. In dieser Wohngemeinschaft fand 1962 außerdem die erste Aktion von Hermann Nitsch statt.

Aufgrund der Foto und Filme hatte es schon im Vorfeld ordentlich Ärger gegeben. Einige ehemalige Kommunarden wollten partout nicht mehr mit Otto Mühl (Jahrgang 1925) in Verbindung gebracht werden, zumal sie auf vielen Bildern nackt abgebildet sind. „Sie haben für sich mit Mühl und der Kommune abgeschlossen und baten mich, keine Fotos mit ihnen zu zeigen“, so Bettina M. Busse. Die ist dem Wunsch inzwischen nachgekommen. Bekannte Persönlichkeiten seien unter denen, die sich verweigerten, ohnehin nicht, so Busse.

Auf Kritik wird sich Bettina M. Busse dennoch einstellen müssen. Otto Mühl, der 1970 die alternative Kommune Friedrichshof bei Wien gründete und innerhalb der "Aktions -Analytische Organisation" (AAO) nicht zuletzt das Experiment freier Promiskuität exzessiv auslebte, das letztendlich mit Pauken und Trompeten scheiterte, war Anfang der Neunziger Jahre zu sieben Jahre Haft verurteilt worden. Er hatte sich nicht nur an einem dreizehnjährigen Mädchen vergangen, sondern wurde auch wegen Unzucht, Beischlaf mit Unmündigen, Vergewaltigung und Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses in mehreren Fällen verurteilt. „Ich habe es satt, dass Mühls Werk, das zu einer der herausragenden innerhalb des Wiener Aktionismus zählt, immer wieder an diesen Punkten gemessen wird. Für das Museum und mich als Kuratorin stellt sich nicht die Frage nach Recht, Schuld oder Unschuld. Mühl hat seine sieben Jahre abgesessen, damit ist für mich die Sache abgeschlossen“, so Busse.

Das dürften einige Kritiker anders sehen, zumal die Qualität von Mühls Oeuvre, vor allem das der Malerei, auch unter Kunstkennern nicht ganz unumstritten ist und seine sexuellen Eskapaden als Kunst- bzw. Sozialexperiment von Mühl bewusst kommuniziert wurden. Probleme wird sich der derweil gesundheitlich stark gezeichnete Otto Mühl aller Voraussicht nach eher mal wieder selbst machen. Als er 1998, kurz nach seiner Haftentlassung, im Vorfeld einer zum Debakel geratenen Lesung im Wiener Burgtheater vom österreichischen Boulevard-Magazin News zu seiner Verurteilung befragt wurde, zeigte der sich wenig einsichtig: "Ich bekenne mich total zu meiner Tat. Also bereue ich nichts. Ich bin auch nicht resozialisiert."