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Das junge Wiener Architekten-Duo AB domen hat sich mit seinen unkonventionellen Wohnungsumbauten, Shopdesigns und Einfamilienhäusern einen Namen gemacht. Harald Almhofer und Wolfgang Badstuber sprachen mit Antje Mayer über ihre Arbeit und die Leidenschaft für ausgetüftelte Details... Von Antje Mayer.

Alles an seinem Platz

Wenn man erst einmal einen Namen hat, ist es ganz egal wie man heißt. Die zwei Architekten Harald Almhofer (Jahrgang 1967) und Wolfgang Badstuber (Jahrgang 1967) haben sich inzwischen einen gemacht und heißen AB domen. A und B sind die beiden Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen und domen heißt soviel wie Körper oder Bauch.

Apropos Bauch. Als die Zwei sich 1994 trafen, waren sie noch Architekturstudenten an der Technischen Universität Wien. Während ihre Kommilitonen über den Zeichentischen theoretisierten, kribbelte es den Zweien schon in der Magengrube und in den Händen. Raus aus der Uni, dachten sie sich, einfach machen. Bald schweißten sie die ersten selbst entworfenen Möbel, Regale und Tische aus Metall zusammen. Wenig später folgten schon Aufträge für Wohnungsumbauten. „Die unverblümt gezeigten Materialen wie Beton und die offen gelegten Konstruktionen der Prototypen und deren ausgetüftelten neuen Details mutierte alsbald zu so etwas wie ein Markenzeichen von AB Domen. „Wir mochten seit jeher das Modell mehr als den Bleistift. Und ich ordne heute noch lieber meinen Werkzeugkasten als Kaschmirpullis im Schrank“, schmunzelt Badstuber.

Dass das Studium dann durch die vielen Nebenjobs, Aufträge und dann später noch durch Nachwuchs etwas länger dauerte, darüber können Almhofer und Badstuber inzwischen lachen. Überhaupt können sie das gut: lachen, besonders gut über sich selbst. Mit dem Dauerfrust mancher Kollegen können sie nicht viel anfangen: „Die Einschränkungen und Vorgaben beim Bauen sind für uns gerade das Salz in der Suppe. Uns macht es besonders viel Spaß, an der jeweiligen Aufgabe zu wachsen und Lösungen zu finden. Selbstverwirklichung hat in der Architektur, unserer Meinung nach, nichts zu suchen“, meint Wolfgang Badstuber.

Dass zu dieser Einstellung ein hohes Maß an Bescheidenheit gehört, versteht sich von selbst. „Wir beide können mit Superlativen und dem vielstrapazierten Visionären in der Architektur, das oft nur Platzhalter für die Konstruktion individueller Mythologien ist, den Star-Soundso und Mega-Soundso, nicht viel anfangen. Das sind doch Begriffe, die mit dem Bauen im Alltag im Grunde nichts zu tun haben, sondern vielmehr mit dem Apparat rundherum“, ärgern sich Badstuber und Almhofer. Deswegen haben die AB domen-Jungs auch einen praktischen Kombi und keinen schwarzen Cabrio-Saab vor der Tür. „Denn Bescheidenheit ist weniger Unterschätzung unser selbst, als Hochschätzung der anderen“, lacht Harald Almhofer.

Apropos die anderen. Wer sind AB domens Bauherren? Geschäftsleute, Unternehmen, Wohnungseigentümer, Familiengründer, Apotheker, Ärzte, Künstler und sie selbst. „Wir sind in unserem Büro in der Schottenfeldgasse vorwiegend zu zweit und wollen auch bewusst so klein bleiben. Bisher haben wir neben Möbeln, zig Shopdesigns entwickelt, sehr viele Wohnungen und Büros umgebaut und zwei Wohnhäuser realisiert“, erklärt Badstuber. „Wettbewerbe machen wir kaum. Wenn man die effektiv und erfolgreich durchgehen will, muss man einen nach dem anderen rauspfeffern und die Wettbewerbssprache fließend aus dem FF beherrschen. Das hat sich bei uns nie ergeben. Wir befanden uns immer mitten in einem Projekt, dann hat sich von selbst schon wieder das nächste ergeben.“

Gerade ist eines in der Kremser Altstadt fertig geworden, auf das Ab Domen besonders stolz ist: die Adler Apotheke. „Dieses Projekt war eine große Herausforderung für uns. Wir hatten für den Verkaufsraum gerade einmal vierzig Quadratmeter zur Verfügung. Dieses Lokal ist zudem hochfrequentiert“, so Badstuber. „Der Bauherr wollte es zu einem ‚Kompetenzzentrum’ nebst Beratungsbereich umbauen, wobei noch Aspekte des Denkmalschutzes mitbedacht werden mussten.“

AB domen löste diese Aufgabe mit Bravour. Zur Straße hin rissen sie die Fassade radikal auf, um Licht und ein größeres Raumgefühl zu gewinnen. Unternehmerische Transparenz im wortwörtlichen Sinne. Statt in Schaufenster können die Passanten den Apothekern nun bei der Arbeit auf die Finger schauen. Auf dem Präsentierteller sind sie damit dennoch nicht. Wenn dies nämlich nicht erwünscht ist, etwa bei einem Beratungsgespräch, wechselt das LCD-Glas auf Knopfdruck -dank sei der neuen Technologie- kurzerhand auf transluzent.

Im Innenbereich herrschen AB domens Lieblingsfarben vor: raumvergrößerndes Grau und Weiß. Die Stuckdecke von 1890 hat man beibehalten. Als zeitgenössisches Dekor dient, was ohnehin vorhanden ist: Die Medikament-Verpackungen bilden strukturierte bunte Streifen in den schmalen hinterleuchteten -und damit den Raum verbreiternden- Regalbändern. Die Schränke sind tief in die Wand eingelassen. Sie wirken leicht und schwebend, indem sie leicht vom dunklen Steinboden abgehoben sind, genauso wie die L-förmige Verkaufspodest. Kein dekorativer Schnickschnack zuviel, alles befindet sich an seinem Platz.

Das „an seinem Platz sein“ ist überhaupt einer der Leitsprüche von AB domen. „Wir wollen unseren Auftraggebern nicht irgendetwas aufs Aug’ drücken“, erläutern die zwei Architekten, „deswegen besprechen wir im Vorfeld intensivst mit ihnen, wo sie was, wofür brauchen. Wir liefern dann eine möglichst intelligente Raumkomposition, die die Bewohner dann im besten Fall selbst ‚remixen’, also weiterentwickeln.“
„Sichtbezüge, Penetrationen, Implantate, Durchbrechen gewohnter Raumordnung und Raumerfahrung, Neudefinitionen von Räumen. Das ist AB domen“, schrieb Sasha Pirker in Architektur Aktuell. „Genau“, scherzen Almhofer und Badstuber, „am liebsten reißen wir Wände ein und verschieben sie.“

Da steht dann die Badewanne schon einmal vor den Dachterrassenfenstern wegen „der besseren Aussicht“. Auch die Begegnung mit der Toilette darf zum Ereignis werden, weil sie in einer Boxl, wie ein „Klohäusl“, mitten im Raum steht. Am über die Funktion hinausweisenden Sinn haben AB domen und ihre Bauherren ihren Spaß.

„Dass die dann etwas verändern, damit haben wir überhaupt kein Problem“, ergänzen AB domen. „Wir schrauben unsere Möbel nicht wie Mies van der Rohe am Boden fest“, versichert Badstuber. „Unser Frisiersalon in der Florianigasse 28 im achten Wiener Bezirk beispielsweise ist von der Besitzerin in den vergangenen fünf Jahren mehrmals umdesignt worden und funktioniert trotzdem noch.“ „Repräsentatives zu schaffen“, wirft Almhofer ein, „sehen wir nicht als unsere Aufgabe. Wer Marmor-Pipapo will, kommt nicht zu uns. Das Ausstaffieren wollen, wie sich gezeigt hat, die Bauherren meist lieber selbst in die Hand nehmen.“ Wie sagt man so schön: Die Fassung von Edelsteinen erhöht ihren Preis, nicht ihren Wert.

Dass einige ihrer Architekturen, wie etwa das Shopdesign für Elektrotechnische Anlagen Harrer GmbH in Großenzersdorf, für die sie eine gänzlich weiße Inneneinrichtung mit austauschbaren Decken- und Wandpaneelen, Verkaufsbord und Präsentationsbord (Foto) schufen, nach nur zwei Jahren, wegen Schließung der Filiale, gar nicht mehr vorhanden ist, knackst nicht an des beiden Selbstbewusstsein. „Shops sind doch keine Museen. Design ist immer irgendwie modisch, Ausdruck eines Zeitgeistes und hat naturgemäß eine geringere Halbwertzeit“, finden AB domen. „Als uns der Bauherr der Apotheke in Krems bat, eine Architektur zu entwickeln, die mindestens zwanzig Jahre anhalten soll, mussten wir im Gegenteil sogar erst einmal schlucken.“

Das „an seinem Platz sein“ heißt für AB domen jedoch auch Materialien an ungewohnte Plätze zu verlagern: Bremsbacken unter Glasplatten, Bezüge aus alten Persermänteln auf Trambestuhlungen oder Beton und Schwimmingpool-Anstrich ins Bad. „Auf meinen Asien-Reisen habe ich gesehen, wie gewieft Menschen Materialien recyceln und geschickt mit Räumen umzugehen verstehen“, erzählt Badstuber, „Mit einfachsten Mitteln werden dort angenehme Wohnräume geschaffen, die zum Beispiel perfekt das Klima einzubeziehen verstehen. Es zieht nicht am falschen Ort, die Sonne blendet nicht, wo sie nicht soll, beim Schlafen ist es kühl statt zu heiß.“ Almhofer nickt: „Einfache, aber effektive Lösungen inspirieren uns.“



Biografie

1994 Gründung von AB domen
mit Harald Almhofer und Wolfgang Badstuber

Projekte
1994 Workstation Susi Klocker, Wien, 1995 Urban Implantation, Project, Wien, 1995 Neuadaption Ringstrassenvilla, Krems, Nö, 1996 Wohnscheune Fam. Sonnleitner, Gampern, OÖ, 1996 Appartment Andrea e., Wien, 1997 Frl. Frisöse, Wien, 1998 Megacard, Wien, 1998 Workstation Markus Rössle, Wien, 1999 Frisör Daher, Wien, 2000 „3007“, Agentur, Wien, 2000 Tomika, Dachbodenausbau, Wien, 2000 Kiddy&Co, Jugendclub, Wien, 2000 Brennbox, Retz, Nö (mit Hella Fidesser), 2001 gloom, Wien, 2001 Shipping, Wien, 2001 Eta, Gross-enzersdorf, Nö, 2001 Gesundes, Wien, 2001 Mediabox, Klagenfurt, Kärtnen, 2001 Messegestaltung Fa. Fill, Gurten, OÖ, 2002 Adler Apotheke, Krems
in Arbeit: Schimahouse Wien 16, HUB Dachausbau Wien 16, Donauwohnen in Stein/Wachau
Ausstellungsbeteiligungen

1996 HDA Graz, Die Angemessenheit der Mittel
2000 Wien heute
2001 Unsichtbare Architekturen, Muqua, Wien

Kontakt
AB domen, Schottenfeldgasse 41-43/2/29, 1070 Wien,
Tel.: +43-01-5240364, F: +43-1-5240364, abdomen@mcnon.com>
erschienen in H.O.M.E, Nr.01/04, S.92ff