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„Works of Architecture should land on earth as if they came from a far universe“ (Masaharu Takasaki, Architekt)

Alle Tendenzen russischer Avantgarde reflektierten auf den Kosmos, meint Igor Kazus im Architekturmagazin „Project Russia“ (nr. 14), wobei der Höhepunkt „kosmischer Kunst“ im Suprematismus und den Arbeiten von dessen Begründer Kazimir Malevich liege. Schon Anfang des letzten Jahrhunderts, wo die Raumfahrttechnologie noch in weiter Ferne und in den Visionen phantasievoller Schriftsteller lag, entwarfen Malevich und sein Zeitgenosse El Lissitzky Projekte wie „aero-cities“ oder „planit houses“. Und Künstler wie Georgy Krutikov und Viktor Kalmykov präsentierten mit ihren Zeichnungen „fliegende Städte“, „vertikale Hochhäuser“ oder Satelliten außerhalb des Orbits. Von Manuela Hötzl.

Bauherr: Major Tom

Weltraumarchitektur von Barbara Imhof, Liquifer, Wien

Thema war, ebenso wie in den westlichen Avantgarden, der (neue) Mensch und dessen Beziehung zum Kosmos. Aber nicht nur. Die Vision dieser Projekte begründeten auch eine andere Dimension der Architektur auf der Erde, das Verständnis für Raum, Technologie, Leben und Wohnen auf der irdischen Welt. Einerseits fand man die technoide Ästhetik der realen Science Fiction in der Architektur der 60er und 70er Jahre (z. B. Archigram) wieder, andererseits thematisierte man, ebenso wie in der Kunst, ein neues Verhältnis zwischen Körper und Raum. Auch die Arbeiten der Architekten Greg Lynn (USA) oder Kaas Oosterhuis (NL), die sich mit technologisierten Räumen und intelligenten Materialen beschäftigen, sind weitgehend von diesen Technologien bestimmt.

Im Gegensatz dazu spielte in der von Ingenieurkunst bestimmten Raumfahrt, Architektur und Architekten bis lang keine Rolle. Dort stand die technische Machbarkeit vor angenehmen Lebensbedingungen für Astronauten. Weltraumarchitektur wie jene von Barbara Imhof, die bei der NASA an dem Marsmissionsprojekt „Bioflex“ mitgearbeitet hat und für die ESA (European Space Agency) Prototypen für Mondbasen, Marsraketen- oder Mobilen entwickelt, sind zwar von einer Umsetzung immer noch weit entfernt - mit der Idee von längeren bemannten Flügen und der geplanten Marsstation ist Architektur allerdings erstmals zum Thema geworden.

Imhof: „Internationale Raumstationen sahen früher aus wie Maschinen, die deutlich machten, wie wenig Rücksicht auf den Menschen genommen wurde. Architektur und Design spielen da eine Rolle, wo man vom reinen Campingtrip abkommt“. Anders als ihre bereits erwähnten Architektenkollegen hat Imhof ihren Standpunkt jenseits des Orbits. Ihre Projekte beziehen sich auf eine reale, nicht virtuelle Wirklichkeit von Architektur – allerdings in einer anderen Welt. Diese Verschiebung der Bedingungen für Architektur befruchtet beide Sparten. Denn ebenso wie das Haus als Behausung mit Satteldach seine jahrhundertlange Symbolkraft formal zu durchbrechen sucht, ist auch die jüngere Raumfahrt mittlerweile an formale Tradition gebunden – und da wie dort fällt ein neuer Entwurf schwer.

Barbara Imhof setzt bei allen ihren Projekten, von Raketen bis Kunstinstallationen, auf die Transformation und Vernetzung beider Welten, die gleichermaßen an die Grenzen der Fantasie und Vorstellungen gestoßen sind. Terrestrischen Raumvorstellungen und Gewohnheiten müssen unter Schwerelosigkeit verändert werden - und diese „andere“ Denkweise ist auch auf die Erde übertragbar.

Ihr neuestes Forschungsprojekt (zusammen mit Petra Gruber) versucht Strukturen aus der Bionik in die Gestaltung neuer Marsmissionsraketen einzusetzen. Die Gestaltung von Mondbasen, mit Studenten im Jahr 2003, war unter anderem eine Ideenfindung neuer „Bebauungskonzepte“ für den erdnähesten Himmelskörper. Ein Workshop im Tanzquartier unter dem Titel „Raumstation II“ hatte die Entdeckung von Raumbezügen im ästhetischen Feld des Theaters zum Thema.

Denn wie der russischer Autor Konstantin Savkin in schon erwähnten Ausgabe von „Project Russia“ feststellt: „Nach vielen Gesprächen mit Kosmonauten kam ich zu der Schlussfolgerung, dass das Leben auf Raumstationen eine konstante Suche für eine Architektur ist, für eine territoriale Organisation des Raumes“.




BARBARA IMHOF. Geboren 1969 in Wien. 1996 Architektur-Diplom an der Hochschule für Angewandte Kunst, Wien. 1997 MSS Master of Space Studies, International Space University in Strasbourg. 1997–2003 ESCAPE*spHERE in Wien mit Sandrine von Klot und Birgit Trenkwalder. Seit 1998 Assistentin am Institut für Hochbau 2 der TU Wien. Mitarbeit beim Projekt BIOPLEX, NASA Johnson Space Center, Houston, Texas.

www.liquifer.a