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Für ein traumhaftes Grundstück mitten in Hietzing hat das Wiener Architekturbüro AllesWirdGut (mit Rainer Pirker ARCHItexture team und werkraum wien) eine Villa gebaut und damit sein goldenes Händchen für komplexe Bauaufgaben bewiesen. Im wahrsten Sinne des Wortes... Von Antje Mayer.

Unaufdringlich glamourös - the Golden Nugget

Das Wiener Architekturbüro

Ein Goldgriff ist dieses schöne Fleckchen urbanes Land. So etwas gibt es nur noch selten in Wien. Knapp 1.500 Quadratmeter Park mit altem Baumbestand, den keine Zäune und Mauern begrenzen und das nur einen Katzensprung von der U-Bahn-Station Hietzing entfernt: Ruhig, grün und trotzdem mitten drin.
Ein Goldstück ist auch die Villa, die das Wiener Architekturbüro AllesWirdGut (mit Rainer Pirker ARCHItexture team und werkraum wien) dafür kürzlich erst fertiggestellt haben.
Ihr Arbeitstitel „SI+05“ gibt sich ein wenig sperrig und so nennen es die AllesWirdGut-Architekten intern lieber „Golden Nugget“, übersetzt „Goldklumpen“. Jedoch ist nichts Klobiges an diesem über 350 Quadratmeter großen Einfamilienhaus, vielmehr etwas unaufdringlich Glamouröses. Das „piano nobile“ -oder seine moderne Paraphrase darauf- ist mit Goldpulver beschichteten Alucobond-Platten verkleidet, das sich in Komposition mit den schwarz emaillierten Glasbändern distinguiert edel gibt. In der „gemeinen“ Sockelzone dazu das Kontrastprogramm: Sichtbeton mit Bretterstruktur und schwarzes Eternight für das Garagentor.
„Gold ist die Farbe der Stadt, strahlt gute Stimmung aus, frisch, lächelnd, selbstbewusst“, schreibt der Architekt Laurids Ortner in seinem „Wörterbuch der Baukunst“. „Das Stadtgold ist frei von den unangenehmen Aspekten eines Puritanismus moderner Baumaterialien und lässt sich trotz vieler historischen Anwendungen nicht als traditionell abqualifizieren.“
Glamour und bürgerliche Repräsentation der zeitgenössischen Art? Friedrich Passler, einer der fünf AllesWirdGut-Architekten, will gar nicht so weit gehen: „Dem Bauherren war ein dezent repräsentativer wie kommunikativ privater Charakter wichtig“. Klingt nach der ewigen Dialektik einer Bauaufgabe. „Ja, an dieser Dialektik schienen wir uns manchmal fast die Zähne auszubeißen“, lacht Passler. „Aber das sehen wir inzwischen schon fast als ein Markenzeichen von uns, dass wir Probleme und Einschränkungen als Potenziale begreifen.“
Nicht offen und transparent, schon ein wenig reserviert, gibt sich also die Villa, dabei alles andere als puritanisch, eher selbstsicher präsent. Die AllesWirdGut-Architekten lösten die Kubatur auf, höhlten und rhythmisierten die Volumen, ließen sie vor- und zurücktreten, ritzten und beschnitten die Flächen: Keine vordergründigen Showelemente, sondern Folge des inneren Raumprogramms.
Und so ungewöhnlich die Fassadeachsen gekippt und verschoben wirken, so überraschend versöhnlich passt sich das Gebäude nicht nur farblich, sondern auch bezüglich seiner Fassadengliederung an die historischen, Schönbrunngelben Gebäude in der Nachbarschaft an. „Musste auch sein“, erklärt Passler, „denn dieser Teil von Hietzing ist als ‚Denkmal- und Landschaftsschutzzone’ ausgeschrieben.“
Die architekturinteressierte Bauherrschaft, die im Vorfeld sogar einem Wettbewerb ausschrieb, zu dem unter anderem auch renommierte Büros wie Pichler & Traupmann und fasch&fuchs geladen waren, stellte, so Passler, höchste Ansprüche an die heterogene Raumnutzungen. Ihr Wunsch: Zwei Häuser in einem. Das Gebäude sei so konzipiert, dass es jederzeit -ohne lästige Baustelle und zusätzlichen Materialaufwand- in ein Zweifamilienhaus, in eine Wohnung für die Kinder oder eine Mietwohnung, geteilt werden kann. „Die Eingänge, Treppen, Sanitärräume und Anschlüsse haben wir bereits für später mitgedacht“, erklärt Passler.
Der Familie mit zwei Kindern war es wichtig, innen und außen so viele Raumqualitäten wie nur möglich geboten zu bekommen und damit die Nutzungen, so weit als durchführbar, schon im Vorfeld festzulegen. Sie wünschten sich etwa Zimmer mit Ausblick aber ohne Einblick, große, kleine, hohe, niedrige, helle, dunkle, offene wie abgeschlossene Bereiche. Terrassen waren ihnen wichtig, die sowohl Schatten als auch Sonnenbereiche bieten und zu unterschiedlichen Jahreszeiten, auch am Morgen, Mittag oder am Abend benutzbar sind. Klingt nach der Quadratur des Kreises?
„Diese hohen Ansprüche stellten eine große Herausforderung dar, aber die Organisation der Villa gibt sich im Grunde einfach. Deren Motto: Unten öffentlich, oben privat“, so die AllesWirdGut-Architekten, die im Übrigen das gesamtes Innenraumdesign gestalteten.
Über das Straßenniveau, eigentlich der Keller, betritt man das Haus. Hier befinden sich die Garage und der Kommunikationsbereich mit Sauna und Partyraum. Für die Familie und die Gäste dient genauso das 2,5 Meter darüber liegende Gartenniveau: Ein großer Wohnraum, mit einer durch verschiedene Schiebeelemente bei Bedarf gänzlich abtrennbaren Küche, der sich großzügig durch eine fast durchgängige Glasfassade spektakulär zum Park öffnet. Davor teilweise überdachte Terrassen und Pergolen. Der Übergang vom Garten zum Innenraum erscheint dadurch fließend. Das Obergeschoss dient als privater Rückzugbereich: Kinder- und Elternschlafzimmern mit kleinen intimen Innenhöfen, jeweils eigenen Eingang und Bad. Darüber die Dachterrasse. So einfach so gut.
So simple, -wies scheint- war dann die Bauaufgabe dennoch nicht. Die eierlegende Wollmilchsau, die existiert nun einmal nicht. Nicht immer homogen gehen die Raumeinheiten ineinander über, deren Dramaturgie naturgemäß zuweilen störrisch wirkt. Sehr unruhig ist der Eindruck, wenn so viele verschiedene Zimmercharaktere aufeinander stoßen, nichts dem Zufall überlassen wird. Doch das ist schon eher eine Frage des Geschmacks. Der eine mag’s spontan, der andere vorbestimmt.
„Einen reibungslosen Ablauf in dieser Villa zu ermöglichen, trotz ihrer extrem unterschiedlichen Raumqualitäten- und nutzungen sahen wir als unsere Pflicht“, so Passler, „dabei aber noch spektakuläre Momente und Überraschungen zu schaffen, war dann die Kür.“
Und die gelang. Ein Highlight der Villa ist sicherlich ihre visuelle Regie. Wenn man das Haus betritt, bekommt man nur einen kleinen Ausschnitt des Parkgrundstücks hinter dem Haus zu sehen, eine Ahnung. Wenn man dann die Treppe hoch in den Wohnsalon steigt, dann der Plot: der sensationelle Panoramablick in die schöne Natur. Im Obergeschoss folgt nach dem Happy End der Abspann: Große Fenster, in deren Laibungen man sitzen kann, rahmen das Grün kontemplativ. „Solche sinnlichen Qualitäten eines Gebäudes“, so die AllesWirdGut-Architekten, „ist für uns letztlich dann auch das, was uns an der Architektur brennend interessiert.“



Projektdaten:
Generalplanung: Arge SI+
(AllesWirdGut ZT GmbH, Rainer Pirker ARCHItexture team, werkraum wien)

Planung: 09/2001-10/2003
Fertigstellung: 12/2003
Nettonutzfläche: 385m²
Grundstück: 1.484m²
Ort: Wien, Hietzing

AllesWirdGut ZT GmbH
gegründet 1999
Mitglieder: Ingrid Hora (1976), Andreas Marth (1969), Friedrich Passler (1969), Herwig Spiegl (1973), Christian Waldner (1971)

Projektliste (Auswahl)
DOZ - Dorfzentrum, Fließ
DONG - Don Gil Shopdesign, Graz,Innsbruck, Pasching, Seiersberg, Wien
FUZI - Fußgängerzone, Innichen
KIGA - Kindergarten, St. Anton
KIZ - Pfarrzentrum, St. Anton
MBM - Einfamilienhaus,Fließ
MQ21 - Innenausbau, MQWien - quartier 21
turnOn - Wohnvision, überall
ZIV - Zivilschutzzentrum, Innichen

Kontakt:
Große Neugasse 27
A- 1040 Wien
Tel.+43-1-9610 – 437
Fax.+ 43-1-9610- 311
email: awg@alleswirdgut.cc>
erschienen in Kunstzeitung 04