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Wie bekommt man Zeitungen, seinen Kaffee und ein knuspriges Croissant an einen Tisch? Manche schaffen das zu Hause, die anderen müssen ins Kaffeehaus und laden sich Freunde dazu ein. ‚Gemma auf einen Kaffee', ist ein typisch österreichischer Satz, den auch Klaus Peymann in Berlin vermisst. Aber wohin? In Graz ist diese Frage mit einem Wort beantwortet: Auf ins Mocca! Auch dort kann man seit einiger Zeit moderne Kaffeehauskultur vom Feinsten erleben. Von Manuela Hötzl.

Noch einen Kaffee, bitte!

Café Mocca in Graz - Architekt: Siegfried Frank

Das Kaffeehaus als Institution muss hierzulande also wahrlich nicht neu erfunden werden. Ob zum Frühstück oder beim letzten Achterl vor der Sperrstunde, das Flair eines echten Kaffeehauses ist zu jeder Tages- und Nachtzeit dasselbe. Dennoch oder gerade deswegen etablieren sich die heranwachsende, wie die Pilze aus dem Boden sprießenden Designerschuppen und Nobellokalitäten immer schwerer. Wovon das genau abhängt, ist nicht leicht zu analysieren. Orte und Trends sind eben genauso schwer abzuschätzen, wie logisch sie im nachhinein sind. Bei Lokalen ist das ähnlich. Eines ist aber sicher, es gibt sie, die perfekten Locations.

Seit der Eröffnung im Mai 1999 ist das Café Mocca ein Fixpunkt in der Grazer Lokalszene geworden, ein Ort für junge Koffeinsüchtige und Zeitungsleser, die sich aus dem schnöden Alltag zurückziehen wollen.
Eigentlich am Rande jeder ‚Fortgeh-Gegend' gelegen, schafft das Mocca gerade deswegen eine Verbindung zwischen Universitätsgebiet und Innenstadt. Der Ort an sich ist schon ambivalent, am Rande des Stadtparks, der großen Grünzone, liegt das Café direkt am Glacis, der für Graz stark befahrenen Ringstraße.
Das Haus wurde vor zwei Jahren von dem Grazer Architekten Manfred Partl generalsaniert, die alte Fassade wiederhergestellt und im hinteren Teil mit Wohnungen erweitert. Das ehemalige Gassenlokal, in dem das Café ist, liegt unter dem Straßenniveau und hatte eine extrem niedrige Raumhöhe. Alles Parameter, die nicht unbedingt die besten Voraussetzungen für eine lifestylige Gestaltung sind. Die jungen Architekten Frank-Bachlechner, die für die Innenraumgestaltung beauftragt wurden, entwickelten ein ausgewogenes Konzept und schaffte helle und offene Strukturen. Die Mittel waren reduziert, und sind einfach gewählt, gespickt mit ein paar gestalterischen Tricks wurde das ehemals dunkle Geschäftslokal zu einem gemütlichen lichten Café, das ein wenig an das Prückel in Wien erinnert. Vom Eingang zwei lange Sichtachsen in die Bastion der Kaffeehauskultur.

Der Raum war nicht nur niedrig, sondern auch sehr tief. Toiletten und Küche wurden deswegen im hinteren Teil situiert. Damit blieb der verbleibende L-förmige Raum frei. Durch vollverglaste hohe Schiebetüren zum Hof, wurde das Café nach außen erweitert und die Tiefe des Raumes aufgehoben. Im kleinen Außenraum hat man eine Sichtachse bis zu den Baumalleen des Stadtparks. Die Gestaltung des Außenraumes wurde von Anfang an miteinbezogen. Wichtigstes Element dabei waren die Stühle, die wie Seerosen direkt aus dem Stadtpark geschwommen kommen, und den Raum als helle Inseln, fast wie Lichtpunkte ergänzen. Die Stühle x von Vitra wurden hier erstmals verwendet und sind vom Architekten auch deswegen ausgewählt worden, weil man sie außen wie innen verwenden kann. Das Weiß der Seerosenstühle ist Blickfang und hebt sich besonders durch die zurückhaltende Farbgestaltung von Wand, Boden, Decke und Möblierung ab. Der gesamte Raum, wie auch der Betonboden ist cremefarben angestrichen, die sich über die gesamte Länge nach hinten ziehende Bank ist beige (warum? natürlich weil das die Farben von einem Mokka sind) mit Leder bezogen. Jede Farbe und auch jedes Material wiederholt sich und findet sich in woanders wieder. Der Bogen über der Tür, der den Eingang betont und gleichzeitig als Garderobe fungiert, ist aus dem selben Holz wie die Tische oder die Regalplatten hinter der Bar.
Einzige Raumteiler sind die Stützenreihe und die Bar. Diese beiden Elemente sind hintereinander gesetzt, die Schwere der Bar macht die Stützen zu leichten Elementen die den Betonbogen begleiten.

Ein weiterer Gestaltungskunstgriff, um den Raum höher und heller zu machen, wird bei der Decke eingesetzt. Trotz der niedrigen Raumhöhe wurde noch zusätzlich eine Decke eingezogen, die die gesamte Elektrik beherbergt. Das hält den Raum frei von unschönen Kabel und Leitungskästen. Gleichzeitig machte der Architekt aus dem Manko noch eine Tugend und setzte Lampen in rund ausgeschnittene Deckenlöcher, die wie offene Lichtkuppeln den Raum erhöhen. Ähnlich wirkt der lange Spiegel über der Sitzbank, der den Raum vergrößert und auch den an die Wand schauenden einen Überblick auf das Bar und Caféhausgeschehen ermöglicht.


Café Prückel: Das Ringstraßen-Café wurde 1989 im Stil der 50er Jahre - nach den bekannten Wiener Architekten Oswald Haerdtl unter der Leitung von Prof. Johannes Spalt - renoviert und beeindruckt durch seine großzügigen hohen Räumlichkeiten.
Hier findet man noch Zeit und Muße zu anregenden Gesprächen oder zum gemütlichen Lesen abseits der Hektik des Alltages ... Das Café Prückel beherbergt auch eine eigene "Kartenstube", die in dem im Jahre 1995 fertiggestellten "Goldsaal" untergebracht ist.



erschienen in Wohnen Nr.04/01,S.117