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Führte das Badezimmer vor Jahren noch ein trauriges Dasein als zugefliester Einheitsraum, erlebt es derzeit, durch neue Designideen und intelligente Werkstoffe, als Wellnesszone seine Renaissance. Von Antje Mayer.

Von der Nasszelle zur Wohlfühloase

Unsere Vorfahren, die alten Ägypter, Griechen und ganz besonders die Römer wussten noch, dass sie einem „gesunden Geist“ „einen gesunden Körper“ schuldig sind und zelebrierten in ihren berühmten Thermen und Bädern mit Warmluftheizungen und Marmorwannen, schon vor über zweittausend Jahren eine lebendige Badekultur. Ein Badezimmer in den eigenen vier Wänden, konnten sich freilich auch damals nur die Reichen leisten. Man vergisst schnell: Bassena, Toilette am Gang und Waschschüssel im Zimmer, waren bis vor fünfzig Jahren noch in den meisten Haushalten gang und gäbe. Kaiserin Kleopatras Badetempel, in den sie sich in Eselsmilch zu legen pflegte, dürfte jedenfalls größer als sechs bis zehn Quadratmeter gewesen sein. Gerade einmal so klein nämlich ist durchschnittlich, nomen est omen, eine „Nasszelle“ hierzulande dimensioniert.

Römisches Badeflair kann da nicht aufkommen, möchte man meinen, dennoch überbieten sich Designer, Architekten und Hersteller in den vergangenen Jahren geradezu, die dunkel zugefliesten Hygienekammern zu durchgestylten Kommunikations-, Ruhe- und Wellnessbereichen umzufunktionieren. Wolfgang Joop beschwerte sich kürzlich in einem Interview, dass dem Badezimmer im Gegensatz zum Wohnzimmer immer noch viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt würde. Für den österreichischen Architekturkritiker Dietmar Steiner eine Sünde: „Das Badezimmer ist die eigentliche, zeitgemäße Morgen- und Abendkapelle und sollte daher der wichtigste, der schönste, reichste und eigentlich der größte Raum der Wohnung sein.“

Wichtiger als jede designte Ausstattung, findet deswegen der Architekt Wolfgang Badstuber vom bekannten jungen Wiener Architektenkollektiv AB Domen (mit Harald Almhofer), ist deswegen die räumliche Anordnung und Struktur eines Badezimmers im Verhältnis zum Wohnbereich: „Üblicherweise legt man die ‚dienenden Räume’, wie das Badezimmer, in die Nordzonen. Sie sind für sich abgeschlossen und oft ohne Fenster. Aber warum nicht diesen wahrscheinlich am meisten genutzten Raum auch mal öffnen und ihn in den Süden zur Sonne, mit einer schönen Aussicht legen?“ In einem Wohnatelier in der Hackengasse im 15. Wiener Bezirk (siehe Foto) hat AB Domen das Badezimmer dann auch zum großen Wohnraum orientiert. Variable Schiebewandelemente sorgen dafür, dass der Hausherr entweder privat bleibt oder aber, in der Badewanne liegend, den freien Blick über die Dächer Wiens genießen kann.
Das junge Grazer Architektenbüro Innocad agierte subversiv und ließ die Badewanne eines passionierten Junggesellen in den Boden seines Wohnzimmers ein. Bei Damenbesuch kann, so dessen Wunsch, das „Corpus delicti“ durch zwei Klapptüren schnell aktiviert werden oder bei Bedarf dezent verschwinden.
Gerade im Altbau, wo die Wände oft dick genug sind, kann man durch nachträgliche Durchbrüche zum Wohnbereich und Nischen, in denen die Dusche oder Wanne untergebracht werden kann, viel Luft und Licht in die engen Waschkammern zaubern.
Bei kleinen Bädern, ob neu oder alt, gilt vor allem die Regel: Kein überladener Design-Schnickschnack, das heißt kein Zuräumen mit fertigen Schrank- und Sanitärsystemen, filigrane Formen, schlichte Armaturen und „leichte“ Materialien wie Glas verwenden. Spiegel, helle und glänzende Farben und ein einheitlicher Anstrich vergrößern den Raum optisch.
Eine Umfrage des Gallup-Instituts zeigte, dass die Lieblingsfarben der Österreicher bei Fliesen Weiß, Blau, Hellblau, dezentes Grün und Creme sind. Alte Fliesen zu streichen, davon rät der Architekt Wolfgang Badstuber allerdings ab: „Das hält nicht lange. Entweder Fliesen überkleben, rausreißen, verkleiden oder man arrangiert sich mit ihnen. Eine neue Lichtsituation, ein einheitlicher Anstrich der Wände und des Boilers etwa mit einer Schwimmbad-Farbe, oder kleine neue Designelemente können eine große Wirkung bringen.“
Bei einer Maisonettenwohnung im 5. Wiener Bezirk mit Minibad (siehe Foto) hängten die AB domen - Architekten beispielsweise eine Standardbadewanne in ein Metallgestell, verkleidete sie außen, mit zum Boden abschließendem Plexiglas, das sie anschließend hinterleuchteten. Eine einfache und preiswerte Idee mit viel Effekt.
Das Badezimmer erschwinglich und in kürzester Zeit, ohne große Schmutz- und Stemmarbeiten, aufzumöbeln, geht auch, indem man die Armaturen austauscht. Man muss sich ja nicht gleich ein ganzes Bad von Designer-Stars wie Phillipe Starck, Matteo Thun oder Gianni Versace leisten, aber ein Mischer wird das Haushaltsbudget nicht übermäßig belasten.
Wolfgang Badstuber indes, schwört lieber auf die sogenannten „Objektausstattungen“ der großen Sanitärfirmen, die diese für Ämter, Spitäler, Altersheime und Schulen anbieten. „Diese Objektserien sind meistens nicht nur besonders schlicht und schön geformt, sondern auch zierlich, sehr robust und kostengünstig.“ Von Gummidichtungen rät er dringend ab: „Das ist Schrott. Nur keramische Dichtungen verlangen“, so der Architekt. Und Markenarmaturen: Die haben immerhin eine durchschnittliche Lebensdauer von zwölf Jahren. Wer Energie sparen will, sollte sich Thermostatarmaturen, oder solche mit Gangschaltung zulegen. Bedient man die Hebel nur bis zu einem spürbaren Widerstand, lässt sich der Verbrauch von Wasser und Energie auf bis zu weniger als 50 Prozent „bremsen". Auch Armaturen mit Bewegungsmeldern, die inzwischen günstig für den privaten Wohnbereich angeboten werden, sind praktisch, besonders für alte Leute und Kinder.
Übrigens: Installateure warnen immer wieder davor, im Bad mit zu aggressiven Putzmittel an die Sachen zu gehen: lösungsmittel- oder säurehaltige Reiniger, Kalkentferner, Haushaltsessig oder Reinigungsmittel mit Essigsäure, rauen die glatten Oberflächen der schönen, neuen Armaturen und Keramiken auf und werden damit anfälliger für Kalk und Schmutz. Hähne und Hebel, nach jeder Benutzung, kurz mit einem Schwamm und mildem Seifenwasser abreiben. Das ist umweltfreundlich und die guten Stücke leben länger. Keine Kalkflecken verspricht auch ein anderes Verfahren: Keramiken, mit unter hohen Temperaturen eingebrannten Oberflächenbeschichtungen bewirken, dass die Wassertropfen abperlen und so keine Ablagerungen hinterlassen. Mit speziellen Fluids (etwa WonderGliss von Duravit) kann man selbst die Poren alter Waschbecken und WC-Schüsseln versiegeln, damit das Wasser wieder besser abtropft.
Immer mehr neue Techniken und ungewöhnliche Werkstoffe finden Einzug in die „Morgen- und Abendkapelle“ der Hygiene. Wolfgang Badstuber schwört auf Kunstharze und Beton, weil es individuell formbar ist und Beton, je nach Verschalung, die unterschiedlichsten Strukturen aufweisen kann. Auch Acryl, Steine, Metalle, wie Nirosta und Corian, findet man inzwischen im Bad und natürlich Holz, das derzeit selbst für Waschbecken, Wannen, ganz groß im Trend steht.
Durch neue Versiegelungsmethoden, oder einfach nur Bootslack, können etwa Lärche, nordischer Kiefer, Californian Redwood und kanadische Rot-Zeder, wasserresistent gemacht werden und sind eine feine Alternativen zu den teuren und aus Umweltschutzgründen bedenklichen Tropenhölzern. Dass Holz behaglich ist und als warm empfunden wird, kommt dem derzeitigen Trend im Badezimmer und dem neu erwachten Drang nach „zurück zur Natur“ entgegen.
Über die Hälfte der Österreicher immerhin (56 Prozent nach einer Umfrage des Gallup-Instituts), assoziieren das Badezimmer mit Entspannung. Wen es also vor öffentlichen Saunen und Bädern graut, der kann sein eigenes Bad neuerdings auch selbst zur Fitness- und Wellnessoase umfunktionieren. Wenn kein Platz für einen Whirlpool vorhanden ist, sollte man zu den neuen Alleskönner-Duschsystemen greifen, die fast alle Wellness-Stückerln spielen: Neben einem gemütlichen Klappsitz und den bekannten unterschiedlichen Strahlarten und Seitenbrausen, bieten diese Massagedüsen für Fuß-Reflexmassagen die Möglichkeit, im Dampfbad, in der finnischen Sauna oder bei einer Aroma- und Farbtherapie, zu entspannen. Integrierte Musikberieslung inklusive. Auch ein Bücherschrank passt ins Bad, oder eine Badeliege neben einem Heizkörper, die die Badetücher kuschelig vorwärmt, dazu eine ideale Badezimmerraumtemperatur von 23 Grad, dazu ein Urwald aus Pflanzen, die in im feuchten und warmen Klima besonders gut gedeihen, und das private Vitarium ist perfekt.
Der Architekt Wolfgang Badstuber indes, ist ein Freund der einfachen Wellness-Lösungen und hat für sich das Traumbad schon gefunden: „Eine Dusche unter einem Olivenbaum: Das wäre das Optimum für mich.“

AB domen Architekturbüro von Wolfgang Badstuber und Harald Almhofer, 7. Bezirk, Schottenfeldgasse 41-43, Stiege 2, Tel. +43-1-524 03 64, E-Mail: abdomen@mcnon.com

Tipps

Kleine Bäder vergrößern
Nicht mit fertigen Schrank- und Sanitärsystemen zuräumen, lieber filigrane Formen wählen und leichte Materialien, wie Glas einsetzen. Spiegel, helle und glänzende Farben und ein einheitlicher Anstrich vergrößern den Raum optisch.

Renovierung
Alte Bäder können durch Nischen und Wanddurchbrüche großzügiger und heller werden und mit dem Wohnbereich verbunden werden. Alte Fliesen sollten nicht überstrichen werden, können aber verkleidet oder mit neuen Fliesen überklebt werden. Auch das Auswechseln der Armaturen ist relativ kostengünstig und erspart lästige Stemmarbeiten. Dezent eingesetzte Accessoires und Designstücke tun oft auch ihre Wirkung. Schwimmbad-Farbe, statt Fliesen, ist eine gute und erschwingliche Lösung. Wo kein Spritzwasser hinkommt, kann auf Fliesen völlig verzichten werden.

Armaturen
Keine Armaturen mit Gummidichtungen, sondern nur keramische Dichtungen einbauen und nur Markenarmaturen, die eine durchschnittliche Lebensdauer von zwölf Jahren aufweisen. Intelligente Armaturen mit „Gangschaltung“, oder mit Bewegungsmelder, reduzieren den Wasserverbrauch bis zu 50 Prozent.

Pflege
Keine aggressiven Putzmittel verwenden. Lösungsmittel- oder säurehaltige Reiniger, Kalkentferner, Haushaltsessig oder Reinigungsmittel mit Essigsäure, rauen die glatten Oberflächen auf, die umso anfälliger für Kalk und Schmutz werden. Hähne und Hebel, nach jeder Benutzung, kurz mit einem Schwamm und mildem Seifenwasser abreiben.

Temperatur
Im Bad sollte es immer ein wenig wärmer, als im übrigen Wohnbereich sein. Etwa 23 Grad. Pflanzen gedeihen besonders gut in diesem feucht-warmen Klima und machen den Raum gemütlicher. Achtung vor Schimmelpilzen!



erschienen in H.O.M.E,10/02,S.116