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Flexibilität und Kommunikation sind die Schlagwörter der modernen Bürogeneration. Aber nicht nur der Jobsuchende muss diese Qualifikationen bieten, auch Firmen müssen sich immer mehr anstrengen, damit der Mitarbeiter der Zukunft sich wohlfühlt. Das betrifft das Image des Büros, die Verantwortung die jedem zugesprochen wird, Hirachien - und nicht zuletzt eine gute Büroatmosphäre! Von Manuela Hötzl.

Büroalltag der Zukunft – eine Welt der Nomaden?

"Auf der letzten Orgatec (der internationalen Fachmesse für Einrichtung und Management von Office und Objekt in Köln-Anmerk.) kamen alle Büromöbel auf Rollen daher. Stellen sie sich einen freien Mitarbeiter vor, der mit Handy und Laptop ausgestattet, die halbe Woche unterwegs ist, ins Büros kommt und dann fährt ihm der Schreibtisch auch noch davon. - So einfach ist die Umsetzung eines mobilen Büros nicht zu verstehen", meint der Architekt Dustin Tusnovics, Experte in Sachen Büro und Gründer des Design- und Architekturbüros "architecture & communication" in Wien - fügt allerdings hinzu: "So schwierig ist es auch wieder nicht. Es existiert nur keine Standardlösung für das "Büro der Zukunft", die man einfach aus einem Katalog bestellen könnte." Flexibilität ist auch bei den Planern gefragt, die Individuallösungen anbieten müssen, um Firmen aus dem enggeschnürten Korsett des Chef-Sekretärinnen-Systems herauszuhelfen. Ein Umdenken muss zuallererst auf der Führungsebene der Firma stattfinden. "Wenn der Geschäftsführer das Konzept nicht mitträgt, hat man keine Chance ein individuelles Programm, das die Mitarbeiter annehmen, zu entwickeln", weiß Tusnovics aus Erfahrung. "Sie müssen sich der Frage stellen, wie viel es Ihnen Wert ist, dass sich die einzelnen Mitarbeiter wohlfühlen", und damit meint Tusnovics nicht ausschließlich das Budget. "Für 727 Euro (10.000. -öS) pro Quadratmeter bekommt jeder von mir ein komplettes Architektenbüro eingerichtet, wenn nur 1 Prozent Effizienzsteigerung dadurch entsteht, hat sich jedes Büro amortisiert". Der Mehrwert ist dennoch nicht nur zahlenmäßig zu fassen. Je freier eine Struktur funktionieren soll, desto klarer muss die Verantwortung verteilt und abgegeben werden. Für Tusnovics funktioniert moderne Büroorganisation nur mit flachen Hirachien. Der Mitarbeiter soll sich mit dem Ort Büro, auch wenn er nicht mehr acht Stunden dort verbringt, identifizieren und ihn als Treffpunkt benutzen können. „Dennoch bedarf es sehr genau definierter Abläufe und funktionaler Zusammenhänge, wie diese einzelnen Akteure agieren und reagieren sollen.“

Denn - ob Home- oder Teleworker in einem Virtuellen Büro oder einem Telezentrum, in irgendeiner Form ist jeder Mitarbeiter in eine Unternehmensstruktur eingebunden. Und - der Arbeitsplatz der Zukunft ist längst schon Realität. Hat sich der Architekt Hans Hollein1969, in einem Glasrohr sitzend mit Arbeitsstation, noch in ein Bild eines Flugplatzes hineincollagiert - könnte er mittlerweile längst dort seinen Büroalltag verbringen. Wir können zwar davon ausgehen, dass gerade Hollein sein eigenes Arbeitszimmer besitzt, im Prinzip ist die Mobilität und das Überall-und-Jederzeit-Modell mit elektronischen Datenübertragungen bereits möglich. Doch damit kommt auch das zweite Schlagwort der "Kommunikation" ins Spiel. Je mehr die Mitarbeiter "unterwegs" sind, desto wichtiger wird das Büro als Plattform der Kommunikation, um sich auszutauschen.

Das Miteinander wird in den Vordergrund gerückt. Und auch Tusnovics vergisst nicht auf den Menschen, sondern propagiert: „Eine Atmosphäre des kreativen Arbeitens, aber gleichzeitig die Gemütlichkeit eines Arbeitsplatzes wie zu Hause. Das sind einige Möglichkeiten, die sich zwar von selbst ergeben, in einer Welt, in der zwar Computer eine immer größere Rolle spielen, aber der humane Aspekt wieder in den Vordergrund gehoben wird.“

Wären alle Büros unter diesen Aspekten gestaltet und auf die internen Abläufe abgestimmt, gäbe es keine zwei, die sich gleichen. Schwierig für den Architekten dabei ist das Wachstum der Firma, in die Gestaltung miteinzuplanen, das sich in den verschiedenen Bereichen jeweils anders entwickelt. Dafür ist eine genaue Analyse der Unternehmensstruktur notwendig.

Ein Paradebeispiel für ein „Büro der Zukunft“ ist die Consulting Firma "Deloitte" in Wien. Für die Gestaltung der 500 Quadratmeter war Dustin Tusnovics verantwortlich, als Bauherrenberater fungierte die Bene Consulting, ein Tochterunternehmen der gleichnamigen Büromöbelfirma. Jeder Mitarbeiter von "Deloitte" ist 95 Prozent seiner Arbeitszeit außer Haus, dementsprechend verfällt für jeden einzelnen Mitarbeiter, insgesamt sind es 60, der Anspruch auf einen eigenen Arbeitsplatz, bis auf die Führungsebene. Tusnovics konzipierte das "nonterritoriale Büro" und erfand für die Arbeitsnomaden den Begriff der "Karawanserei".

Das Miteinander, das zeitlich so begrenzt ist, rückt in seiner Bedeutung wieder mehr in den Vordergrund. Das Büro ist der Treffpunkt und das Image, das man wieder mit hinaus nimmt.

Räumlich ist das Büro zu je einem Drittel in Verwaltungs- Arbeits- und Kommunikationsflächen aufgeteilt. Die Zonen sind funktionsbesogen aufgeteilt, bei den Arbeitsplätzen, in heißen Zeiten stehen 45 zur Verfügung, gilt „First come - first served”. Jeder Mitarbeiter besitzt versperrbare Archivboxen, die im Eingangsbereich geparkt sind und mit Caddies zum jeweils freien Arbeitsplatz transportiert werden können. Selbst die „Chefetage“ stellt ihre Arbeitsplätze bei Bedarf zur Verfügung. Zusätzlich stehen Think-Tanks, abschließbare „Meeting Places“ oder gläserne Einzelkabinen als Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung. „On the beach“ heißt eine kleinere Nische mit Liegenstuhl - zur Entspannung oder zum Nachdenken. Das Ambiente ist zwar im ganzen schick und designed, im Detail wirkt die Gestaltung des Büros aber leicht, improvisiert und flexibel. Es sollte gar nicht als Repräsentationsort fungieren, da die Berater der „Deloitte Cosulting“ zum Kunden kommen und nicht umgekehrt. Trotzdem zeigen sie gerne ihr Büro her, wie Tusnovics weiß. Das Büro kann auf die verschiedensten Anforderungen mit großer Flexibilität reagieren und bietet Multifunktionalität in allen Bereichen. Dafür wurde der Firma und ihrem Gestalter der „Office of the Year Award 2000“ zugesprochen.

So kann ein „Büro der Zukunft“ nicht nur ausschauen, sondern auch funktionieren!



erschienen in Wohnen&Design 02