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Von Radl.

Sieben Tage ohne Architektur!

sieben tage ohne architekturstudium machen auch einfältig. zumindest drehen sich die gedanken im kreis. immer nur das eine. wenn ich doch nur dieses undankbare studium endlich abbrechen könnte, um endlich etwas sinnvolleres machen zu können. haare schneiden oder suppe an obdachlose verteilen oder blumen pflanzen oder blumenbeete designen oder notunterkünfte für tsunami-opfer. da sind wir wieder. der kreis schließt sich. irgendwie kommt man als gut konditionierter architekturstudent immer zum selben schluss. ich muss entwerfen. egal ob ich will oder nicht. in den letzten paar jahren habe ich nichts anderes gemacht und nichts anderes gelernt. ich kann nicht kochen, ich kann auch nicht haare schneiden, die paar pflanzen die ich hatte, sind auch meistens erbärmlich geendet, da man sie vernachlässigt hat, dem design virtueller universitätsprojekte zuliebe.

echte dinge zählen nicht. freunde und haustiere müssen leiden, damit man imaginäre bauvorhaben realisieren kann. aber imaginär ist auch noch zu real. nur weil mein projekt einen namen hat und ich liniendarstellungen davon anfertige und sogar wenn ich das ganze in eine städtisch reale situation reincollagiere, ist es immer noch weit entfernt davon, im gemeinsamen nenner unserer kollektiv wahrgenommenen realität tatsächlich zu existieren. nur im kopf meines betreuers und in meinem ist es irgendwie vorhanden, und nicht einmal wir beide haben dieselbe auffassung davon. wenn „mann“ haare schneidet, hat am ende wenigstens einer eine neue frisur. mit der kann er sein ego pushen oder andere beeindrucken.

VIELLEICHT KANN ER SOGAR JEMANDEN IN SICH VERLIEBT MACHEN
mit meinen uniprojekten im sammelsurium namens mappe kann ich vor diversen büros um jobs betteln gehen. und nicht einmal das lohnt wirklich im zeitalter des praktikantentums. ich beneide meine freunde, die geisteswissenschaftler. sie hamstern sich ein vermögen an wissen an in all den jahren. wissen, das sie praktisch irgendwann anwenden können, um die gesellschaft ein stück besser zu machen, oder anders. und sie bereichern sich selbst damit, werden einfach schlauer und kriegen irgendwann den doktortitel. ich und meine luftschlösser existieren, um ihrer selbst willen. meine selbstdesignten seifenblasen haben keine zukunft und keine vergangenheit, sie existieren nur für mich, und können sich selbst nicht mitteilen. und werden auch nie die welt verbessern, (stylischen entwurfsnamensgebungen zum trotz).

Ja, architektur macht einsam. einsam, weil es kein kollektives bewusstsein unter den architekturstudenten geben kann, weil jeder mit seinem projekt allein ist. wenn wir doch nur alle mal ein gemeinsames projekt machen könnten, alle architekturstudenten auf dem erdball. das wäre dann in all unseren gehirnen verankert, vielleicht wäre es dann so stark, dass es ausbrechen könnte und real entstehen, ohne dass es materialisiert wird. es muss nicht aus stein sein, lehm oder holz. aber mehr als linien, mehr als das script eines einfältigen cad-programms. mehr als titel und gedanke. ich leide darunter, dass entwürfe auf der universität einfach nicht mehr sind und werden können als gedanken. die sinnlosigkeit dieser tatsache macht mir zu schaffen und drängt mich periodisch in friseurfantasien hinein, oder in welten, in denen man nur deshalb teil des systems ist, um denen das leben einfacher zu machen, die selbst opfer des systems und seiner lücken wurden.

ich flüchte mich gerne in diesen kombi, der mit heißer suppe durch die stadt fährt und gratis diesen eintopf verteilt. und während ich drinnen bin und träume, fällt mir auf, dass das innere dieses kombis den raum nicht optimal nützt. die helfer haben drinnen zu wenig platz, und die suppe macht dauernd flecken, die aus diesem bodenmaterial des vans schwer zu entfernen sind. wieso tunen die das nicht, man muss doch diesen van optimieren wollen! zur zufriedenheit aller. aber den sozialarbeitern drinnen fällt das gar nicht auf. weil sie frei sind. sie sind nicht darauf dressiert, wie ein pawlowscher architekt, dauernd ihre natürliche umgebung zu pimpen, sie lehnen design nicht ab, sie haben eine gesunde ignoranz dem ganzen gegenüber, die ich nie wieder haben werde, weil dieses studium mir die unschuld geraubt hat.

meine welt ist unvollkommen und verbesserungswürdig. sie leidet am mangel an optimierungswillen, am fehlen von unsichtbarem design, denn nur dieses soll gut sein, sie ist nicht mal welt, ich nenne sie nur mehr gebaute umwelt, denn diese anderen orte machen mir angst. das sind alles mögliche zukünftige projekte, die eines tages irgendeinem einfältigen flächenwidmungsplan zum opfer fallen werden. der name wird dann ein sexy akronym werden, so wie step xx. trotzdem wird dort eine hässliche siedlung stehen und ich werde froh sein, nie wieder etwas an diesem institut für
städtebau machen zu müssen, weil ich überzeugt bin, dass die keine ahnung haben, wie man die umwelt bebaut. die machen doch auch nur try and error. bis jetzt mehr error als try. Jedenfalls fühle ich mich nur in der nähe von beton sicher.


BETON

in der nacht vor der inskribtion hatte ich einen traum. die tage davor war ich verzweifelt. 21 und noch keine ahnung, was ich studieren soll. alles kam infrage, aber nichts war interessant genug. meine erfahrungen in der arbeitswelt beschränkten sich auf einen schnupperkurs beim friseur und zehn monate freiwilliger sozialarbeit mit obdachlosen. aber in der nacht vor der inskribtion hatte ich einen traum. ich ging auf einer breiten asphaltierten straße umgeben von endlos hohen wolkenkratzern spazieren. und ich war allein. und die sonne spiegelte sich in dem warmen, in angenehmen grautönen gefärbten asphalt. und die gebäude fingen an sich zu wölben und die straße schlängelte sich hinauf und all dieser betonwahnsinn bog sich kurvenreich und geschmeidig, um mich zu umarmen. eine einzige elegie in mittelgrauem beton. am nächsten morgen stand ich in der studien- und prüfungsabteilung am karlsplatz und inskribierte architektur.



Allgemeine Zulassungsfrist an der TU WIEN im Wintersemester 2007/08:
16. Juli bis 31. Oktober, Nachfrist bis 30. November 2007

Ort: Studien- und Prüfungsabteilung: Hauptgebäude, Karlsplatz 13, Stiege 2, 1. Stock rechts; barrierefrei erreichbar über den 2. Hof, Stiege 7 Lift (Aufzugstation K2)
> Link:TU Wien/Fakultät für Architektur und Raumplanung