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Von Manuela Hötzl.

West End Graz/Teil 2

Städtebau per Mausklick

Im kommunikationsorientierten Entwicklungsprozess Graz-West (vgl. „Architektur aktuell“ 1-2/2001, Seite 2,3) konkretisierten sich zuletzt die städtebaulichen Leitideen auf verschiedenen Ebenen. Die Problemlagen können besser eingegrenzt und erste Themenüberschneidungen besser beeinflusst werden. Aus dem Wettbewerb, um das für Graz-West wichtige Gebiet des zukünftigen Fachhochschulzentrums ging im Jänner 2001 das Projekt des Innsbrucker Architekten Andreas Kleboth siegreich hervor. Er wurde mittlerweile vom Grazer Stadtplanungsamt mit der Weiterbearbeitung beauftragt. Städtebaulich-konzeptionelle Entwicklungen, die Kleboths Entwurf beinhaltet, werden in einen Rahmenplan für die Errichtung des FH-Campus einfließen. Je nach Ideenschwerpunkt der weiteren Wettbewerbsarbeiten für die FH sollen verschiedene Gesichtspunkte in der Folge zusätzlich übernommen werden. Aus dem Projekt von MVRDV (2.Preis) wurde ein innovativer Aspekt aufgegriffen und weiter bearbeitet: ihre städtebauliche Strategie wurde zwar von der Jury als allgemein und vage interpretiert, beinhaltete jedoch einen viel versprechenden Ansatz für ein Regelwerk zur Beeinflussung eines städtebaulichen Entwicklungsprozesses. Mithilfe konkreter Definitionen des öffentlichen Raumes entstehen Parzellen, auf denen die Freiräume umso größer sind, je höher die geplanten Gebäude werden.

Daraus entwickelte das Graz-West-Team unter der Leitung der Architekten Hansjörg Luser vom Amt für Stadtentwicklung und Harald Saiko mit seinem externen Planungsbüro ein ähnliches Regelwerk für das Gebiet der ehemaligen Brauerei Reininghaus. Ausgangspunkt war dort die Intention, auch in Entwicklungsgebiete einzugreifen, die sich den gängigen Instrumenten der Stadtplanung wie Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen entziehen. Um den Raum beherrschen zu können und Gestaltungsqualität zu erreichen, konzentriert sich der Prozess Graz-West auf den öffentlichen Raum und den Freiraum, wo noch ein hohes Maß an planerischer Beeinflussung möglich ist. Auf dem weitläufigen Brauereigelände soll ein Hochtechnologiestandort entstehen. Das Graz-West-Team schlägt ein System für ein ökologisch verträgliches Flächenmanagement vor, das die ohnehin zu erbringende Freiflächengestaltung lenkt. Dabei werden entsprechend den ökologischen Vorgaben und dem gewünschten Gebietscharakter die Anteile von Freiraumtypen, etwa 40 % Bäume, 30 % Gründach, 10% Parkplatz, festgelegt. Mithilfe eines flexiblen EDV-Programmes, entwickelt von Martin Emmerer, kann mit diesen Vorgaben die Flächennutzung für jedes Baugrundstück definiert werden: Man wählt ein bestimmtes Grundstück per Mausklick; dann werden die städtebaulichen Kennzahlen wie Bebauungsdichte und Gebäudehöhe eingegeben. Anschließend gibt das Programm konkrete Quadratmeterzahlen für die Größe der einzelnen Parameter an. Für jeden Bauwerber ist daher schnell und objektiv zu ermitteln, welche Auflagen bezüglich der Freiflächengestaltung zu erfüllen wären. Dennoch ist mehr nötig, um den Bauherrn für dieses übergeordnete Außenraumkonzept zu gewinnen. Ein wesentlicher Faktor der Strategie zur freiwilligen Übernahme wird die vorgesehene Förderung der Umsetzung aus EU-URBAN-Mitteln sein. Geplant ist auch ein Handbuch, das potenziellen Investoren die Möglichkeiten für Förderungen aufzeigen soll. Eine finanzielle Unterstützung bei Freiraumplanungen in Einbeziehung qualifizierter Fachleute ist vorgesehen. Allein der griffige Slogan vom „Denken und Arbeiten im grünen Westen“, die Corporate Identity von Graz-West, wird als Überzeugungshintergrund nicht genügen.




erschienen in Architektur Aktuell/09,Sept.01,S.6
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