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Achtung Stau! Es gibt viele, es gibt zu viele, es gibt viele unzufriedene Architekten. Eine Bestandsaufnahme der Architektur ist in der Tat kein Vergnügungsspaziergang. Aber Jammern ist nicht angesagt. Wien und Graz setzen Initiativen: In der Steiermark beginnen gerade alle bestehenden Architekturinstitutionen sich in der „Plattform Architektur“ ein gemeinsames Forum zu schaffen und in Wien wurde vor kurzem der Verein „ig-architektur“ (Interessensgemeinschaft Architektur) ins Leben gerufen, der die Anliegen von Architekturschaffenden fern aller sonstigen Berufsvertretungen stärken soll. Zwei Ansätze! Zwei Lösungen? Von Manuela Hötzl.

„Sie sind nicht im Stau, Sie sind der Stau!“ (Ulrich Beck)

Manche werden sich vielleicht noch an das Bild Reinhard Lettaus erinnern, der in seiner Geschichte „Schwierigkeiten beim Häuserbauen“ den Baumeister nach dem geeignetsten Platz für ein Haus suchen ließ. Das wahre Ende der „Schwierigkeiten beim Häuserbauen“ hatte ich letztens (Architektur & Bauforum Nr.213) verschwiegen, das sei aus passendem Anlass hier nachgeholt: Nachdem alle vorherigen Versuche, ein Haus zu errichten, gescheitert waren, fragten die Arbeiter: „Na, wo denn nun?“, „Hier, hier!“, rief der Baumeister und zeigte auf eine Stelle direkt neben seinem linken Fuß. Die Arbeiter fingen an, um ihn herum zu bauen, und im Nu war der Baumeister verschwunden. Mitten im Kamin stand der Baumeister bald, die Arbeiter hörten ihn noch rufen, aber sie gerieten in Verlegenheit, der Baumeister fehlte ihnen natürlich, sie wurden unlustig, und bald, da seine Stimme schwächer wurde, gaben sie die Arbeit auf.“

Bevor nun Mauern in die Höhe gezogen werden und die Stimmen der ArchitektInnen dahinter verschwinden, werden sie jetzt erhoben. Ein paar Mauern sprich Institutionen stehen leider schon, die für das „Haus“ sprich die Architektur hilfreich sind, um nicht den Eindruck eines „Kartenhauses“ zu vermitteln. Bestehende Ressourcen müssen zwar verbessert, aber nicht ignoriert werden. Worum geht es? An zwei Orten in Österreich konstituieren sich Foren, die beide eines wollen: Mehr Öffentlichkeit und den Berufsstand der ArchitektInnen verbessern und stärken.

In Graz haben sich die Länderkammer, die ZV, das Haus der Architektur, die TU-Graz und das Referat für Architektur im Forum Stadtpark, sowie weitere private Institutionen wie „artiamge“ entschlossen, eine „Plattform Architektur“ zu gründen, die gemeinsame Interessen vertreten soll. Um sich gegenseitig zu unterstützen, statt zu konkurrieren, ist geplant, Synergien herzustellen und Informationen auszutauschen. Die Institutionen und Vereine können sich dann wieder auf ihre Kernbereiche konzentrieren und Reformen durchsetzen, die „Plattform Architektur“ hingegen soll als öffentliche Stelle fungieren, die das gemeinsame kulturelle Anliegen nach außen transportiert. Harald Saiko, Vorstand im Haus der Architektur, dazu:“ Es gibt keinen Grund noch eine demokratisch aufgebaute Struktur zu gründen, weil auch alle Mitglieder der einzelnen Institutionen gewählt sind. Da muss nichts neu erfunden werden, höchstens reformiert.“ Das schreckt natürlich all diejenige ab, die mit diesen Strukturen unzufrieden sind und sich nicht dadurch vertreten fühlen.

Genau darauf bezieht sich in Wien die „ig-architektur“. Offen für alle, will der Verein den Architekturschaffenden ein „zu Hause“ bieten und „die beruflichen Rahmenbedingungen verbessern“. Nach der Gründungsveranstaltung fallen da in erster Linie zwei Programmpunkte auf. Sie wollen österreichweit agieren und gemeinsam „Dinge“ in der Öffentlichkeit durchsetzen. Über diese „Dinge“ sollte man sich schnell klarwerden und sich in der ersten Begeisterung nicht zuviel zumuten. Das Liberale Forum hatte die besten Vorsätze und verstrickte sich in Systemen, die dem der anderen Parteien um nichts nachstand. Nur hatten jene mehr Budget und mehr Erfahrung. Was besser ist, diese Frage stellt sich in diesem Fall nicht. Die Ziele müssen durchsetzbar sein. Wenn sich die „ig-architektur“ auf ihre regionalen Probleme beschränken würde, stünden die Chancen, etwas zu bewegen, viel besser. Weiteres müssten rasch Schwerpunkte gesetzt werden und Kompetenzen klar verteilt werden. Es ist an der Zeit etwas zu verändern, auf verschiedenen Ebenen. Graz setzt auf ein bestehendes Netzwerk und hält „Parallelität für kontraproduktiv“, Wien will von außen agieren und hofft auf die Stärke der Gruppe. „Sie sind nicht im Stau, Sie sind der Stau!“ hat Ulrich Beck die Betrachtungsweise und die Distanz des Beteiligten gut beschrieben. Wir sind mittendrin! Dem muss man sich stellen! Mit lauter Stimme und mit Kompetenz!



erschienen in Architektur&Bauforum Nr.214