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Kommentar von Antje Mayer

Babyklappe für Kunstdiebe!

Der Skandal um Wilfried Seipel, dem Direktor des Kunsthistorischen Museum mag nicht aufhören. Die Stimmen, die seinen Rücktritt fordern, werden immer lauter, aber seine „Busenfreundin“, die zuständige Ministerin Elisabeth Gehrer stellt sich taub und Seipel selbst verweigert inzwischen jedwede Aussage. Die Taktik „Stummes Julchen“ haben sich beide, so wird gemunkelt, von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel abgeschaut, der sich -obwohl politisches Oberhaupt der Österreicher- ebenfalls so gut wie nie zur aktuellen Lage des Landes äußert.

Sich Auszuschweigen ist überhaupt zu einer Art Trend in manchen Kreisen in Österreich mutiert. Selbst die Räuber der 50 Millionen Euro teuren Saliera-Skulptur aus dem Kunsthistorischen Museum melden sich einfach nicht und fordern nicht einmal Lösungsgeld!

So geht das nicht weiter, haben sich ein paar couragierte Künstler gedacht. Jeder muss eine Chance bekommen! Die Diebe haben vielleicht wie Seipel, Gehrer und Schüssel große Hemmungen zu sprechen, oder aber sie trauen sich wie die Drei einfach nicht, zuzugeben, daß sie ganz großen Mist gebaut haben.

Also hat der Wiener Künstler-Verein Kunstwerft kurzerhand an der Außenfassade ihrer Galerie in Wien-Neubau eine „Babyklappe“ für Kunstwerke installiert. „Die Kunstdiebe sind aufgerufen, bereits gestohlene Kunstwerke bei uns abzugeben. Im Besonderen rufen wir die Räuber der Saliera auf, diese bei uns anonym einzuwerfen“, so Erwin Uhrmann, Leiter der Galerie und lobt die einzigartige Serviceeinrichtung, die am 8. November eröffnet werden soll. Wenn die eingeworfenen Kunstwerke nicht identifiziert werden können, kommen sie als Leihgabe in eine eigens dafür eingerichtete Sammlung, die jährlich in einer Ausstellung präsentiert wird.

Im Gegensatz dazu soll die Sommeraktion des Vereins Kunstwerft „Kunst zum Stehlen“ weitergeführt werden, die Kunstdieben hilft, Hemmschwellen abzubauen. Dabei werden marktfähige Kunstwerke so deponiert, dass sie problemlos gestohlen werden können. Danach können sie ja dann wieder in die Babyklappe gesteckt werden. Eine Chance für stumme Julchen und Langfinger auf allen Seiten!



erschienen in Informationsdienst Nr.313/ Nov.04, S.13