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Kommentar von Antje Mayer

Franz Freiherr von Rassler

„Gucken, Gucken, Gucken“

Dass Franz Freiherr von Rassler (Jahrgang 1961) nach eigenen Aussagen ursprünglich wenig Ahnung vom Auktionsgeschäft hatte, das störte das Internetaktionshaus OneTwoSold herzlich wenig und holte als frischgebackene Eigentümerin des guten, alten Wiener Auktionshauses Dorotheum, den Deutschen im heurigen Mai an Bord. Kein unüberlegter Schachzug, so scheint’s, gilt doch der Adelige als ausgezeichneter Kenner des Kunstmarktes und ganz besonders der modernen und zeitgenössischen Kunst.
Mit der nämlich wollen die neuen Wiener Dorotheum-Macher das reichlich angestaubte Image, des im September vergangenen Jahres privatisierten Hauses, in Hinkunft aufpolieren und natürlich noch viel, vielmehr Geld machen. „Die neuen Eigentümer möchten das Potential des Dorotheums besser ausschöpfen“, umschreibt es Rassler galanter und ist mittlerweile schon fleißig am Schöpfen.
Nicht nur auf bis dahin gewohnt Modernes, Kunst österreichischer Stars wie Herman Nitsch, Arnulf Rainer, Maria Lassnig oder Gunther Brus, wolle man sich im Dorotheum in Zukunft konzentrieren, erklärt Rassler, sondern nun endlich auch die Fanggründe, jenseits der österreichischen Grenzen, erkunden. Soll heißen: Internationale Kunst des 20. Jahrhunderts, von internationalen Einbringern, an internationale Käufer unter den Hammer bringen.
„Bei sogenannten hippen Sachen, die lediglich ein Trend darstellen und deren Preise schwer einschätzbar sind“, schränkt der Experte allerdings ein, „werden wir uns freilich zurückhalten. Es sollten schon auktionsfähige Werke sein, die ich akquiriere.“ Und die wären? „Kunst von Impressionismus bis zu den Siebziger und Achtzigern etwa, die am Markt etabliert, anerkannt und deren Preise klar nachvollziehbar sind“, umschreibt es der Kunstkenner. In nächster Zukunft auch eine Dorotheum-Dependance, "im deutschen Rheinlande und oder der Schweiz zu etablieren“, wäre dann freilich der nächste logische Schritt, lässt Rassler durchblicken.
Indes eine leichte Aufgabe hat er sich nicht gestellt: „Von Null auf Hundert zu starten, wie es manch andere Auktionshäuser schon versucht haben, ist in diesem Bereich kaum möglich. Das wird eine harte Aufbauarbeit. Was nutzt es, zwar gute Objekte an Land zu ziehen, aber gleichzeitig keinen Kundenstamm dafür aufgebaut zu haben“, weiß der Profi. „Das sollte Hand in Hand gehen.“
Von Null anfangen muss Franz Freiherr von Rassler freilich nicht. Nach seinem Abitur im Elite-Internat Schule Schloß Salem, absolvierte er eine Lehre zum Land- und Forstwirt, danach studierte Rassler Betriebswirtschaft in Stuttgart. Bald jedoch merkte er, „dass Kunst viel interessanter war als das, was ich an der Universität gelernt hatte.“ So arbeitete er sich als „Mädchen für alles“ (Rassler), in der legendären Galerie Zwirner in Köln, in die Oberliga der Kunstwelt.
Zwei Jahre später, 1990, wagte er schließlich den großen Schritt über den Atlantik und verdiente sich als Verkaufsleiter für Europa, bei der New Yorker Gagosian Gallery, seine Sporen. „Anfangs dachte ich, ich hätte mir damit zu große Schuhe angezogen. Anfang der Neunziger war der internationale Kunstmarkt praktisch zusammengebrochen und der Start gestaltete sich schwierig“, erinnert sich Rassler. „Aber ich habe das dann fünf Jahre durchgestanden“. Und das offensichtlich nicht umsonst. Viele Kunden der New Yorker Jahre sind ihm dann, als selbstständiger Kunstberater nach seiner Rückkehr in Europa, treu geblieben.
Derweil jettet Rassler nun für die Wiener zu den angesagten Messen und Ausstellungen von Basel, über Frankfurt, Köln und Kassel, um bei Galerien und Sammlern als neuer Dorotheum-Verantwortlicher für das Moderne vorstellig zu werden. Denn die Zeit eilt: Ende September ist bereits Annahmeschluss für „seine“ erste Runde auf der Herbst-Auktion am 27. November im Dorotheum.
Ein Geheimrezept für seinen Erfolg will Franz Freiherr von Rassler nicht preisgeben, dennoch einen teuren Rat hat er parat: „Als Kunsthändler, muss man vor allen Dingen neugierig und kommunikativ sein. Und niemals eines vergessen: Gucken, gucken, gucken.“



erschienen in Kunstzeitung Nr.73/Sept.02,S.29