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Kommentar von Manuela Hötzl

Trespassing - Konturen räumlichen Handelns

„Können Überschreitungen in der Architektur neue Handlungsspielräume für BenutzerInnen eröffnen? Neue Handlungsmuster? Neue handelnde Personen? Teilnahme? Selbstverwirklichung? Freiräume?“
Punkt 11 aus dem Fragekatalog der Kulturtheoretikerin Angelika Fitz und der Architektin Sandrine von Klot (ESCAPE*spHERE) veranschaulicht den Ansatz der Ausstellung: „Trespassing – Konturen räumlichen Handels“, zeigt aber auch den Schwierigkeitsgrad der gestellten Aufgabe. Denn beantwortet man die Frage grundsätzlich mit Ja, und davon gehen Fitz und Klot aus, bleibt das wie noch im Raum stehen.

Ausstellung: Trespassing
Wiener Secession
Friedrichstraße 12
1010 Wien
bis 03.Nov., Di-So 10-18, Do 10-20 Uhr
www.trespassing.a



„Trespassing – Überschreitungen“ sind als Thema nichts neues und immanent in der Architekturproduktion enthalten und deshalb fragen die Kuratorinnen in ihrer Einleitung polemisch: „Gibt es eigentlich etwas, über das Architekten nicht nachdenken?“

Die Ausstellung in der Wiener Secession ist nur Teil eines analytischen Prozesses. Fitz und Klot haben sich auf die Suche nach Tendenzen in der Architekturproduktion gemacht, die „Architektur weiterhin als gestaltete kulturelle, soziale und politische Praxis begreifen“ und weniger formal einzuteilen sind. Durch Interviews, die zuerst in der unmittelbaren Umgebung Wiens starteten und sich dann in Österreich, Holland, Frankreich und England fortsetzten, wurde in einer ersten Bestandsaufnahme versucht, Methoden und Arbeitsweisen der Büros aufzuspüren und zu analysieren. Im zweiten Schritt wurde ein Workshop in der Wiener Secession organisiert, an dem zehn der befragten Büros teilnahmen: – Die Wiener con:, PAUHOF, the next ENTERprise, Klaus Stattmann, Wolfgang Tschapeller, C2S2, Innsbruck, FAT ltd., London, offshore, Amsterdam, Schie 2.0, Rotterdam, und SPLITTERWERK, Graz - um mit Theoretikern wie Sanford Kwinter, Michael Mönninger oder Marc Ries zwei Tage zu diskutieren und eine Ausstellung zu planen.

Die unterschiedlichen Aufgaben, die nach der Entscheidung im Chatroom – von C2S2 gestaltet – jedem Büro zugeteilt wurden, waren nicht auf den Innenraum der Secession beschränkt. Jeder Verantwortliche musste zwar die anderen Teilnehmer informieren und sie einbinden, die Entscheidung, wie und wo die Ergebnisse präsentiert werden, fiel jedoch ihm allein zu und veränderte sich bis zuletzt.

Gerade diesen Prozess kann man in der Ausstellung schwer nachvollziehen, den „Glauben an ein aufklärerisches Moment“ der Kuratorinnen, blieb den Teilnehmern vorbehalten.

Con: beispielsweise behandelte den Karlsplatz , the next ENTERprise erweiterten den Ausstellungsraum mit einer Terrasse. Im Inneren bauten FAT ldt. eine Lobby, offshore analysierte die Positionen und bildete sie mittels einer Grafik als Schnittmenge auf den Boden ab. SPLITTERWERK zogen sich mit ihrer Arbeit in den Keller zurück und verhängten das Beethovenfries (allerdings nur zwei Wochen lang, denn Wien-Touristen waren nicht damit einverstanden das Fries in veränderter Form zu besichtigen und reagierten mit aggressiven Angriffen auf das Personal der Secession).

Leider verzichteten die Büros nicht auf die Präsentation eigener Arbeiten, die in üblichen Formaten und Layouts zwischendrin auftauchten. Die Überschreitung muss das Publikum selbst vornehmen, es wird dahingehend wenig geführt gleichzeitig aber mit Einzelobjekten konfrontiert. Die Ausstellung hat eine Verbindung zwischen den Büros hergestellt – ob sie sich weiter unsichtbar für die Öffentlichkeit fortsetzt oder weitere Aktionen daraus entstehen, wird sich zeigen.



erschienen in Bauwelt/39,18.Okt.02,S.3